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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Andrea Camilleri
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Schwiegersohn von Lord Rorsefne. Natürlich sind wir Ihnen dankbar. Wie haben Sie den Lord gefunden?« Arflane schilderte es ihm kurz.
    Ulsenn furchte die Stirn. »Und mehr hat er Ihnen nicht erzählt?«
    »Ein Wunder, daß er noch die Kraft hatte, mir überhaupt soviel zu erzählen.« Arflane hätte den alten Mann sympathisch finden können, aber niemals einen Mann wie Janek Ulsenn. »Tatsächlich?« Ulsenn dachte einen Moment nach. »Nun, ich werde mich um Ihre Belohnung kümmern. Eintausend gute Bärenfelle dürften wohl genügen, wie?« Das war ein Vermögen.
    »Ich habe dem alten Mann geholfen, weil ich seine Willenskraft bewunderte«, entgegnete Arflane schroff. »Ich brauche Ihre Bärenfelle nicht.«
    Ulsenn blickte ihn verwundert an und fragte: »Was wollen Sie sonst? Sie kommen aus einer anderen Stadt und sind kein Edelmann. Es ist unglaublich, daß ein Mann ohne Ehrenkodex das tut, was Sie getan haben. Selbst einer von uns hätte gezögert, einen Fremden zu retten.« Er betonte den letzten Satz, als ärgere es ihn, daß ein einfacher Fremder so stolz reden konnte, als sei eine selbstlose Geste nur ein Privileg der reichen, mächtigen Leute.
    Arflane zuckte die Achseln. »Wie gesagt, ich bewundere die Willensstärke des alten Mannes.« Er wollte gehen. Da wurde die Tür zu seiner rechten Hand geöffnet, und eine schwarzhaarige Frau trat ein. Sie trug ein braunblaues Kleid aus schwerem Stoff. Ihr Gesicht war schmal und ausdrucksvoll. Sie bewegte sich mit natürlicher Grazie. Sie hatte goldgefleckte braune Augen, und das Haar floß ihr über die Schultern. Sie warf Ulsenn einen fragenden Blick zu.
    Arflane neigte leicht den Kopf und griff nach dem Türknauf.
    Die Stimme der Frau hatte einen weichen, vielleicht ein wenig gehemmten Klang. »Sind Sie der Mann, der meinem Vater das Leben gerettet hat?«
    Arflane machte unwillkürlich kehrt. Er stand so breitbeinig da wie auf dem Deck eines Schiffes. »Ja, Ma’am«, antwortete er und fügte hinzu: »Vorausgesetzt, er kommt mit dem Leben davon.« »Meine Frau«, murmelte Ulsenn.
    Sie lächelte freundlich. »Er läßt Ihnen danken und sagen, daß er sich erkenntlich zeigen wird, wenn er sich wieder kräftiger fühlt. Bis dahin bittet er Sie, sein Gast zu sein.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Arflane, belustigt in Ulsenns Richtung blickend, »aber ich glaube kaum, daß Ihr Mann der gleichen Ansicht ist.«
    Sie blickte ihren Mann vorwurfsvoll an. Entweder war ihre Verwunderung echt, oder sie wollte Arflane nur ihre Empörung zeigen. Warum brachte sie dann ihren Mann in Gegenwart eines Fremden, der einen niedrigeren Rang bekleidete, in Verlegenheit?
    Ulsenn seufzte. »Unsinn! Er muß bleiben, wenn dein Vater es so angeordnet hat. Immerhin ist Lord Rorsefne das Oberhaupt dieses Hauses. Onvald wird ihm gleich etwas bringen und –«
    »Vielleicht möchte unser Gast gern mit uns essen«, sagte sie scharf. Die Feindseligkeit zwischen beiden war offensichtlich. »Ah ja«, murmelte Ulsenn düster.
    Arflane sagte so höflich, wie es die Situation zuließ: »Wenn es Ihnen recht ist, esse ich in der Händlerunterkunft und übernachte auch dort. Ich habe gehört, daß es in der sechzehnten Etage eine gute Gaststätte gibt.« Das hatte ihm der Posten erzählt, als sie vorhin an der Gaststätte vorübergegangen waren. »Bitte, bleiben Sie bei uns«, sagte die Frau ruhig.
    Arflane verbeugte sich, sah sie offen an und versuchte, den

    Grad ihrer Aufrichtigkeit zu schätzen. Diese Frau ist anders als ihr Mann, dachte er. In gewisser Hinsicht hatte sie Ähnlichkeit mit ihrem Vater und strahlte die gleiche Energie aus, die er bei dem alten Mann bewundert hatte. Aber er würde nicht bleiben. Sie vermied seinen Blick. »Nun gut. Bitte, nennen Sie mir Ihren Namen.«
    »Kapitän Konrad Arflane«, sagte er mürrisch. »Ich stamme aus Brershill. Die Mutter des Eises möge Sie beschützen.« Er nickte den beiden kurz zu, verließ die Halle, ging durch die drei Türen und schloß die letzte Tür mit ärgerlichem Nachdruck.

    3

    Entgegen seinen ursprünglichen Absichten beschloß Konrad Arflane, sich in Friesgalt aufzuhalten, bis der alte Rorsefne mit ihm sprechen konnte. Er wußte nicht, weshalb er wartete. Hätte man ihn gefragt, würde er geantwortet haben, daß er letzten Endes seinen Schlafsack zurückbekommen wolle. Abgesehen davon, hatte er nichts anderes zu tun. Auf keinen Fall würde er zugegeben haben, daß es Ulrica Ulsenn war, die ihn in der Stadt zurückhielt.
    Er verbrachte den
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