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und der verrueckte Maler

und der verrueckte Maler

Titel: und der verrueckte Maler
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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wenn ich an meine Briefmarkensammlung denke«, fing Titus Jonas wieder an. »Ich darf wohl sagen, sie ist von beträchtlichem Wert.« Er zwirbelte an den Enden seines schwarzen Schnurrbarts.
    Peter hatte noch nie davon gehört, dass Justus’ Onkel Philatelist war. Wahrscheinlich, dachte Peter und unterdrückte ein Grinsen, hält Mr Jonas die blaue Mauritius eher für eine seltene Meeresalge als für die Königin der Briefmarken.
    »Natürlich«, sagte Onkel Titus, »will man als leidenschaftlicher Sammler diese wunderbaren Objekte um sich haben und sie nicht in die Obhut einer Bank geben.«
    »Verstehe«, sagte Mr Ashley. Jetzt glaubte Peter, in seinen Augenwinkeln ein leises Zucken wahrzunehmen.
    »Die Frage ist, wann Ihr Unternehmen liefern könnte«, sagte Onkel Titus fröhlich.
    »Das hängt ganz davon ab, für welchen Typ Sie sich entscheiden, Mister –«
    »Hillary«, erwiderte Titus Jonas ohne jedes Zögern. Er hat sich wirklich prächtig auf seine Rolle vorbereitet, dachte Peter erleichtert. Aber das Entscheidende lag ja noch vor ihnen. Irgendwann musste Titus Jonas zur Sache kommen.
    »Nun«, sagte er in diesem Augenblick und wies auf das Gemälde, das über dem Haupt von Silberhaar die Wand des Allerheiligsten zierte und auf ziemlich gelber Wiese eine Herde ziemlich gelber Kälber zeigte, »er muss nicht so groß sein wie der Safe, in dem Sie dieses Kunstwerk unterbringen würden.« Peter fand die Kurve, die Onkel Titus da nahm, nicht besonders elegant. Aber immerhin, es war besser als nichts.
    »Meinen Sie, dass es ein Kunstwerk ist und in einen Safe gehört?«, fragte Mr Ashley gleichmütig. »Es ist von mir.«
    »Von Ihnen?« Onkel Titus war entgeistert und konnte es nicht verbergen. Mr Ashley, in seinem feinen Anzug und mit seinen ebenso feinen Manieren, passte offenbar überhaupt nicht zu seiner Vorstellung von einem Maler.
    »So ist es. Alle Gemälde, die Sie hier in den Büros sehen, habe ich selbst gemalt.« William Ashley teilte das so beiläufig mit, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt, dass der Chef einer Firma wie Safer Security Limited riesige Landschaftsschinken malte. »Und Ihnen gefallen sie?«
    Wäre Onkel Titus nicht so verwirrt gewesen, hätte er das Mitleid bemerkt, das in Ashleys Stimme mitschwang. Aber so hatte er den Faden verloren und wirkte mehr wie ein Boxer, der lange nach Punkten geführt hatte und mit einem Mal ziemlich viel Prügel einstecken musste.
    »Doch, ja«, sagte Onkel Titus. Nur gut, dachte er im selben Augenblick, dass Mathilda das nicht hört. Plötzlich wünschte er sich sehnlichst zurück auf seinen Schrottplatz in Rocky Beach.
    Peter fand, dass es Zeit wurde, sich einzuschalten. »Offen gesagt, mein Geschmack ist es nicht«, sagte er tapfer und lächelte Silberhaar versöhnlich zu.
    »Meiner auch nicht«, sagte der und lächelte seinerseits zu Titus Jonas hinüber. Jetzt war auch Peter verblüfft. Ashley genoss die Verwunderung seiner Besucher, aber er triumphierte nicht.
    »Sie fragen sich natürlich, warum ich etwas male, was nicht meinem Geschmack entspricht«, sagte er dann. »Es ist so eine Art Fingerübung. Um zu sehen, ob ich das Handwerkliche noch beherrsche. Und eine kleine, nun ja, eine Marotte von mir ist, dass ich immer dasselbe idyllische Motiv nehme.« Silberhaar zeigte unablässig sein feines Lächeln. »Die Malerei, die mich wirklich interessiert«, fuhr er fort und zögerte einen Moment, als wüsste er nicht, ob er weitersprechen sollte, »hängt in meinem Atelier, sozusagen.«
    »Und das steht hier irgendwo in Los Angeles, im Dachgeschoss eines Altbaus, mit weitem Blick über die Stadt«, klopfte Peter auf den Busch.
    »Nicht doch, junger Freund«, sagte Ashley. »Es ist dreißig Meilen von hier entfernt. Einsam und verlassen und direkt in einer Bucht, nordwestlich von Santa Barbara.«
    »Ich kenne die Gegend wie meine Westentasche«, log Peter. »Ich bin bestimmt schon oft daran vorbeigefahren.«
    »Wohl kaum. An dieser Stelle ist die Küste so felsig und steil, dass die Straße in zwei Meilen Entfernung im Landesinneren verläuft. Zu meinem Haus komme ich meistens per Boot.«
    »Und da sitzen Sie und malen moderne Sachen?«, fragte Onkel Titus teilnahmsvoll. Er hatte sich ein wenig erholt und wollte das Feld nicht ganz räumen. »Natürlich nur, wenn Ihnen die Firma die Zeit dazu lässt.« Der Millionär Hillary nickte dem Firmenchef Ashley verständnisvoll zu.
    »Ganz recht, Mister –«, sagte Ashley.
    »Wie bitte?«,
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