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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman
Autoren: Heyne
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allgegenwärtigen, nicht enden wollenden Regenfälle der vergangenen Tage. Die Tür öffnete sich, und Valenti kam heraus. Er war ziemlich bleich im Gesicht. Als er seinen Freund sah, nahmen seine Augen jedoch sofort wieder ihr spöttisches Funkeln an.
    »Ich habe dir etwas voraus«, sagte er mit einem zufriedenen Grinsen.

    Prospero runzelte die Stirn. »Und das wäre?«
    »Jeder, der etwas auf sich hält und der als ein anständiger Mensch gelten möchte, hat schon einmal in der Engelsburg gesessen. Der Held des Konzils von Trient, Kardinal Morone, und Deborahs Vater beispielsweise. Was ist mit dir, Prospero? Meinst du nicht, ein Aufenthalt in dieser ehrwürdigen Absteige wäre auch für dich an der Zeit?«
    Abwehrend hob Prospero die Hände. Sein Gesicht hatte bei der Vorstellung jegliche Farbe verloren. »Beschwör es nicht!«, schalt er seinen Freund. Ihm hatte schon die Stippvisite in einem gewöhnlichen Kerker Roms vollkommen genügt.
    Er trat einen Schritt auf Valenti zu und schloss ihn in die Arme. Dann packte er ihn an den Schultern und sah ihn eindringlich an. Eine Frage gab es da noch, die er nicht hatte aufklären können und die ihm nun - nach David von Fünens Tod - nur noch Valenti Gonzaga beantworten konnte. Unfähig, seine Neugier länger zu zügeln, fragte er:
    »So, nun wo alles überstanden ist, kannst du es doch sagen: Worum ging es bei deinem Streit mit David von Fünen?«
    Valenti zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Um Alchemie«, antwortete er dann in nüchternem Tonfall.
    Prospero sah ihn entgeistert an. »Um Alchemie?« Wollte der Graf ihn zum Narren halten?
    »Genau. Fünen - ganz nebenbei ein begeisterter Alchemist - behauptete, dass der tiefste Sinn der Kabbala im Finden des Steins der Weisen läge. Das habe ich als Aberglauben abgetan. Ich hielt ihm entgegen, dass sich in der Kabbala nicht Alchemie verberge, sondern die Sprache Gottes. Kurz und gut: Worte ergaben Widerworte, der Streit schaukelte sich hoch und schließlich war er zu Tode beleidigt,
dass ein Christ es wagte, einen Juden über die Kabbala zu belehren. Ich wiederum konnte es schlecht auf mir sitzen lassen, dass ich als Christ in seinen Augen von vornherein intellektuell deklassiert war.«
    Prospero konnte es nicht glauben. »Darüber wolltet ihr auf Leben und Tod kämpfen?« Es schien absurd, dass ein akademisches Problem die beiden hätte zu ihren Schwertern greifen lassen.
    Der Graf sah Prospero prüfend an. »Gibt es denn einen besseren Grund zu streiten als über das Denken?«
    Prospero verdrehte die Augen. »Valenti, mit Verlaub, du bist ein Trottel - wenn auch ein gelehrter Trottel.« Er hielt einen Moment inne, dann versetzte er seinem Freund einen Stoß in die Rippen. »Wenn ich eher gewusst hätte, dass Fünen Alchemist ist, dann wäre ich vielleicht eher auf des Rätsels Lösung gekommen.«
    »Aber auch nur vielleicht. Du weißt doch: Alles hat seine Zeit«, konterte Sylvio Valenti Gonzaga.
    Als kurz darauf Michele Santini aus Neapel zurückkehrte, wandten sowohl der Graf als auch Prospero sich an ihn, um die Beichte abzulegen. Das nahm einen ganzen Tag in Anspruch, und Michele wirkte danach ein wenig blass um die Nase.
    Geläutert und mit Gott versöhnt, verspürte Prospero Lambertini erst jetzt wieder eine Art inneren Frieden. Eine Bemerkung des Papstes verriet ihm allerdings, dass immer noch ein Damoklesschwert über ihm schwebte. Erlaubte er sich einen Fehltritt, drohte ihm die Versetzung in die kalabrische Provinz als Pastor der Chiesa San Rocco in Valenzano oder wie auch immer das verdammte Kaff doch gleich hieß.

Epilog
    B enedikt XIV. blickte wieder auf die Berichte über die Umtriebe der Vampire in Polen. Entschlossen schüttelte er den Kopf. Nein, es ließ sich nicht vertuschen, die Wahrheit musste ans Licht. Man durfte nicht die Angst vor einer Hysterie die Entscheidung treffen lassen. Vor dem Aberglauben schützt nur das Licht der Aufklärung. Ob sie nun vom Teufel kamen oder ob das Böse im Menschen selbst zu finden war - letztlich führten die verbrecherischen Leidenschaften der Menschen zu diesen Untaten. Sie nicht aufzuklären machte alles nur noch schlimmer.
    Er nahm einen Briefbogen und empfahl dem polnischen Erzbischof, in dessen Zuständigkeit der Fall lag, die Angelegenheiten von den Kriminalbehörden und den Ärzten untersuchen zu lassen und Priester, die ohne stichhaltige Beweise von Vampiren faselten, ihres Amtes zu entheben. Dann klappte er die Akte zu. Es war leicht, wie Albani zu
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