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v204640

v204640

Titel: v204640
Autoren: Susanna Calaverno
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Bann zog. Hatte diese den Typen nicht vorhin unter Welpenschutz gestellt? Entschlossen ging sie auf den Tisch zu. Valerie japste immer noch. Als sie ihre Freundin kommen sah, winkte sie ihr fröhlich zu.
    „Ricardo ist ein echter Stand-up-Comedian. Du schmeißt dich weg.“
    „Ricardo?“ Janne legte den Kopf schief und zog dabei eine Augenbraue in die Höhe; ein fragendes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Der Kellner tat es ihr nach, sie bewusst imitierend. Valerie zeigte auf Janne und prustete los: „Herrlich, genau wie du!“
    Ertappt. Er hatte wirklich eine gute Beobachtungsgabe. Janne musste grinsen und ließ sich auf den Stuhl neben Valerie fallen. Sie musterte den Kellner und versuchte, ihrer Stimme einen spöttischen Ton zu verleihen: „Meine schlechtgelaunte Freundin zum Lachen zu bringen, ist wirklich eine Leistung. Kannst du noch mehr – Kunststücke?“
    Seine Antwort war ein langer Blick, dann folgte ein Schulterzucken. „Finde es heraus“, sagte er leise. Es klang wie ein Versprechen. Dann drehte er sich um und ging. Für einen Moment waren beide Frauen ganz still.
    „Was hast du jetzt vor?“, wollte Valerie wissen. Janne blickte Ricardo hinterher, bis er im Café verschwunden war.
    „Ich weiß es noch nicht genau“, antwortete sie und nahm einen Schluck aus Valeries Glas, „aber er hat etwas, das mich total anmacht.“ Sichtlich hin- und hergerissen, sah sie Valerie an. Die beugte sich vor und sagte mit verschwörerischem Unterton: „Er steht am Fenster und guckt zu uns rüber. Vielleicht solltest du … einfach hingehen. Also, ich warte hier auf dich.“ Sie tätschelte Jannes Hand und grinste.
    „Und die Frettchen?“
    „Zu viel Porno für mich“, bemerkte Valerie und ließ sich auf ihren Stuhl zurücksinken. „Und zu wenig für dich, nehme ich an …“
    Janne warf ihrer Freundin einen bösen Blick zu. Was bildete die sich ein! Sie wollte noch etwas sagen, aber Valerie hatte bereits ihr Handy gegriffen und tippte eine Nummer ein; vermutlich die von Flo.
    „Na schön.“ Entschlossen stand Janne auf. Jetzt sah auch sie, dass Ricardo am Fenster stand. Sie warf den Kopf in den Nacken und versuchte, möglichst lässig auf den Eingang des Lokals zuzugehen. Sie wusste, sie sah gut aus in ihrer engen, dunkelvioletten Bluse, die einen herrlichen Kontrast zu ihrer weißen Haut und den kinnlangen hellroten Locken bildete. Den Rock dazu hatte sie neulich ganz zufällig in einem Secondhandladen in der Schanze entdeckt. Er war schneeweiß mit Polka Dots in allen möglichen Farben. Sie war ein Hingucker, keine Frage, und er beobachtete sie, das konnte sie spüren. Ohne ihn zu beachten, steuerte sie direkt die Waschräume an. Wenn er etwas von ihr wollte, würde er ihr folgen. Sie kannte diesen Blick, wenn Männer auf sie scharf waren, und wie sie ihn einschätzte, war es ihm ziemlich egal, dass in der Pause hier draußen die Hölle los sein würde. Eigentlich entsprach eine schnelle Nummer in einer mehr oder weniger öffentlichen Toilette nicht gerade ihren Vorstellungen von Sex, aber in diesem Moment erregte sie der Gedanke. Ihr Herz klopfte, sie hatte Lust auf diesen jungen Kerl, Ricardo. Und zwar jetzt …
    Janne ließ sich kaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Dann schminkte sie ihre Lippen nach, puderte sich das Gesicht. Jedes Mal, wenn sich die Tür öffnete, blickte sie erwartungsvoll in den Spiegel, aber es waren immer nur andere Frauen, die die Pause nutzen wollten, um sich frisch zu machen. Mit einem leichten Gefühl der Verunsicherung griff sie nach ihrer Tasche und verließ die Toilette.
    Der kleine Vorraum, in dem sie sich nun befand, führte sowohl in das Café als auch direkt zu den Sitztribünen. Sie überlegte kurz, dann wandte sie sich dem Theater zu, um dort nach ihrem Torero zu schauen. Im nächsten Moment stand er vor ihr. Er hatte scheinbar an der Tür zum Zuschauerraum auf sie gewartet.
    „Warst du schon einmal hinter der Bühne, während einer Aufführung?“ Sein Blick wanderte über Jannes Körper und ließ sie erschauern. Sie schüttelte stumm den Kopf.
    Ricardo nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich, an den Tribünen vorbei, vorbei an Lampen und Kabeln und Requisiten, immer weiter in die Tiefe des Theaters hinein. Hier und da war ein Bühnenarbeiter zu sehen, doch niemand beachtete sie. „Von hier aus kannst du sie sehen.“
    Er wies mit dem Kinn auf eine Tür, die einen Spalt offen war und so einen Blick auf die Bühne freigab, die allerdings noch leer
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