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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
Autoren: Walter Kempowski
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bezeichnete. Gemeinsam hörten sie Schubert-Lieder auf einem alten Grammophon. Im Jahre 1931 kam er zu ihrem Kummer bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Auf ihrem Schreibtisch steht noch heute in silbernem Rahmen eine Fotografie von ihm. Da in der Weltwirtschaftskrise die Kaffeepreise sanken, mußte der Besitz versteigert werden.
    Die Baronesse kehrte zu Mutter und Tante nach
Rungstedlund zurück. Von ihrem Arbeitszimmer, in dem hundertfünfzig Jahre zuvor der berühmte dänische Lyriker Johannes Ewald gewohnt hatte, blickte sie über die See hin bis zur schwedischen Küste.
    Hier schrieb sie – »weil ich nichts gelernt und kein Geld hatte« – an den Erinnerungen weiter, die sie in trostlosen Regenzeiten bereits in Afrika begonnen hatte. Das Buch erschien 1937 unter dem Titel »Out of Africa« zuerst auf Englisch. Die dänische Übersetzung, die sie selbst anfertigte (»Den afrikanske farm«), folgte im selben Jahr. Die erste deutsche Ausgabe trug den Titel »Afrika – dunkel lockende Welt«.
    Sie schilderte die Menschen, die Tiere und die Landschaft Kenias mit großer Zuneigung und brachte ihren Zeitgenossen die fremdartige Welt des schwarzen Kontinents nahe, der sie selbst bis zu ihrem Tod verfallen war. Ihr Werk hatte großen Erfolg und führte Dänemark, wenn man das so ausdrücken kann, in die Weltliteratur zurück. 1985 wurde »Out of Africa« von Sydney Pollack an Originalschauplätzen verfilmt.
    Tania Blixen gehört zu den großen Schriftstellerinnen unseres Jahrhunderts wie Virginia Woolf, Katherine Mansfield oder Doris Lessing.

Giovanni Boccaccio
    Boccaccio: In den Bleikammern von Venedig hat er nicht gesessen, aber im Bücherschrank meiner Eltern stand er in der hinteren Reihe, und das nicht etwa, weil man ihn geringgeachtet hätte. Ein Leckerbissen für Bibliophile, ledergebunden mit Goldschnitt und das Lesebändchen arg abgenutzt. Als Schüler nahm ich das mit wollüstigen Zeichnungen verzierte Buch zur Hand und war bitter enttäuscht. Da griff ich mir doch lieber gleich die Reklameschriften des FKK-Kreises.
    Boccaccio wurde als unehelicher Sohn eines Florentiner Kaufmanns und einer französischen Adligen im Jahr 1313 bei Paris geboren. 4 Früh mußte er in das Geschäft seines Vaters eintreten. Dann studierte er in Neapel die Rechte und die damals wiederentdeckte Antike. Mit einer Hofdame des Königs von Neapel hatte er ein eindrucksvolles Liebeserlebnis: Er begann zu dichten, Lobpreisungen
der Angebeteten, übertrug die Geschichte von Floris und Blancheflor ins Italienische und schrieb einen Schäferroman mit dem Titel »Ameto«. Als ihn die Hofdame, eine verheiratete Frau und Mutter, fallenließ, rächte er sich mit einem Roman (»Fiammetta«), fiktiven Aufzeichnungen einer Frau, der ein treuloser Geliebter (Boccaccios Alter ego) das Herz bricht.
    Nach dem Tod seines Vaters trat er in Florenz sein Erbe an, war für seine Heimatstadt in diplomatischen Missionen unterwegs, einmal sogar bei Papst Urban V. in Avignon. Er hielt in einer Kirche Vorlesungen über Dante und schrieb lateinische Handbücher über Mythologie und antike Erdkunde sowie etliche Folianten über Schicksale berühmter Männer. Ein Fresco in der Villa Carducci in Legnaia zeigt noch heute seine Abbildung.
    Im Alter litt er unter Fettleibigkeit, so berichten die Quellen. Wassersucht behinderte seine Bewegungen, und Anfälle von Hautausschlägen und hohem Fieber setzten ihm zu. Auf seinem Landgut Certaldo erreichte ihn die Nachricht vom Tode Petrarcas, mit dem er gemeinsam humanistische Studien betrieben hatte. Ein letztes Sonnett war der Erinnerung an diese Freundschaft gewidmet.
    Giovanni Boccaccio war der Schöpfer der europäischen Novelle (Rahmenerzählung, Pointe!). Sein »Dekameron«, das Zehn-Tage-Werk, das zwischen 1348 und 1353 entstand, gilt als Ursprung der italienischen Prosa und hat die Weltliteratur entscheidend beeinflußt.

    Vor dem Hintergrund der in Florenz wütenden Pest, die auch Boccaccios Vater und zahlreiche Freunde hinwegraffte, wird eine Gesellschaft junger Adliger geschildert, die vor der Seuche auf ein idyllisches Landgut geflohen sind. Sieben Damen und drei Herren erzählen einander nach dem Essen an zehn Tagen jeweils zehn Geschichten. (Die alte heilige Zahl zehn nach Dantes hundert Gesängen der »Göttlichen Komödie«.)
    Das vorherrschende Thema der Erzählungen ist die Liebe in all ihren Variationen. Jeder Tag hat seinen Schwerpunkt, beispielsweise Liebeseroberungen, unglückliche Liebe, eheliche
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