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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
Autoren: Walter Kempowski
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ans Bett gefesselt, und er wurde nur achtundfünfzig Jahre alt: Sein Leben war ein einziges Wundreiben, an seiner Kindheit und
an seinem Land. Zunächst sang er noch durchaus heimatverklärende Elogen. Die österreichischen Verhältnisse, für die in unserer Zeit das Grubenunglück von Lassing ein bezeichnendes Beispiel ist, reizten ihn dann aber zu immer neuen Verwünschungen, von Buch zu Buch, von Stück zu Stück. »Die Mimose verletzte gern und zielgenau«, so hat es Ulrich Weinzierl ausgedrückt. Die Österreicher vergalten es ihm mit Haß, mit Skandalen und Prozessen. Der Träger des vaterländischen Staatspreises wurde zum Staatsfeind und Nestbeschmutzer, und während seine Stücke am Burgtheater unter Peymann Triumphe feierten, wurde Bernhard auf der Straße von aufgebrachten Bürgern attackiert.
    Wie so manchem seiner Landsleute öffnete sich ihm das deutsche Publikum bereitwilligst. Das Fernsehen verbreitete seine Stücke dankenswerterweise immer wieder bis in die letzte Wohnstube. Zwanzig Jahre lang hat er Dramen geschrieben, wie besessen, unter Produktionszwang, manches Jahr noch einen Roman dazu. Nicht sein geringstes Verdienst ist es, den Konjunktiv, die indirekte Rede wieder literaturfähig gemacht zu haben. Thomas Bernhard, der neben Beckett wohl »düsterste Prophet der Gegenwartsliteratur« (Reinhard Tschapke), nahm eine Sonderstellung ein: Sein immer gegenwärtiger Tod bestimmte die Thematik seiner Werke, aber auch grotesker Humor, kunstvoll entfachter Zorn, eine Prosa der Beschimpfungen. Er war einer Mischung aus »Tod, Musik und Gelächter« (Georg Hensel) verfallen.

    Thomas Bernhard, der in seiner Jugend so unbehaust war, kaufte später alte Bauernhöfe und renovierte sie. Es gibt einen Film, in dem man ihn in seinen großen, weißgekalkten Räumen umhergehen sieht. Unheilbar krank, schrieb der Einzelgänger meistens im warmen Süden, in Jugoslawien, Portugal, auf Mallorca, von Helferinnen umsorgt, und neben der Praxis seines Halbbruders, einem Internisten, hatte er eine kleine Wohnung. Ein schwerer Herzanfall schwächte ihn am Ende derart, daß er kaum noch die Zeitung halten konnte. Wenige Stunden nach dem vierzigsten Todestag seines Großvaters ist er gestorben. Bleibt die Erinnerung an ein Fernsehporträt, in Hamburg aufgezeichnet: Er sitzt auf einer weißen Bank unter einem großen Baum. Dort sitzt er heute noch.

Tania Blixen
    Am Ende ihres Lebens lag Tania Blixen, die große dänische Schriftstellerin, die nicht nur Hemingway für nobelpreiswürdig hielt, in ihrem Arbeitszimmer auf dem Boden, von großen Schmerzen gepeinigt, und diktierte ihrer Sekretärin letzte Erzählungen. Exzentrisch war sie, in einer Weise, wie das in Deutschland ganz undenkbar wäre. Ganze Tage lag sie ketterauchend im Bett. Mit über siebzig hatte sie noch einen jungen Freund! Im Park ihres Gutes Rungstedlund am Öresund liegt sie unter einer alten Buche begraben, ein Holzkästchen mit afrikanischer Erde im Sarg.
    Eigentlich hieß sie Karen Christence Dinesen. Sie war die Tochter eines dänischen Hauptmanns und Schriftstellers, der als junger Mann einige Jahre in Amerika unter Indianern gelebt hatte. Sie studierte an der Kunsthochschule im nahen Kopenhagen Malerei, unternahm Reisen nach Paris und Rom und heiratete den Schlagetot Baron Bror Blixen-Finecke, mit dem sie 1914 nach Kenia ging. In der Nähe von Nairobi betrieben sie eine Kaffeefarm, hundert
Meilen südlich des Äquators, »am Fuße der Ngongberge«. Das Herrenleben – befreundet war sie mit dem General von Lettow-Vorbeck – war ganz nach ihrem Geschmack. Man fühle sich auf Safaris, als ob man eine halbe Flasche Champagner getrunken habe, hat sie gesagt. Aber die Fotos von ihr und den Ihren, alle in Weiß mit Tropenhelm – ein Kikuju-Diener wartet sklavisch in der Nähe, das Tablett mit Gläsern in der Hand –, wirken heute doch recht anstößig. Das macht wohl das veränderte Bewußtsein unserer Tage.
    Ihr Mann, der berüchtigte Löwenjäger Blixen, der, wie es heißt, einen Schwarzen zu Tode peitschen ließ, weil der sich auf sein Pferd gesetzt hatte, erwies sich als unzuverlässig, besonders in Sachen ehelicher Treue. Er »hurte« herum und holte sich prompt die Syphilis, womit er dann auch seine Frau infizierte. Karen Blixen litt zeitlebens an den Folgen dieser Krankheit. Sie trennte sich von ihm, übernahm die Leitung der Plantage und tröstete sich mit dem englischen Aristokraten Denys Finch Hatton, den sie als »leibhaftiges Ideal«
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