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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Patricia Cornwell
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nicht mein Problem. Es ist mir scheißegal, was Lamont zusammen mit dem Polizeichef ausbaldowert hat. Ich mache nicht mit, Punkt.«
    »Da der Mord in Watertown verübt wurde und es keine Verjährung für Mord gibt, wird es doch Ihr Problem, wenn der Fall wiedereröffnet wird. Wonach es ganz stark aussieht.«
    »Mord fällt in Massachusetts mit wenigen Ausnahmen wie Boston in den Zuständigkeitsbereich der State Police. Daran werden wir von euren Leuten regelmäßig erinnert, wenn ihr am Tatort auftaucht, die Ermittlung an euch reißt, obwohl ihr nicht die geringste Ahnung von irgendwas habt. Tut mir leid, Sie bleiben solo.«
    »Ach, Stump, stellen Sie sich doch nicht so an!«
    »Wir hatten heute Morgen wieder einen Banküberfall.« Sie rückt die Flaschen im Regal zurecht. »Der vierte in drei Wochen. Dazu Einbrüche beim Friseur, in Häuser, Autodiebstahl, Kupferklau, Gewaltdelikte. Hört nie auf. Ich bin ein wenig zu stark beschäftigt, um mich um Fälle aus Zeiten zu kümmern, als ich nicht mal geboren war.«
    »Derselbe Bankräuber?«
    »Immer dieselbe Leier: Gibt dem Kassierer einen Zettel, sackt das gesamte Bargeld ein, dann geht der Notruf über BAPERN raus.«
    Das Boston Area Police Emergency Radio Network. Über diesen Notfallfunk können die Beamten miteinander sprechen und sich gegenseitig helfen.
    »Im Klartext: Jeder verfügbare Streifenwagen taucht auf, alles voller Blaulicht und Sirenen. Am Tatort sieht’s aus wie bei einem großen Festumzug. Dann weiß dieser Bonnie-und-Clyde-Typ ganz genau, wo wir sind, und kann sich verstecken, bis wir alle wieder das Feld geräumt haben«, sagt Stump.
    Ein Kunde betritt das Geschäft.
    »Wie viel?«, fragt Win mit Blick auf die Flasche Olivenöl in seiner Hand.
    Weitere Kunden. Es ist fast fünf Uhr, die Leute kommen von der Arbeit. Bald wird hier kaum noch Platz zum Stehen sein. Des Geldes wegen arbeitet Stump mit Sicherheit nicht bei der Polizei. Win hat keine Ahnung, warum sie den Dienst nicht an den Nagel hängt und endlich anfängt zu leben.
    »Geb ich Ihnen zum Einkaufspreis.« Stump steht auf, geht in einen anderen Gang, nimmt eine Flasche Wein aus dem Regal, reicht sie Win. »Ist gerade frisch reingekommen. Sagen Sie mir, was Sie davon halten.«
    Ein Pinot Noir Wolf Hill von 2002. »Gern«, sagt Win. »Aber warum auf einmal so freundlich?«
    »Ich spreche Ihnen mein Beileid aus. Muss furchtbar sein, für diese Frau zu arbeiten.«
    »Während Sie mich bemitleiden, könnten Sie mir bitte etwas Schweizer Käse, Cheddar und Asiago geben, außerdem Roastbeef, Pute, Wildreissalat und Baguette? Und koscheres Salz, fünf Pfund bitte.«
    »Grundgütiger! Was machen Sie mit dem ganzen Kram? Laden Sie halb Boston zu einer Margarita-Party ein?« Stump steht auf und bewegt sich dabei so natürlich mit ihrer Prothese, dass Win fast vergisst, dass sie eine trägt. »Kommen Sie! Sie tun mir leid, ich gebe Ihnen einen aus«, sagt Stump. »Ich geb Ihnen mal einen kleinen Rat unter Kollegen.«
    Sie sammeln die leeren Kartons ein und bringen sie nach hinten ins Lager. Stump öffnet das Kühlhaus, holt zwei Diätlimos heraus und sagt: »Sie müssen sich auf das Motiv konzentrieren.«
    »Das des Mörders?«, fragt Win. Sie setzen sich an einen Tisch, neben dem sich Kartons mit Wein, Olivenöl, Essig, Senf und Schokolade türmen.
    »Nein, Lamonts.«
    »Sie müssen im Lauf der Jahre mit ihr an vielen Fällen gearbeitet haben, und trotzdem tut Lamont so, als würde sie Sie nicht kennen«, sagt Win.
    »Kann ich mir vorstellen. Ich vermute mal, Lamont hat Ihnen nicht von dem Abend erzählt, als wir uns so zugeschüttet haben, dass sie auf meiner Couch übernachten musste.«
    »Natürlich nicht. Sie hat ja privat nichts mit Cops am Hut, betrinken tut sie sich schon gar nicht mit denen.«
    »Als Sie noch nicht hier waren«, sagt Stump, die mindestens fünf Jahre älter ist als Win, »damals, in der guten alten Zeit, bevor ein Alien in Lamonts Körper kroch, war sie eine superharte Staatsanwältin, tauchte am Tatort auf, hing mit uns rum. Eines Abends nach einem Mord mit Selbstmord landeten wir beide im Sacco und tranken Wein. Wir waren so blau, dass wir die Autos stehenlassen mussten und zu Fuß zu mir gingen. Wie gesagt, sie schlief bei mir. Am nächsten Tag hatten wir beide so einen dicken Kopf, dass wir uns krankmeldeten.«
    »Hört sich an, als redeten Sie von einem anderen Menschen.« Win kann es sich beim besten Willen nicht vorstellen, hat ein mulmiges Gefühl im Bauch.
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