Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Untitled

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: nanu
Vom Netzwerk:
Sir.«
    Nachdem er die Bank betreten hatte, hatte es geschlagene vier Sekunden gedauert, bis er Leonard D’Angelo beide Waffen abgenommen hatte.
    Max hatte Recht gehabt: Der Mann war kein Krimineller und schon gar nicht fähig, auf irgendjemanden zu schießen.
    Leonard D’Angelo war ein trauernder Vater, der eine ganze Reihe absolut idiotischer Fehler begangen hatte.
    Sein zwei Jahre alter Sohn hatte unter einem angeborenen Herzfehler gelitten. Seine Frau und er hatten ihr Haus ve r kauft und sämtliche Ersparnisse für eine Operation der defekten Herzklappe des Jungen zusammengekratzt. Doch dann war ihr Kind auf dem Operationstisch gestorben.
    Mit der unberechenbaren Irrationalität eines von tiefer Trauer gequälten Menschen hatte Lenny den Arzt aufgesucht und das Geld zurückverlangt – da die Operation ihrem Jungen nicht das Leben gerettet hatte.
    Als der Arzt sich weigerte, fand Lenny irgendwie heraus, bei welcher Bank der Mann seine Geschäfte tätigte und wollte sich dort das Geld zurückholen, das ihm aus seiner Sicht z u stand.
    Geld, das er benötigte, um seine Frau wiederzufinden, die sich – untröstlich angesichts des erlittenen Verlustes – mit dem einzigen Auto der Familie aus dem Staub gemacht hatte.
    »Ich habe gesagt, Sie sollen diese Bank nicht betreten«, rief Shaw Max gerade in Erinnerung. »Ich habe ausdrücklich angeordnet …«
    »Bei allem gebührenden Respekt, Sir«, unterbrach ihn Max, »Sie haben angeordnet, ich soll alles tun, was notwendig ist, damit D’Angelo den Hörer abnimmt. Aber wie soll er ans Telefon gehen, wenn er es nicht klingeln hört?«
    Max hatte eigentlich vorgehabt hineinzugehen – u n bekleidet und daher auch unbewaffnet – und einen Dialog mit D’Angelo zu beginnen. Falls der sich darauf eingelassen hätte, hätte Max den Hörer abgenommen. Und da der hö r geschädigte Geiselnehmer offensichtlich auch kein normales Telefongespräch führen konnte, hätte Max mit Hilfe seines Filzstiftes und seines Schreibblocks als Dolmetscher zwischen D’Angelo und dem FBI-Unterhändler draußen auf der Straße fungiert.
    Und hoffentlich hätte irgendjemand ihm im Lauf der Ve r handlungen seine Hose hereingebracht.
    Aber das hatte Max Shaw alles schon berichtet. Etliche Male sogar. Auch schriftlich.
    Max hatte auch gesagt, dass es ihm, noch bevor er D’Angelo anbieten konnte, den Dolmetscher zu spielen, vol l kommen naheliegend vorgekommen sei, ihn zu bitten, ihm seine Waffen auszuhändigen.
    Was der Mann auch getan hatte. Mit großer Erleichterung.
    Auch Max war erleichtert gewesen. Und hatte seinen Schreibblock als Büromaterial-Lendenschurz benutzt, während die Geiseln nach draußen und die Polizei und das FBI hereingestürzt waren.
    Smitty Durkin hatte dann Max’ Sachen in die Bank g e bracht – alles außer seiner Unterhose, die nicht bei den res t lichen Kleidern war. Max konnte bloß hoffen, dass sie aus einem seiner Hosenbeine gerutscht war und dass ein starker Windstoß sie unter ein Auto und in eine Pfütze geweht hatte, die noch vom gestrigen Abendregen übrig geblieben war.
    »Ich bewundere Sie, Sir«, sagte Max jetzt zu Shaw. »Sehr sogar. Sie haben eine bemerkenswerte Bilanz als Teamleiter. Und das, was ich jetzt sage, würde ich nirgendwo anders äußern als hier, in den vier Wänden Ihres Büros, aber ich bin fest davon überzeugt, dass Sie heute da draußen einen falschen Befehl gegeben haben. Sie hätten mir erlauben sollen, diese Bank zu betreten. Ich glaube, das wissen Sie auch, Sir.«
    Wenn Leonard D’Angelo am heutigen Tag gestorben wäre, dann hätte Shaw die Verantwortung dafür getragen. Ganz alleine. Und so musste er Max eigentlich dankbar sein, dass er diese Tragödie verhindert hatte.
    Aber Shaw blieb stumm. Er lehnte sich einfach nur zurück und blickte zu Max hinauf. Sein Blick war eiskalt und hätte er nicht den Ruf eines fair denkenden Teamleiters gehabt oder hätte er sich nicht durch den Lacher von vorhin verraten, Max hätte sich vielleicht überlegt, ob er möglicherweise zu weit gegangen war.
    Doch so nutzte Max die immer länger andauernde Phase des Schweigens, um aufmerksam zu studieren, auf welch su b tile Art und Weise Shaw sich vollkommen undurchschaubar machte, absolut unnahbar. Es war mehr als nur die völlige Abwesenheit jeglicher Emotion in seinem Blick, mehr als die in Stein gemeißelte Unbeweglichkeit seines Gesichtsau s drucks. Es war auch seine Körpersprache. Er signalisierte Offenheit, hatte die Ellbogen auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher