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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman
Autoren: Heyne
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den Zugang zu einem finsteren Gang. Prospero und Pepe zogen ihre Rapiere, während Giovanni mit
dem Öllämpchen den Tunnel beleuchtete. In seiner rechten Hand hielt er sein kurzes, aber scharfes Fischermesser mit seiner gefürchteten gezackten Klinge. Sie waren kaum ein paar Schritte gegangen, da wurde es heller, und Kampflärm drang an ihre Ohren. Sie beschleunigten ihre Schritte und standen plötzlich in einem hohen Verlies, das sie aber wegen des schlechten Lichtes nicht vollständig überblicken konnten. Prospero entdeckte zwei Männer, die miteinander fochten. Zu seiner Überraschung war der eine von ihnen David von Fünen und der andere Ignaz von Poelschau. Da griffen sie zwei pavianartige Kerle an, die Prospero merkwürdig vertraut vorkamen. Er erkannte einen von beiden an der eiternden Wunde an der Wange und der Beule auf der Stirn wieder. Wieder einmal bewies der schweigsame Katalane im Kampf seinen unschätzbaren Wert als Prosperos Leibwächter. Er erstach einen der Paviane ohne großes Aufheben und befreite den Hilfsauditor dann mit seiner Degenspitze von der Zudringlichkeit des zweiten Gehilfen. Prospero atmete tief durch. Er konnte mittlerweile kaum noch zählen, wie oft Pepe ihm schon das Leben gerettet hatte. Gemeinsam gingen die drei Männer tiefer in den Raum hinein.
    Auf einmal entdeckte Prospero eine zierliche Gestalt, die sich gegen die Verlieswand drückte. Das war sie, das musste sie sein - das Mädchen, für das er sich so geschunden hatte. Cäcilia. Ungeahntes Glück durchströmte ihn. Sie wirkte schwach, aber sie lebte. Großer Gott, sie lebte. Prospero sank innerlich auf die Knie und bat Gott, an dem er gezweifelt hatte, um Verzeihung. Dann überfiel ihn ein anderer Gedanke: Wenn das der Kerker der Mädchen war, wo war dann Deborah?
    In diesem Moment brach David von Fünen zusammen,
und Poelschau zog sein Rapier aus dem Oberkörper des Prager Rabbinersohns. Cäcilia schrie auf und stolperte vorwärts. Schon wollte der Reitlehrer auch das Mädchen erstechen, da stürzte Pepe auf ihn zu und schlug geistesgegenwärtig die Degenspitze Poelschaus weg. Die beiden begannen zu fechten. Prospero war mit wenigen Schritten bei dem Mädchen und bückte sich zu ihm.
    »Bist du Cäcilia Velloni?«
    »Ja«, hauchte sie.
    »Ich bin Prospero Lambertini, ein Freund deines Bruders.«
    »Ich kenne deinen Namen«, sagte Cäcilia, bevor sie in Tränen ausbrach. Er nahm sie in seine Arme und wiegte sie beruhigend. »Du bist jetzt in Sicherheit.«
    Pepe indes machte nicht viel Federlesen, sondern wandte eine seltene Finte an und stieß Poelschau das Rapier in die Stirn. Dem quollen die Augen fast aus dem Gesicht, bevor er leblos zusammenbrach. Giovanni, der die sich überschlagenden Ereignisse nur hilflos beobachtet hatte, trat zu Pepe vor und klopfte ihm anerkennend und erleichtert auf die Schulter. Er mochte als Tiberfischer zwar so einiges gewöhnt sein, doch jetzt wirkte er ein wenig zittrig.
    »Ist hier noch jemand? Ist Deborah hier?«, fragte Prospero Cäcilia, die nur schwach den Kopf schüttelte. Sie durchsuchten das ganze Verlies, fanden auch den Käfig, aber auf Deborahs Anwesenheit wies nichts hin. Hier war sie nicht, so viel stand fest.
    Pepe nahm Cäcilia auf seinen Arm, weil sie zu schwach zum Gehen war. Sie kehrten in den Saal zurück und stießen unvermittelt auf die Gräfin. Sie stand in einen Bademantel gehüllt vor einer der Wannen und hatte ihnen den Rücken zugewandt.

    »Ich habe Sie in Marburg vermisst, Elisabeth, Ihr Grab war leer«, rief Prospero ihr zu.
    Die Gräfin fuhr überrascht herum, fing sich aber sogleich wieder und maß Prospero mit kaltem Blick. »Dann wissen Sie ja, dass man mich nicht aufhalten kann. Also geben Sie mir das Mädchen, und verschwinden Sie. Sie werden doch einer Dame nicht beim Bad zusehen wollen?«
    Langsam ging Prospero auf sie zu. Seit Beginn der Ermittlungen hatte er geahnt, dass es auf ein persönliches Duell mit dem Bösen hinauslaufen würde. Dass der Teufel ihm aber in Gestalt eines Weibes gegenübertreten würde, damit hatte er anfangs nicht gerechnet.
    »Was treibt einen Menschen wie Sie nur an?«, fragte Prospero sie mit möglichst gefasster Stimme. »Oder sind Sie vielleicht gar kein Mensch? Ein Mensch wäre doch zu derartigen Abscheulichkeiten gar nicht fähig. Haben Sie einmal an die Mädchen gedacht? An deren Hoffnungen und Wünsche? An ihre Eltern und Geschwister, deren Leben Sie zerstört haben?«
    Die Gräfin sah ihn gelangweilt an. »Man hat
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