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Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges
Autoren: Richard Paul Evans
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    Lieber Alan,
    da du die Geschichte deines Weges aufschreibst, will ich dir einen Rat bezüglich des Schreibens geben. Er stammt von einem deiner Lieblingsautoren, nämlich von Lewis Carroll:
    »Fang am Anfang an, und fahr fort, bis du das Ende erreicht hast; dann mach Schluss.«
    Alan Christoffersens Tagebuch
    Mein Name ist Alan Christoffersen. Sie kennen mich nicht. »Nur ein weiteres Buch in der Bibliothek«, würde mein Vater sagen, »ungeöffnet und ungelesen.« Sie haben keine Ahnung, wie weit ich gekommen bin oder was ich verloren habe. Und was noch wichtiger ist, Sie haben keine Ahnung, was ich gefunden habe.
    Ich bin niemand Wichtiges oder Berühmtes. Doch das ist egal. Denn es ist besser, von einem einzigen Menschen geliebt zu werden, der deine Seele kennt, als von Millionen, die nicht einmal deine Telefonnummer wissen. Ich habe und wurde so innig geliebt, wie es sich ein Mensch nur erhoffen kann, daher kann ich mich sehr glücklich schätzen. Das heißt auch, dass ich gelitten habe. Das Leben hat mich gelehrt, dass man die Möglichkeit des Absturzes akzeptieren muss, bevor man fliegen kann.
    Ich weiß nicht, ob je irgendjemand lesen wird, was ich geschrieben habe. Aber wenn Sie dieses Buch in den Händen halten, dann haben Sie meine Geschichte gefunden. Sie sind nun mein Reisegefährte. Falls Sie auf meiner Reise irgendetwas finden, das Ihnen auf Ihrer hilft, behalten Sie es.
    Manch einer würde es vielleicht eine Liebesgeschichte nennen. Wer ohne Liebe ist, wird es einen Reisebericht nennen. Für mich ist es die Geschichte eines Mannes, der gereist ist, um Hoffnung zu finden. Mir sind Dinge widerfahren, die Sie vielleicht nicht glauben werden. Mir sind Lehren erteilt worden, für die Sie vielleicht nicht bereit sind. Egal. Akzeptieren Sie oder lassen Sie beiseite, was Sie wollen. Aber seien Sie im Voraus gewarnt (was mir leider nicht vergönnt war), dass Ihre Lektüre nicht einfach sein wird. Aber es ist eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden. Es ist die Geschichte meines Weges.

Erstes Kapitel
    »Gib vor allem dein Verlangen zu gehen niemals auf. Ich kenne keinen Gedanken, der so schwer wäre, dass man ihn nicht beim Gehen loswürde.«
    – Kierkegaard
Alan Christoffersens Tagebuch
    Der Legende nach kann man, sobald man den Sand von Key West in den Schuhen hat, nicht mehr an den Ort zurück, von dem man gekommen ist. Auf mich trifft das zu. Ich bin allein am Strand und sehe zu, wie die blutrote Sonne im Golf von Mexiko getauft wird. Und es führt kein Weg zurück zu all dem, was ich zurückgelassen habe.
    Die Luft ist gesättigt von den Gerüchen von Salzwasser und Seetang und erfüllt von den Geräuschen brechender Wellen und kreischender Möwen. Ein Teil von mir fragt sich, ob das hier vielleicht nur ein Traum ist, und hofft, dass ich im Bett aufwachen und feststellen werde, dass ich noch immer in Seattle bin und dass McKale mir sanft mit den Fingernägeln über den Rücken streicht. Sie würde flüstern: »Bist du wach, mein Schatz?« Ich würde mich zu ihr umdrehen und sagen: »Du wirst nicht glauben, was ich eben geträumt habe.«
    Aber es ist kein Traum. Ich habe das ganze Land zu Fuß durchquert. Und die Frau, die ich liebe, kommt niemals wieder.
    Das Wasser vor mir ist so blau wie Scheibenwischerflüssigkeit. Ich spüre die Brise der Abenddämmerung auf meinem unrasierten, sonnenverbrannten Gesicht und schließe die Augen. Ich habe einen weiten Weg zurückgelegt, um hier anzukommen – fast 3500 Meilen. Aber in manch anderer Hinsicht war er noch viel weiter. Ein Weg lässt sich nicht immer in räumlicher Entfernung messen.
    Ich nehme meinen Rucksack von den Schultern und setze mich in den Sand, um mir die Schuhe aufzubinden und sie auszuziehen. Meine durchgelaufenen, ehemals weißen und jetzt grauen Baumwollsocken kleben an meinen Füßen, als ich sie abstreife. Dann mache ich auf dem nassen, von Muscheln übersäten Sand ein paar Schritte nach vorn und warte darauf, dass das zurückweichende Wasser wiederkommt und meine Füße umspült. Ich hatte Hunderte von Stunden Zeit, um über diesen Augenblick nachzudenken. Jetzt lasse ich alles über mich hinwegrollen: den Wind, das Wasser, die Vergangenheit und die Gegenwart, die Welt, die ich zurückgelassen habe, die Menschen und die Städte auf meinem Weg. Ich kann kaum glauben, dass ich endlich hier bin.
    Nach ein paar Minuten gehe ich zurück und setze mich im Schneidersitz neben meinem Rucksack in den Sand und tue, was ich in den
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