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Unter Menschen

Unter Menschen

Titel: Unter Menschen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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Es war möglich, dass Liz eines Tages einen Menschenfreund fand und das blöde Kussverbot auch für sie galt. Er küsste Liz nur auf die Wange und bestimmt war dann auch das untersagt. Aber darüber musste er heute nicht nachdenken. Er war schon benachteiligt genug, dass er im Wasser übernachten musste und Liz nicht mitnehmen konnte. Das war ein echtes Problem. Sam dachte nach. Liz hatte bestimmt auch ein Bett zu Hause. Sam nahm sich vor zu fragen, ob Liz ihn mal darin liegen lassen würde. Die einzige Schwierigkeit dabei war, dass er dann zu Liz’ Haus gehen musste und George wollte nicht, dass er zu viel Kontakt mit anderen Menschen hatte. Das Geheimnis konnte entdeckt werden und Sam hatte Angst, dass er dann in ein Labor gebracht würde. All das Schöne im Haus der Cunnings und auch das Meer würde er dann nie wiedersehen. Das war es vielleicht nicht wert, nur weil er einmal in einem Bett liegen wollte.
    Sam begann, Laines Sachen vom Boden aufzuheben und legte sie auf das Bett. Es waren Kleidungsstücke, Papier, Bücher und Schuhe dabei. Am Ende lag ein beachtlicher Berg verschiedenster Dinge auf Laines Bett, aber der Boden war bereit für den Staubsauger. Sam schloss den Sauger an eine Steckdose an und drückte auf „Einschalten.“
    „Jetzt höre ich ihn wieder“, sagte Vivian. „Wo ist er denn?“
    George runzelte die Stirn. „Ich glaube, er ist in Laines Zimmer. Ich sehe mal nach.“
    Sam war fertig mit Laines Teppich und schaltete den Staubsauger aus. Als er sich herum drehte, stand George in der Tür. Sam zuckte zusammen, als er ihn sah.
    George sah sich um. „So hat’s hier schon lange nicht mehr ausgesehen.“
    Sam stand weiter stumm da. Er wusste nicht, ob das gut oder schlecht war.
    „Sam, ich erkläre dir jetzt mal etwas. Es kann schwer für dich sein, das zu verstehen“, fing George an.
    Sam wurde übel. Er glaubte, dass er einen Fehler gemacht hatte. Bestimmt war George jetzt ungehalten. George war oft ungehalten, wenn Laine sich nicht an aufgestellte Regeln hielt. George sprach dann in sehr scharfem Ton mit ihr. Laine schien das nicht aus der Fassung zu bringen. Sam glaubte, dass er sterben würde, wenn George jemals so mit ihm schimpfen würde wie mit Laine.
    George kam auf ihn zu und legte ihm den Arm um die Schultern.
    „Keine Angst, Sam. Ich bin nicht sauer. Ich möchte dir nur etwas erklären. Komm mit. Lass den Sauger einfach hier stehen.“
    Sam saß neben George auf dem Sofa. George wirkte nicht wütend. Er war freundlich, und Vivian bedankte sich bei Sam für das Saugen des Wohnzimmers.
    „Du weißt ja, was Pflichten sind, nicht wahr Sam?“, fing George an.
    Sam nickte.
    „Das sind die Sachen, die man immer tun muss, auch wenn man keine Lust hat.“
    „Richtig. Seit Laine mit Bill zusammen ist, vernachlässigt sie einen Teil ihrer Pflichten hier im Haus. Du hast jetzt ihr Zimmer gesaugt. Das war nett von dir, aber ich wollte, dass Laine das tut.“
    „Aber Laine hat keine Lust dazu. Und mir macht es nichts aus“, sagte Sam. Die Wahrheit war, dass er geradezu danach gierte, den Staubsauger zu bedienen, aber das sagte er nicht.
    „Ich weiß. Trotzdem muss Laine lernen, ihre Pflichten wahrzunehmen. Das ist wichtig für ihre Entwicklung. Du kannst jedes Zimmer im Haus aufräumen. Aber Laines Bad und ihr Zimmer, das soll sie selbst tun.“
    Sam seufzte enttäuscht. „Darf ich denn den Staubsauger
    noch in die Wäschekammer bringen?“, fragte er.
    „Ja, das darfst du“, sagte George.
    Sam stand auf und ging durch den Flur Richtung Treppe. Der Staubsauger und die Waschmaschine standen normalerweise neben seinem Schlafbecken. Dort war ihr Platz. Und wenn er im Wasser saß, konnte er sich vorstellen, dass all diese Geräte auch ein wenig ihm gehörten.
     
     
    Zum Mittagessen hatte sich Jerry angekündigt. Das war die offizielle Version. In Wahrheit hatte sich George mit ihm verabredet, um über Sam zu reden. Als George ihm die Tür öffnete, blieb Jerry auf der Schwelle stehen.
    „Darf ich so reinkommen oder soll ich die Schuhe ausziehen?“, fragte er. „Bei euch sieht’s ja aus wie geleckt.“
    Er betrat die Diele und stellte seine Tasche ab. „Wo ist er denn?“
    „Im Wohnzimmer.“ George ging voran.
    Sam saß auf dem Sofa und hielt einen Schreibblock auf den Knien. Im Fernsehen lief Werbung. Sam sah aufmerksam zu und hielt ab und zu inne, um sich Notizen zu machen.
    „Hi, Sam“, sagte Jerry und ließ sich neben ihm auf das Sofa fallen. „Na, was machst du denn
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