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Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: nanu
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nicht anfing, mit den Zähnen zu knirschen.
    Er schaffte es, die Beine übereinander zu schlagen und eine Augenbraue ein wenig anzuheben. Er wusste, dass diese Haltung, kombiniert mit dem leichten Lächeln, das seine Mundwinkel umspielte, ihn freundlich und offen für jedes nur denkbare Gespräch wirken ließ.
    Er war schon so viele Jahre lang FBI-Unterhändler – nein, der FBI-Unterhändler dass all seine Finger plus sämtliche Zehen eines Fußes nicht ausreichten, um sie zu zählen. Er hatte seine magischen Kräfte an verhärteten Verbrechern und verzweifelten Terroristen gleichermaßen erprobt – an Männern und Frauen, die viel zu oft gerne bereit gewesen waren zu sterben.
    Das hier müsste eigentlich ein Kinderspiel sein, diese hö f liche Unterhaltung dreier vernünftiger, klar denkender E r wachsener. Max. Gina. Und Rita Hennimen, die Paar-Therapeutin, die Gina in den Gelben Seiten gefunden hatte.
    Zweifellos unter der Rubrik: »Max’ schlimmster Al b traum.«
    Max hatte sich in seinem ganzen Leben noch nicht so g e fürchtet.
    Gina beobachtete ihn vom anderen Ende des Sofas aus. Sie hatte sich heute absichtlich Teenagerklamotten angezogen, trug ein eng anliegendes T-Shirt, das nicht einmal bis zum tief geschnittenen Bund ihrer Jeans reichte. Es war unmöglich, sie anzusehen und dabei nicht an Sex zu denken, daran, wie sie die Beine um ihn schlang und ihn ins Weltall katapultierte.
    Max räusperte sich, rutschte auf seinem Stuhl hin und her – wobei er den linken Arm ein kleines Stückchen zu weit hob und sich dadurch sofort selbst bestrafte.
    Oh Gott, würden die Schmerzen in seiner Schulter eigen t lich jemals aufhören? Er hatte einen Schuss in die Brust b e kommen. In seiner Lunge war ein Scheißloch gewesen, aber letztendlich waren es die Nebenwirkungen dieser Kugel, die ihm als Querschläger noch das Schlüsselbein zerschmettert hatte, die ihm die größten Schwierigkeiten bereiteten.
    Während Rita sich noch die Formulare durchlas, die sie im Wartezimmer ausgefüllt hatten, beugte Gina sich zu ihm. »Alles in Ordnung?«, fragte sie Max.
    »Alles bestens«, log er.
    Sie schaute ihn noch einen Augenblick lang an und sagte dann: »Bei einer Therapie spielt Ehrlichkeit eine wichtige Rolle. Wenn wir diesen Raum hier betreten, dann müssen wir unter allen Umständen die Wahrheit sagen. Sonst wäre das Ganze nur sinnloser Quatsch.«
    Als er sich vorhin gesetzt hatte, hatte er den Gehstock an die Armlehne des Sofas gelehnt. Der fiel jetzt klappernd zu Boden. Gott sei Dank. Er bückte sich, um ihn aufzuheben. Als er sich wieder aufgesetzt hatte, lächelte Rita sie an. Sie war so weit.
    »Also dann«, sagte die Therapeutin. »Wo sollen wir a n fangen?«
    Gina beobachtete ihn immer noch. »Gute Frage. Worüber möchtest du denn gerne reden, Max?«
    »Basketball?«, erwiderte er, und sie lachte, ganz wie er g e hofft hatte.
    »Das ist wohl meine eigene Schuld. Ich hätte nicht sagen dürfen, dass du ehrlich sein sollst.« Sie wandte sich an Rita. »Es geht um Folgendes: Laut Max’ Definition dürften wir eigentlich gar nicht hier sein, weil wir gar kein Paar sind. Wir sind nicht zusammen – wir sind einfach nur gute Bekannte. Allerdings gibt es da etwas zwischen uns. Vergangenheit. Chemie. Ach ja, und die Tatsache, dass ich ihn liebe, hat ve r mutlich auch noch ein bisschen was damit zu tun. Obwohl Max Ihnen sagen wird, dass ich ihn in Wirklichkeit gar nicht liebe, dass meine Gefühle selbst nach Jahren und Jahren und Jahren immer noch teilweise eine ›Übertragung‹ sind. Ich habe Ihnen ja schon am Telefon erzählt, dass ich in einem entführten Flugzeug gesessen habe und Max mir das Leben gerettet hat …«
    »Du selbst hast dir das Leben gerettet«, schaltete sich Max ein.
    »Dieser Teil der Geschichte ist offensichtlich ebenfalls Interpretationssache«, sagte Gina an die Therapeutin gewandt. »Ich weiß, dass er mir das Leben gerettet hat. Aber natürlich kann er behaupten, dass er das nicht getan hat. Nehmen wir dann noch den Altersunterschied hinzu – mit dem ich, ehrlich gesagt, keinerlei Probleme habe …«
    Rita warf einen Blick auf ihr Klemmbrett, offenkundig, um nach ihren Geburtsdaten zu suchen. Es würde nicht lange dauern, bis sie wusste, dass Gina fünfundzwanzig war und Max beinahe zwanzig Jahre älter. Aber diese Frau war eine hoch qualifizierte Fachkraft, und so ließ sie nicht einmal die Andeutung eines Blinzelns erkennen. Aber sie lächelte, als sie den Blick hob und ihn direkt
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