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Der Hexer - GK589 - Der Baumdämon

Der Hexer - GK589 - Der Baumdämon

Titel: Der Hexer - GK589 - Der Baumdämon
Autoren: Verschiedene
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DER HEXER
    Eine Epoche, in der das Übersinnliche noch fester Bestandteil des Lebens ist, eine Zeit der Schwarzen Messen und heidnischen Riten. Der HEXER stellt sich gegen die Tyrannen dieser Zeit. Wissen ist seine Macht, Magie seine Waffe ...
     
    Der Baumdämon
    von Robert Craven
    »Still!«
    Howard legte warnend den Zeigefinger über die Lippen, preßte sich dichter gegen die Wand und wartete mit angehaltenem Atem, bis die Stimme und Schritte näher gekommen und wieder verklungen waren. Erst dann wagte er es, sich vorsichtig aus dem Schatten zu erheben und geduckt zu uns zurückzuhuschen. Mit einer fahrigen, nervös wirkenden Bewegung, die seine Erschöpfung mehr als alles andere verriet, ließ er sich zwischen Rowlf und
    mir in die Hocke sinken, fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht und deutete mit dem Daumen zurück. »Ich glaube, wir können es riskieren«, murmelte er. »Es sind nur noch ein paar Blocks. Es wird dunkel.«

    Seine Art zu reden war noch abgehackter und schneller geworden als normal, und obwohl ich ihn im rasch schwächer werdenden Licht der Dämmerung nur als graufleckigen Schatten erkennen konnte, sah ich ihm seine Erschöpfung überdeutlich an. Wenn er sich bewegte, dann tat er es ruckhaft, starr; als wären an seinen Gliedern dünne Fäden befestigt, an denen ein unsichtbarer Puppenspieler zog.
    Müde blickte ich in die Richtung, in die er gedeutet hatte. Der Torbogen erschien mir wie ein finsterer Höhleneingang, und die Straße und die Häuser dahinter waren nur als blinkende matte Schemen zu erkennen, auf denen sich ab und zu flackernder Feuerschein brach, je nachdem, wie der Wind stand und die Schleier aus strömendem Regen aufrissen, die ununterbrochen auf die Stadt niederstürzten. Der Hafen brannte noch immer.
    Howard beugte sich vor, stützte sich mit der linken Hand am Rande einer der Tonnen ab, hinter denen wir Zuflucht gesucht hatten, und griff mit der anderen nach Rowlfs Schulter. Rowlf stöhnte. Seine Lider öffneten sich einen Spaltbreit, aber die Augen dahinter waren trüb, ihr Blick leer und glanzlos. Sein Gesicht glühte. In der trübgrauen Helligkeit sahen die Brandblasen darauf aus wie rote Pockennarben, und sein Schweiß roch schlecht und säuerlich. Howard hatte diesen verlassenen Hinterhof vor sechs oder sieben Stunden entdeckt, und seither verkrochen wir uns hier, wie Ratten, die vor der Katze flohen, unter Unrat und Müll verborgen, zitternd vor Kälte und Angst und erbarmungsloser gejagt als Tiere. Rowlf hatte ein paarmal das Bewußtsein verloren, in dieser Zeit. Er wachte immer wieder auf, aber der Unterschied zwischen den Perioden, in denen er halbwegs klar war oder fieberte und phantasierte, wobei er manchmal um sich schlug und im Fieber schrie, so daß wir ihn halten und mit Gewalt zum Schweigen bringen mußten, verschob sich langsam, aber unbarmherzig zu seinen Ungunsten.
    Der Anblick versetzte mir einen scharfen, schmerzhaften Stich. Ich kannte diesen großen, ständig zu lauten und ständig gereizt scheinenden Burschen jetzt seit drei Monaten, aber eigentlich war mir erst in den letzten Stunden klar geworden, wie sehr ich ihn mochte; in den Stunden, in denen ich frierend und zitternd vor Angst dagesessen und darauf gewartet hatte, daß es endlich dunkel wurde, und in denen ich hilflos zusehen mußte, wie er vor meinen Augen verfiel.
    »Er braucht einen Arzt«, sagte ich. Howard blickte kurz auf, sah mich einen Moment schweigend an und machte dann eine Kopfbewegung, die wie eine mißlungene Mischung aus einem Nicken und einer Verneinung aussah; wahrscheinlich sollte sie genau dies sein.
    »Ich weiß«, sagte er. »Aber er muß durchhalten, bis wir Bettyhill erreichen. Wenn uns auch nur eine Menschenseele sieht, solange wir noch in dieser Stadt sind ...«
    Er sprach nicht weiter, aber das war auch nicht nötig. Wir versteckten uns nicht aus Spaß wie gemeine Verbrecher in Hinterhöfen und Müllhaufen. Ein eisiger, kalter Zorn stieg in mir auf, als ich an die Ereignisse der letzten Tage zurückdachte. Als wir Durness erreicht hatten, vor ein paar Tagen, die mir jetzt, im Nachhinein, wie Jahre vorkamen, waren wir ganz normale ›Touristen‹ gewesen, Großstädter, auf die die Einwohner der kleinen nordschottischen Hafenstadt Durness mit einem gelinden Lächeln und der den Schotten eben üblichen Überheblichkeit herabblickten. Fremde, die sie verachteten und über die sie sich insgeheim vielleicht sogar amüsierten, wenn sie es nicht einmal merkten und
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