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Unsterbliche Sehnsucht

Unsterbliche Sehnsucht

Titel: Unsterbliche Sehnsucht
Autoren: Anne Marsh
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Wandöffnungen.
    »Dramatischer Auftritt«, bemerkte sie mit klopfendem Herzen. Oh Gott! Sie hatte solche Angst, etwas Falsches zu sagen und ihn damit wieder zu vergraulen. Vertrauen, rief sie sich selbst in Erinnerung. Sie hatte doch beschlossen, ihm zu vertrauen.
    Er zuckte mit den Schultern und schwang seine Stiefel über die schmale Fensterbank. »Das hat beim ersten Mal funktioniert.«
    Ja. Er hatte die Tür zum Hörsaal eingetreten, war den Gang entlanggestürmt und hatte sie vor ihrem mörderischen Jäger gerettet.
    »Nicht, dass du dankbar dafür gewesen wärst«, grummelte er. »Ich erinnere mich ziemlich genau an heftige Gegenwehr.« Er saß auf der Kante der Fensterbank, als handele es sich um einen verdammten Thron. Die abgetragene Lederkluft und das schwarze Baumwoll-T-Shirt kannte sie schon. Damit kam sie klar.
    Aber seine Flügel … Gott, diese Flügel! Sie wollte mit den Fingern durch die warmen, flaumigen, dichten Federn fahren. Die Erinnerung an die unglaubliche Weichheit der viereinhalb Meter umfassenden Schwingen hatte sie nicht mehr losgelassen. Durch ihre tintenschwarze Farbe schienen sie ebenso undurchschaubar zu sein, wie der Mann selbst es war. Der Erzengel hatte ihn dadurch quasi mit einem Warnschild versehen, schon klar. Bei ihm handelte es sich also nicht um den Goldjungen des Himmels. Nicht mehr zumindest.
    »Darf ich reinkommen?« Schwang da etwa ein Zögern in seiner Stimme mit? Und seit wann brauchte er denn eine ausdrückliche Einladung von ihr?
    Sie deutete stumm in den Raum, woraufhin er sich von der Fensterbank gleiten ließ, sodass seine Stiefel gleichzeitig auf dem Boden auftrafen. Dann schritt er durch den Raum und betrachtete die Trümmer. »Ziemliches Durcheinander.«
    Die Untertreibung des Jahres – immerhin war sie in den vergangenen drei Tagen nur mit dem Besen und der Kehrschaufel zugange gewesen, während sie darüber gegrübelt hatte, wohin ihr gefallener Engel wohl verschwunden sein mochte.
    »Ich kann nichts dafür.« Sie kniff die Augen zusammen. »Genau genommen ist es deine Schuld. Du hast doch beschlossen, einen schonungslosen Kampf mit Cuthah dem Irren auszutragen. In – meinem – Labor.«
    Sicher, sie bedauerte es schon ein wenig, das Labor verloren zu haben. Und die Unabhängigkeit, die es bedeutet hatte. Aber wem wollte sie denn etwas vormachen? Diese Freiheit war ohnehin bloß reine Illusion gewesen, der Dekan hatte sie an der Leine gehabt. Und ihm Rechenschaft abzulegen nervte total.
    Scheiß drauf! Sie leerte den Plastiksack voller Papierschnitzel in den Mülleimer aus und griff nach einer Schachtel Streichhölzer. Mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk entzündete sie eines und warf es in den Schnipselhaufen, womit fröhlich drei Jahre Forschungsarbeit in Rauch aufgingen. Sie fackelte alle Brücken hinter sich ab. Im wahrsten Sinne des Wortes.
    »Der Brandschutzbeauftragte wird stinksauer sein«, bemerkte Zer.
    »Jepp.« Nessa schnaubte. »Das ist gerade meine geringste Sorge.«
    »Wieso?«
    Sie schob sich das Haar hinter die Ohren und deutete auf die zahllosen Brandspuren an der Wand und auf dem Boden. Zur Hölle noch eins, es gab keinen einzigen Flecken mehr ohne sie.
    Er warf einen zerbrochenen Messbecher in den Mülleimer. »Warum vernichtest du deine Unterlagen?«
    »Es ist alles hier oben drin.« Sie tippte sich an die Stirn. »Da ist es wohl überflüssig, schriftliche Aufzeichnungen davon aufzubewahren. Und tollkühn obendrein.« Sie hatte ja gesehen, was passierte, wenn die Abtrünnigen begannen, Listen zu führen.
    »Dann möchtest du also keine weiteren Fachartikel veröffentlichen?«
    Langsam schüttelte sie den Kopf. »Es ist jetzt nicht die Zeit dafür, Zer. Wenn ich das tue, wird eine Todesliste gedruckt. Und ich werde keine unschuldigen Frauen in Gefahr bringen.«
    »Also gibst du alles auf?« Er wandte sich von dem Anblick der Zerstörung ab und kam auf sie zu; noch blieb unklar, worauf er hinauswollte.
    »Ich gebe nicht alles auf«, stellte sie richtig. »Es wird andere Jobs für mich geben. Andere Möglichkeiten, den Code zu knacken. Und außerdem« – sie lächelte verführerisch – »schuldest du mir, glaube ich, noch einen Gefallen.«
    Sie schrie kurz auf und versuchte, sich aus seinen Armen zu winden, als er sie hochhob.
    »Flieg mit mir.« Seine tiefe Stimme ging ihr durch und durch.
    Nach zwei schnellen Schritten war er durch den kaputten Fensterrahmen gestürmt und warf sich mit ihr in die Lüfte.
    Zer brachte sie
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