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Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: nanu
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Max hatte den starken Verdacht, dass Leonard D’Angelo zwar nicht blind, aber höchs t wahrscheinlich taub war.
    Und, oh Gott, Max hatte nur einen gelben DIN-A-5- Block in der Aktentasche. Eigentlich hätte er mehr als die doppelte Größe gebraucht, aber nun musste es eben so gehen.
    Am Innenfutter der Tür des Funkwagens war an einer Schnur ein Filzstift befestigt, wasserfest und unabwaschbar. Max griff danach und zog.
    Er schrieb im Laufen, schob sich durch die Menge der Uniformierten, umkurvte den Schutzwall der Polizeiautos und lief in die kleine Straße, direkt vor die Glastür der Bank.
    ICH BIN NICHT BEWAFFNET. Max hielt den Zettel mit einer Hand in die Höhe, während er sein Jackett abstreifte. Er legte das Schulterhalfter auf die Straße, zusammen mit der Ersatzwaffe, die er immer auf dem Rücken trug.
    Lenny hatte ihn mittlerweile entdeckt. Max konnte sehen, wie der Mann den Kopf schüttelte und halbherzig die Waffe auf die Tür richtete, durch die Max gehen musste, wenn er das Gebäude betreten wollte. Max drehte den Schreibblock um. ICH KOMME REIN ZUM REDEN. Dieses Blatt hielt er in die Höhe.
    Aber Lenny schüttelte immer noch den Kopf.
    Max zog die Krawatte und das gestärkte weiße Hemd aus und nahm dann den Filzstift, um die Worte auf dem ersten Zettel zu unterstreichen. ICH BIN NICHT BEWAFFNET.
    Während Lenny weiterhin den Kopf schüttelte, konnte Max Ron Shaw brüllen hören: »Für wen hält sich dieses Riesenarschloch eigentlich?«
    Das Riesenarschloch war natürlich Max.
    Er streifte Schuhe und Strümpfe ab und krempelte die Hosenbeine auf. Da ist nichts versteckt, Lenny. Siehst du? Noch einmal hielt er den Zettel in die Höhe. ICH BIN NICHT BEWAFFNET.
    Nein, erwiderte Lenny mit erneutem Kopfschütteln.
    »Machen Sie, dass Sie wegkommen, Bhagat«, rief Shaw. Was sagte man dazu? Plötzlich kannte er Max’ Namen. »Die Scharfschützen sind in Stellung und Sie sind im Weg, ve r dammt noch mal!«
    Die Gesamtheit der örtlichen Polizeikräfte sowie eine große Menge ziviler Schaulustiger sahen zu, wie Max seine Hose aufknöpfte. Aber ach du Scheiße. Was hatte er denn heute an?
    Max Bhagat war stolzer Besitzer von insgesamt siebenun d fünfzig praktischen weißen Slips – die allesamt in der Wäsche gewesen waren, als er sich heute Morgen angezogen hatte. Er war gezwungen gewesen, in die Tiefen seiner Unterwäsch e schublade vorzudringen und hatte sich, vor die Wahl zwischen einer Boxershorts mit rosa Herzchen und einem schwarzen Tangahöschen, auf dessen Vorderteil rote Pailletten das Wort Hengst buchstabierten – beides Geschenke von Elizabeth, einer geschmacklich erheblich irregeleiteten Exfreundin –, für die roten Pailletten entschieden.
    Jetzt im Augenblick hatte Max keine Wahl. Er würde nicht tatenlos zusehen, wie Leonard D’Angelo eine Kugel in den Schädel bekam.
    Andererseits – die Vorstellung, von nun an bis ans Ende aller Tage im gesamten Federal Bureau of Investigations nur noch als »Pailletten-Mann« oder, Gott helfe ihm, »Der Hengst« gehandelt zu werden, war gleichermaßen unerträ g lich.
    Also blieb ihm nur noch Option Nummer drei.
    Max schob die Hose herunter, hakte dabei die Finger in den Bund der Unterhose und zog sie mit aus.
    Und als er dann seinen Zettel in die Höhe hielt, war für jeden im Umkreis von gut zwei Straßenblocks klar und ei n deutig zu erkennen, dass er wirklich absolut und vollkommen unbewaffnet war.
    Lenny hatte den Mund sperrangelweit aufgerissen. Er schüttelte nicht länger den Kopf und die Hand, mit der er die Waffe hielt, war erkennbar tiefer gesunken. Also hielt Max seinen zweiten Zettel in die Höhe.
    Und betrat splitterfasernackt die Bank.
     
    Max stand vor Ronald Shaws Schreibtisch, wartete darauf, dass der Lärm sich legte und machte sich in Gedanken einen Vermerk, in Zukunft immer eine Garnitur Ersatzunterwäsche im Spind zu haben.
    Gut möglich, dass er eine leichte Wollallergie hatte.
    »Sie hören mir nicht einmal zu, stimmt’s?«, brüllte Shaw mit noch lauterer Stimme.
    Hoppla. »Um ehrlich zu sein, Sir«, gestand Max in deutlich geringerer Phonstärke, »als Sie mit der dritten Wiederholung angefangen haben, ja, da habe ich mich ausgeklinkt. Wollten Sie vielleicht noch etwas hinzufügen?«
    Shaw lachte. Und setzte sich. »Sie sind ziemlich von sich überzeugt, stimmt’s, Bhagat?«
    Max dachte nach. »Ich glaube, man könnte sagen, dass ich das gottgegebene Talent besitze, mich in andere Menschen hineinversetzen zu können,
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