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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
Autoren: Josef Wilfling
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anzieht, ist mir nie begegnet. Aber ich sah es als Gradmesser für den derzeitigen Zustand einer Beziehung. Zumal ich immer noch nicht recht verstand, warum sich diese Frau von ihrem gut aussehenden, offenbar toleranten, intelligenten Ehemann distanziert haben sollte. Nur weil sie karrieresüchtig war? Muss man deshalb den Mann, den man einst aufrichtig geliebt hat, so vernachlässigen? Und das Kind dazu?
    W ir haben vor etwa drei Wochen das letzte Mal miteinander geschlafen. Die Initiative ging von mir aus. Wie immer in den letzten Monaten. Ohne Austausch von Zärtlichkeiten lief das ab. Reiner Sex nach einigen Gläsern Rotwein.«
    I rgendwie verstand ich das Ganze nach wie vor nicht. Eine intakte Familie war zerbrochen. Menschen, die alles zu haben schienen, was man sich wünschen konnte. Attraktive und gut bezahlte Jobs, Wohlstand, Gesundheit und familiäres Glück. Was war es, das diese einst große Liebe verschwinden ließ? Nur beruflicher Ehrgeiz?
    Es ist unüblich, dass Angehörige von Mordopfern oder auch Selbstmördern von sich aus, ohne tatverdächtig zu sein, negative Verhältnisse und Spannungen innerhalb der Familie einräumen. Normalerweise werden diese eher verschwiegen. Selbst der Gesetzgeber hat dieser Tatsache Rech nung getragen und billigt allen Verwandten und Verschwägerten bis zum dritten Grad Seitenlinie ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Es hat einen sehr hohen Stellenwert in unserer Rechtsordnung und bedeutet, dass niemand gezwungen werden kann, Angehörige, sofern sie einer Straftat beschuldigt werden, belasten zu müssen. Damit verbunden ist das Recht, zu deren Gunsten sogar straflos lügen zu dürfen.
    Jetzt aber saß mir jemand gegenüber, der keine Rücksicht auf irgendwelche Angehörigen nehmen musste, war doch die einzige Verwandte, die er noch hatte, seine kleine Lisa. Peter L. war als Zeuge nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten. Ich wies ihn darauf hin, dass jedoch alles, was er aussagte, der Wahrheit entsprechen müsse – obwohl klar war, dass er die Rechtslage kannte und offensichtlich schonungslos die Wahrheit sagen wollte. Andernfalls hätte er wohl kaum die Eheprobleme so offen angesprochen. Es sei denn, er rechnete damit, dass wir es ohnehin herausfinden würden. Falls ja, musste es auch andere geben, die davon wussten. In diesem Fall wäre es tatsächlich unklug gewesen, uns zu belügen. Viel leicht hatte sich Christine L. jemandem anvertraut. Einer guten Freundin etwa, die ja bekanntlich häufig bestens informiert ist über die familiären Verhältnisse. Ob unser Tatopfer solch eine Freundin hatte, vermochte uns Peter L. allerdings nicht zu sagen. Es gebe einige Nachbarinnen, mit deren Familien freundschaftliche Beziehungen bestünden, inwieweit seine Frau aber mit einer dieser Damen enger befreundet gewesen sei, könne er nicht sagen. Oder wollte er nicht? Jedenfalls fand ich es eigenartig, wenngleich ich andererseits wusste, dass es tatsächlich Menschen gibt, die keine Freunde haben. Es schien ein wenig ergiebiges Umfeld zu sein, in dem sich Christine und ihr Mann Peter bewegt hatten. Blieben noch die Arbeitskolleginnen und -kollegen. Wir würden es herausfinden. Jetzt aber, so entschloss ich mich, würde ich am besten erst einmal zur Sache kommen.
    I hre Frau wurde offensichtlich im Keller angegriffen und getötet. Dafür spricht die Spurenlage. Können Sie sich das erklären?«
    »Ich kann mir das nur so erklären, dass ich tatsächlich die Haustür nicht richtig zugezogen habe. Das ist mir schon ein paarmal passiert, die Tür schließt schwer. Man muss sie wirklich mit Kraft zuziehen, damit sie einschnappt. Lisa zum Beispiel schafft das gar nicht. Es kann nur so gewesen sein, dass die Täter ins Haus eindrangen, im Keller auf meine Frau stießen und sie dort töteten. Mein Gott, dann bin ja ich schuld.«
    »Der Stecker für das Bügeleisen war herausgezogen. Haben Sie das gemacht?«
    »Nein. Vielleicht sie selbst. Vielleicht hatte sie gerade aufgehört zu bügeln, als sie überfallen wurde, und den Stecker schon herausgezogen.«
    »Mit blutigen Händen?«
    »Das kann ich mir auch nicht erklären.«
    D as war merkwürdig. Von wegen schwergängige Tür. Dem Nachbarn gegenüber hatte er noch versichert, die Tür fest zugezogen zu haben. Und welche Fremdtäter ziehen den Stecker aus der Sorge heraus, es könnte ein Brand entstehen? Das Gegenteil ist der Fall. Manche legen sogar Feuer, um Spuren zu vernichten. Den Stecker konnte nur jemand gezogen haben, der einen
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