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v204640

v204640

Titel: v204640
Autoren: Susanna Calaverno
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Skandaltruppe la Fura dels Baus . Die „Frettchen von Els Baus“ waren bekannt für ihre provokanten Inszenierungen und hatten sich in der Vergangenheit bereits das eine oder andere Auftrittsverbot eingehandelt. Die Karten für den Auftritt in der Fabrik waren seit Wochen ausverkauft; Janne beglückwünschte sich innerlich dazu, so schnell reagiert zu haben, als sie die Vorankündigung gelesen hatte. Nun konnte sie an den hoffnungsvoll auf freiwerdende Reservierungen Wartenden vorbeimarschieren und ihre Karten an einem separaten Schalter abholen.
    Janne blinzelte in die Sonne. Heute war der längste Tag des Jahres. Sie zupfte ihrer Freundin am Ärmel und wies mit dem Kinn zu einem Dach aus dunklen Sonnenschirmen, die vor einem Nebengebäude der Fabrik aufgebaut waren. „Lass uns im Theatercafé noch etwas trinken“, schlug sie vor. „Wir haben fast eine ganze Stunde Zeit bis Vorstellungsbeginn.“
    Valerie zuckte kurz mit den Schultern und folgte Janne zu einem freien Tisch. Sie nagte abwesend an ihrer Unterlippe; es war ihr anzumerken, dass sie in Gedanken ganz woanders war. Janne bestellte die Getränke und beobachtete ihre Freundin still, überlegte, was sie sagen sollte und was lieber nicht. Es gab Probleme mit Florian. Das war jedoch so eine Sache, denn Valerie duldete keine Kritik an ihrem Freund, auch wenn sie sich noch so über ihn ärgerte und sie sich wie heute gestritten hatten. Was den Grund für die Auseinandersetzung betraf, hatte die Studentin so ihren Verdacht. Sie hatte Flo in der Uni ein paar Mal mit einer anderen Frau gesehen. Und sie hatten sehr vertraut gewirkt. Janne haderte schon seit Tagen mit sich, ob sie Valerie davon erzählen sollte oder nicht. Vielleicht lief da ja tatsächlich etwas, und Valerie hatte es herausbekommen?
    Der Kellner kam und setzte die Gläser vor den beiden jungen Frauen ab. Er schenkte Janne einen langen Blick aus dunklen, dicht bewimperten Augen, dann drehte er sich schwungvoll auf dem Absatz um und wandte sich den Gästen am Nebentisch zu. Janne sah, wie die Muskeln unter den kurzen Ärmeln seines eng sitzenden Hemdes arbeiteten, als er das schmutzige Geschirr auf sein Tablett stellte. Sie stand auf gutaussehende Jungs, und der hier war ein wirklich ausnehmend hübsches Exemplar. Er musste neu im Service-Team sein; sie hatte ihn hier noch nie gesehen. Ihr Blick wanderte über seinen gut geformten Hintern. Wie es wohl wäre, ihn auszuziehen, ihn zu spüren … für einen Moment schloss sie genussvoll die Augen, träumte sich mit ihm an einen einsamen Strand … dann schüttelte sie energisch den Kopf und blickte Valerie Zustimmung heischend an. Normalerweise hätte ihre Freundin jetzt eine trockene Bemerkung zu Jannes männerlosem Singledasein gemacht, doch heute nippte sie nur lustlos an ihrer Rhabarbersaftschorle und brütete vor sich hin. Janne seufzte. So hatte sie sich den Abend nicht vorgestellt.
    Der Kellner kam wieder vorbei und streifte wie zufällig mit der Hüfte ihre Schulter. Sie spürte ein leises Prickeln und drehte sich nach ihm um. War die Berührung nur ein Versehen gewesen, oder war das der Auftakt zu einem Flirt? Er stand nun zwei Tische weiter und grinste sie entwaffnend an. Er war jünger als sie, Mitte 20, vermutete Janne, und meistens lag sie mit ihren Schätzungen richtig. Das waren immerhin fünf, sechs Jahre … Sein schwarzes Outfit mit der langen Bistroschürze betonte den südländischen Typ. Mit seiner stolzen Haltung und dem energischen Schritt sah er aus wie ein Stierkämpfer, nicht wie ein Kellner. Die gegelten schwarzen Haare waren im Nacken gerade geschnitten und ringelten sich leicht über dem Hemdkragen, das war ihr eben schon aufgefallen. Erwartungsvoll zog er die kühn geschwungenen Brauen zusammen. Er schien darauf zu warten, dass sie etwas sagte. Und wieder dieses Lächeln. Janne bemerkte, dass er einen schiefen Eckzahn hatte. Total sexy , dachte sie spontan und warf einen Seitenblick auf Valerie, die sich augenscheinlich immer noch in einem anderen Kosmos befand und den Trinkhalm in ihrer Schorle traktierte. Jetzt machte er ein paar Schritte auf ihren Tisch zu.
    „Ihr geht zu den Frettchen, oder?“ Er sah Janne offen an.
    Er ist wirklich noch jung, überlegte Janne, und absolut zum Anbeißen … Sie nickte zögerlich.
    „Und danach?“, wollte er wissen und stellte sich dicht vor sie. Standbein durchgestreckt, Spielbein leicht angewinkelt wie ein Torero in Warteposition. Janne konnte sein Eau de Toilette riechen. Aqua
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