Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Sie mir als geistreich geschildert. Was sollen die Banalitäten, Lambertini?«
    Prospero wusste, dass sie ihn provozieren wollte, und genau das durfte er nicht zulassen. Dann hätte sie gewonnen.
    Er durfte nicht in die gleiche Falle laufen wie Valenti. Sie hatten erst gesiegt, wenn sie diese Frau unschädlich gemacht hatten. Dabei war es gleichgültig, ob sie nun die von den Toten aufgestandene Elisabeth von Bartaszoly oder Maria Konstanza von Stamitz war.
    »Ist der Tod für Sie eine Banalität?«, gab er ruhig zurück.
    »Warum fragen Sie, Sie wissen es doch.« Die Gräfin legte
den Kopf schief und warf ihm einen herausfordernden Blick zu.
    »Und die ewige Jugend? Auch nur eine Banalität?«
    Sie lächelte ihn lasziv an. »Nein. Sie ist das Gegenteil vom Tod.«
    »Ich verstehe. So lange Sie jung sind, sterben Sie nicht.«
    »Kompliment, mon cher. Sie haben es begriffen. Altern ist Sterben, wer jung bleibt, stirbt nicht. Wissen Sie, wie das ist, wenn die Haut schlaff wird und der Atem nach Verwesung stinkt? Wenn der Körper mit seinem matten Fleisch zum vorzeitigen Sarg wird?«
    »Es kann nicht schlimm sein«, sagte Prospero bestimmt.
    Maria von Stamitz zog die Augenbrauen hoch. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil es Gottes Ordnung ist.«
    »Gott?«, rief sie und brach in schallendes Gelächter aus. »Sind Sie noch bei Trost? Kommen Sie mir nicht mit Gott!«
    Prospero stand jetzt dicht vor ihr. »Wo ist Deborah?«, fragte er, jedes Wort betonend.
    Sie lachte ihm ins Gesicht. »Als Sklavin ins Morgenland verkauft. Ich finde die muslimischen Sklavenhändler originell. Sie nicht?« Sie machte eine ruckartige Bewegung nach vorn, doch im gleichen Moment hatte Prospero auch schon blitzartig ihren Arm gepackt und schmerzhaft auf den Rücken gedreht. Das Messer, das sie in der Hand gehalten hatte, fiel ins Wasser. Trotz seiner Angst um Deborah und seiner nur mühsam beherrschten Wut auf die Gräfin hatte seine Intuition ihn nicht im Stich gelassen. Er hatte ihren Angriff kommen sehen.
    »Wir werden diesen düsteren Ort jetzt verlassen, um uns zu unterhalten. Und dann werden Sie mir sagen, wie ich Deborah finden kann!«, presste Prospero zwischen seinen
Zähnen hervor und zerrte die Gräfin hinter sich her zur Tür. Die anderen folgten stumm. Erneut liefen sie eine Wendeltreppe hinauf. An deren Ende gelangten sie durch eine unverriegelte Tür in ein Schlafzimmer. Prospero zog die Gräfin mit sich zum Fenster. Sein Blick fiel auf einen Brunnen inmitten einer Parkanlage. Die Farnesina. Er erinnerte sich, dass an dieser Stelle der beste Freund des Kaisers Augustus, Agrippa, eine Villa errichtet hatte. Sie zerfiel und geriet in Vergessenheit. Mehr als tausend Jahre später hatte Baldassare Peruzzi für den Bankier Chigi an der gleichen Stelle diesen Palast erbaut. Was weder Bauherr noch Baumeister wussten, war, dass sie das Gebäude über den versunkenen Welten des Agrippa errichtet hatten. Und ausgerechnet hier hatte die Gräfin ihr schauerliches Refugium gefunden.
    Sie bat um ein Glas Wein, dann würde sie sprechen. Prospero gestattete es - alles war ihm recht, wenn er der Frau nur mehr Informationen über Deborah entlocken könnte -, und die Gräfin rief nach ihrem Diener. Sie leerte den Roten in einem Zug und sah Prospero dann zufrieden an.
    »Ich habe Sie vorhin belogen«, sagte sie. »Nur vor dem Altern fürchte ich mich, nicht aber vor dem Tod.« Aus ihren Mundwinkeln quoll Schaum, dann brach sie zusammen.

62.
    P rosperos hatte die Leiche der Gräfin Benjamin zur Obduktion übergeben. Nach allem, was er in der jüngsten Vergangenheit erlebt hatte, wollte er sichergehen, dass sie wirklich tot war und er nicht das Opfer einer ihrer Listen wurde. Dann ritt er mit Pepe nach Ostia, zu Roms Überseehafen.
    Wenn die Gräfin Deborah wirklich an Sklavenhändler verkauft hatte, dann würde sie von hier aus nach Afrika verschifft werden - wenn es nicht schon geschehen war. Als er an einem Schoner vorbeiging, fiel ihm ein kräftiger, wettergebräunter Seemann auf, der ihm bekannt vorkam. Prospero betrat von einem misstrauischen Pepe gefolgt über die Reling das Schiff.
    Der Wettergebräunte schaute argwöhnisch zu ihnen herüber, dann ging ein Lächeln über sein breites Gesicht. »Ah, der Dottore Lambertini. Haben Sie Ihren Vampir gefunden?«
    »Habe ich«, bestätigte Prospero knapp. »Aber verrate mir, mein lieber Knastbruder...«
    »Nicht so laut!«, fiel ihm der Schmuggler ins Wort. »Es könnte ja noch jemand auf die Idee
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher