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Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers

Titel: Unheil - Warum jeder zum Moerder werden kann Neue Faelle des legendaeren Mordermittlers
Autoren: Josef Wilfling
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Adresse kannten. Ich bat sie, sie solle wenigstens an Lisa denken. Aber sie hörte nicht auf mich.«
    »Wissen Sie, wie das heute war? Gab es da auch Angebote?«
    »Ja, sie hatte vor ein paar Tagen wieder inseriert, und soweit ich weiß, waren irgendwelche Interes senten für heute angemeldet. Ich habe von den Nach barn gehört, dass südländisch aussehende Männer im Viertel waren und etwas gesucht haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass die zu meiner Frau wollten. Es sollen Zigeuner gewesen sein.«
    »Sie meinen wohl Angehörige einer reisenden Min derheit aus dem osteuropäischen Raum, oder?«
    »Ja, entschuldigen Sie, ich wollte niemanden diskriminieren. Ich habe diesen Ausdruck nur wörtlich wiedergegeben, denn so wurde es mir übermittelt. Aus Gründen der Authentizität.«
    »Wo ist das Handy Ihrer Frau? Trug sie es immer bei sich? War es immer eingeschaltet?«
    »Meine Frau besaß zwei Handys. Ein rein priva tes und eines, über das sie ihre Verkäufe abwickelte. Ich konnte keines von beiden finden, und beide sind auch nicht eingeschaltet. Wobei sie ihr Geschäftshandy wegen der vielen anderen Anrufe von Interessenten, die ja teilweise noch tagelang und manch mal sogar mitten in der Nacht anriefen, sofort ausschaltete, sobald sie einen Verkaufstermin vereinbart hatte. Unsere Festnetznummer war tabu, unsere Adresse, vorerst zumindest, ebenfalls. Die Leute riefen an und meine Frau sagte ihnen, wo wir wohnen. Dann kamen sie oder auch nicht.«
    »Wenn also heute Interessenten da waren, dann müssten die vorher irgendwann auf dem Handy Ihrer Frau angerufen haben. Andernfalls hätten sie ja nicht wissen können, wo Sie wohnen. Sehe ich das richtig?«
    »Ja, das kann eigentlich nur so gewesen sein. Es sei denn, es waren Leute, die zufällig vorbeigekommen sind, weil sie die Adresse schon von früheren Käufen kannten. Inzwischen dürfte es ja Dutzende geben, die schon bei uns an der Haustür waren. Leider. Normalerweise müssten sich Interessenten bereits gestern oder im Laufe des heutigen Tages angemeldet haben. Nur so lässt sich erklären, warum das Handy ausgeschaltet war. Ihr privates war ohnehin nicht eingeschaltet, wenn sie zu Hause war.«
    Eine ziemlich verwirrende Geschichte, das mit den Handys, dachte ich, und erstmals kamen leichte Zweifel in mir auf. Irgendetwas war hier nicht schlüssig. Da es aber momentan keine weiteren Erkenntnisse gab, wechselte ich das Thema und bat ihn, seine Frau, seine Ehe und das Familienleben zu beschreiben.
    Peter L. begann zögerlich und schien sich jedes Wort genau zu überlegen. Umso mehr wunderte mich der erste Satz, denn der passte so gar nicht zu jener Familienidylle, die ich auf den Fotos zu erkennen geglaubt hatte.
    »Christine konnte sehr kalt und auch sehr egoistisch sein«, sagte er leise und verstärkte noch den Eindruck tiefer Betroffenheit und Traurigkeit. Wo bei mir momentan nicht klar war, ob sich diese Betroffenheit auf den Tod seiner Frau bezog oder auf ihre Gefühlskälte, die er im Folgenden ausführlich beschrieb. Es schien eher ein emotionaler Ausbruch zu sein.
    Sieben Jahre seien sie verheiratet gewesen, zwei Jahre nach der Eheschließung wurde Lisa geboren. Die Tochter sei sein Ein und Alles, er liebe sie mehr als alles andere auf der Welt, berichtete er und bekam jetzt sogar feuchte Augen. Das war echt. Er sei beruflich leider sehr häufig unterwegs, vorwiegend im Ausland, das war wohl einer der Gründe, warum die Beziehung zu seiner Frau immer mehr erkaltete. Hinzu kam, dass diese beruflich nicht weniger ehrgeizig war als er. Sie wollte Karriere machen und machte sie auch. Christine war Leiterin einer Marketing-Abteilung bei einer großen Telefonfirma.
    Er sei ein Einzelkind gewesen, in Kiel geboren und aufgewachsen. Seine Eltern waren beide vor über neun Jahren bei einem Autounfall auf der Auto bahn ums Leben gekommen. Daraufhin ging er in eine Selbsthilfegruppe und lernte dort seine Frau Christine kennen und lieben, die das gleiche Schicksal erlitten hatte.
    Auch sie war ein Einzel kind, auch ihre Eltern kamen bei einem Verkehrsunfall ums Leben, auch sie suchte Hilfe, um diesen Verlust verarbeiten zu können. Dieses fast iden tische Schicksal schweißte sie wohl zusammen. Sie gaben sich Halt und stützten sich gegenseitig. Es sei eine wunderbare Beziehung gewesen, und sie hätten sich sehr geliebt. Als schließlich Lisa geboren wurden, schien das Glück perfekt. Er habe nach Abschluss seines Studiums die freie Auswahl gehabt und schließlich
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