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v204640

v204640

Titel: v204640
Autoren: Susanna Calaverno
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di Gio … Anstatt zu antworten, legte sie provozierend den Kopf schief und wartete darauf, dass er direkt mit seinem Anliegen herausrückte.
     „Nach der Show kommen die Tänzer rüber zu uns. Haben wir eben besprochen.“ Der Stierkämpfer lächelte und trommelte auf sein Tablett. „Wenn du magst …“
    Janne drehte den Kopf zur anderen Seite. Sie wusste, dass ihr herausforderndes Schweigen in Momenten wie diesem Männer rasend machen konnte.
    Der Stierkämpfer wies mit dem Kopf auf Valerie. „Du kannst deine Freundin gerne mitbringen“, sagte er mit einem Zwinkern, „wir werden schon dafür sorgen, dass sie auf andere Gedanken kommt.“
    Janne drückte den Rücken durch, betrachtete den jungen Kerl mit den Locken im Nacken. Er war ihr sympathisch, sehr sogar. Sie lächelte. „Danke. Super Idee.“
    Er nickte ihr zu und verschwand zwischen den Stuhlreihen. Janne spürte, wie ein lang vermisstes Kribbeln in ihr hochstieg. Dann schrak sie zusammen – Valerie hatte die Hand auf ihren Schenkel gelegt.
    „Du willst dich doch wohl nicht mit diesem kleinen Pomadeheini treffen, oder? Mensch, Janne, der hat Welpenschutz.“
    Janne sah ihre Freundin belustigt an. „Dafür, dass du so kümmerlich in der Ecke hockst, bekommst du ja eine ganze Menge mit. Und ich dachte schon, ich habe es mit einer Autistin zu tun.“
    Valerie grinste etwas schief. „Nee. Bin einfach etwas neben der Spur. Aber Florian …“
    „Genau. Florian ist unmöglich. Er …“
    „Nichts gegen Flo, kapiert?“
    Janne kniff die Augen zusammen. „Verstehe. Dir geht’s gut, und mit Florian läuft alles super.“
    Das hatte gesessen. Valerie holte tief Luft und sagte nun gar nichts mehr, und auch Janne schwieg. Sie ließ den Blick über die Tische schweifen, versuchte, sich abzulenken. Sie erwischte sich dabei, dass sie nach dem Torero Ausschau hielt. Dieser Kellner mit dem stolzen Gang hatte irgendetwas in ihr wach gekitzelt. Als er das nächste Mal an ihrem Tisch vorbeistolzierte, flammte der Blickkontakt zwischen ihnen wieder auf, und die herausfordernde Unverschämtheit, die sie in seinen Augen las, ließ ihr die Röte in die Wangen steigen.
    Janne blickte zu Valerie. Sie schien immer noch eingeschnappt zu sein. Das war ja nicht mit anzusehen. Janne seufzte und puffte ihre Freundin in die Seite. „Na, komm schon. Genug beleidigte Leberwurst gespielt für heute. Ich zahle, und dann gucken wir uns die Frettchen an, okay?“ Valerie antwortete darauf mit einem Nicken.
    Wieder suchten ihre Augen den Stierkämpfer, aber er war nirgendwo zu entdecken. Janne klemmte einen Zehner unter den Aschenbecher und stand auf.
    „Willst du deinem kleinen Freund nicht wenigstens auf Wiedersehen sagen?“, feixte Valerie, schob ihren Stuhl nach hinten und erhob sich. Sie hatte sich anscheinend wieder beruhigt. Janne grinste und hakte sich bei ihr unter.
    „Manchmal ist es besser, den Fisch noch etwas zappeln zu lassen.“
    Der Saal, eine ehemalige Lagerhalle, war bereits gut gefüllt; erwartungsvolle Spannung lag in der Luft. Die Bühne erstreckte sich nach hinten tief in den Raum hinein und ähnelte einem großen Schuhkarton, der an der vorderen Seite geöffnet war und den Blick in das Innere freigab. Videoprojektionen waren auf den Wänden zu sehen; sie zeigten abwechselnd die Künstler in der Garderobe und die Zuschauer auf den Tribünen. Janne zog Valerie hinter sich her und schob sie auf ihren Platz. Sie saßen zwar im vorderen Bereich, aber ganz am Rand. Valerie murrte und setzte sich. Janne beschloss, das jetzt nicht zu kommentieren, und tat, als hätte sie nichts bemerkt. Sie spürte ihr Herz klopfen. Ihre Gedanken kehrten immer wieder zu dem jungen Kellner zurück: Er hatte eine besondere Ausstrahlung … Vielleicht sollte sie nach der Vorstellung wirklich ins Café gehen. Ihr Blick fiel auf Valerie. Am besten ohne die Freundin.
    Als das Licht erlosch, wurde es sofort still. Janne wusste, warum sie die Vorstellungen in der Kulturfabrik jedes Mal so sehr genoss: Die Leute, die sich hier einfanden, waren beim Zuschauen genauso leidenschaftlich wie die Akteure in ihrem Spiel. Jetzt wurde die Abfolge der einzelnen Projektionen schneller, Musik setzte ein. Kamerablitze zuckten. Die ersten Tänzer betraten die Kulisse, geschmeidig in ihren Bewegungen und doch voller Körperspannung. Janne überlegte, wann ihr die Kompanie zum ersten Mal aufgefallen war. Sie lächelte. Im Kino, im Film Das Parfüm . Sie hatte mit Torben in der letzten Reihe gesessen und
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