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Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Andrea Camilleri
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schließlich die Mannschaft beschäftigen. Zum Segeln kommen wir nicht, zumal Lord Rorsefne lange weg war.« Er ging mit Arflane auf eine Elfenbeintür zu, die zum Mitteldeck führte. »Gehen wir zunächst nach unten.« Dann standen sie in einer Kabine, die luxuriöser möbliert war als alle Kabinen, die Arflane je in seinem Leben gesehen hatte. Der Fußboden war mit Pelzen ausgelegt. Es gab zwei Kojen, schwere Truhen, einen Tisch aus Walknochen und bequeme Sessel, auch aus Walknochen und mit Leder bespannt. Eine Tür führte in einen kleinen Raum mit einer Kajütentreppe. »Das sind die Kabinen für den Kapitän und die Gäste, die er gelegentlich mitbringt«, erklärte Petchnyoff, auf die Türen deutend, an denen sie vorbeigingen. »Die letzte Kabine gehört mir. Ich teile sie mit Kristoff Hinsen, dem Dritten Offizier. Er ist gerade im Dienst, möchte Sie aber kennenlernen.« Es war ein riesiges und großartiges Schiff, und Arflane beneidete Petchnyoff um sein Kommando. Hätte Brershill solch ein Schiff besessen, wäre es in der Lage gewesen, seinen einstmaligen Status sehr bald wieder zurückzugewinnen. Vielleicht sollte er dem Schicksal sogar dankbar sein, daß die Friesgalter von diesem Schiff so wenig Gebrauch machten, denn sonst hätten sie möglicherweise noch größere Handelsanteile an sich gerissen.
    Sie stiegen auf das Achterdeck. Dort war nur ein alter Mann, der keinerlei Notiz von ihnen zu nehmen schien. Er starrte intensiv auf das Ruderrad auf dem Mitteldeck. Er interessierte sich aber nicht für das Rad, sondern schien über etwas nachzudenken. Dann drehte er sich beiläufig nach Petchnyoff und Arflane um. Sein Bart war weiß, die Pelzkapuze beschattete seine Augen. Die Schneeflocken fielen ihm auf die Schultern und türmten sich langsam auf dem Deck auf.
    »Das ist unser Dritter Offizier, Kristoff Hinsen«, sagte
    Petchnyoff, dem Alten auf die Schulter klopfend. »Ich möchte Ihnen den Retter Lord Rorsefnes vorstellen, Kristoff.« Kristoff betrachtete Arflane nachdenklich. Er hatte ein Gesicht wie ein Schneeadler, schwarze Augen und eine Hakennase. »Sie sind Kapitän Arflane. Sie haben einmal die North Wind kommandiert, wie?«
    »Ich wundere mich, daß ich Ihnen bekannt bin«, entgegnete Arflane. »Das ist schon fünf Jahre her.«
    »Ja, ja … Erinnern Sie sich an ein Schiff, mit dem Sie südlich von hier in einen Eisbruch fuhren? Die Tanya Ulsenn ?« Arflane lachte. »Allerdings. Wir jagten hinter einer Walherde her. Nur wir und die Tanya waren noch im Rennen. Als wir die Tanya Ulsenn abgehängt hatten, war es ein sehr ergiebiger Jagdausflug. Waren Sie dort an Bord?«
    »Ich war der Kapitän und verlor durch Ihren Trick meine Kommandorechte.« Er lachte. »Ich denke, jeder von uns hat seinen Anteil an Siegen und Niederlagen. Sie haben kein Schiff, und ich bin Dritter Offizier an Bord eines Schmuckstücks, das den ganzen Tag vor Anker liegt.«
    »Das Schiff sollte segeln«, sagte Arflane. »Es ist mehr wert als zehn andere Schiffe.«
    »Da geht eher die Welt unter«, sagte Kristoff. »Als ich Zweiter Offizier an Bord der Heurfrast war, habe ich Ihre Taktik einmal ausprobiert. Der Kapitän war verletzt, und ich hatte das Kommando. Kennen Sie die alte Heurfrast ?« Arflane nickte.
    »Nun, sie gehorcht nur dem, der sie kennt. Ein, zwei Jahre später fuhren wir gegen zwei Briggs aus Abersgalt. Eine kippte um, und wir mußten um sie herumfahren. Und dann sahen wir diesen Eisbruch vor uns. Ich beschloß, es darauf ankommen zu lassen.« »Was geschah?« fragte Arflane lächelnd.
    »Wir schossen beide hinein. Ich hatte nicht Ihre Erfahrung. Na ja, ich war mein Kommando los.«
    »Und ich hatte damals Glück.«
    »Aber Sie hatten schon Erfahrungen gesammelt. Sie waren ein guter Kapitän. Wir Friesgalter geben normalerweise nicht zu, daß es bessere Kapitäne gibt als unsere eigenen.«
    »Danke«, sagte Arflane, dem das schmeichelhafte Lob des Alten nicht unangenehm in den Ohren klang. Er fühlte sich auch wohl in der Gesellschaft von Männern seines Berufes. Hinsen seufzte. »Segeln ist nicht mehr das, was es einmal war, Kapitän Arflane.« Arflane grunzte zustimmend.
    Petchnyoff lächelte und zog seine Kapuze höher. Der Schnee fiel jetzt so dicht, daß von den anderen Seglern nur schemenhafte Umrisse zu erkennen waren. »Das Wetter wird sich bessern«, sagte er. »Jetzt schneit es innerhalb von zehn, fünfzehn Tagen nur einmal. Mein Vater erinnert sich, daß es manchmal den ganzen Sommer geschneit hat. Und
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