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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
Autoren: Walter Kempowski
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natürlich den Bremer Literaturpreis, den Georg-Büchner-Preis und den Geschwister-Scholl-Preis, den Nationalpreis der DDR gleich zweimal, den italienischen Mondello-Preis, in den Rang eines Officier des Arts et des Lettres erhob man sie in Frankreich, amerikanische Hochschulen bedachten sie mit seltenen Auszeichnungen. Den Braunschweiger Wilhelm-Raabe-Preis hat sie 1972 ausgeschlagen. Noch vor dem Fall der Mauer hielt sie Poetikvorlesungen in Frankfurt am Main, und Wilfried F. Schoeller vom Hessischen Rundfunk sah man mit ihr Kaffee trinken, und zwar ziemlich stundenlang: Meißner Zwiebelmuster. Es gab einen regelrechten Kult um diesen Liebling aller Studienräte.
    Ihr erster Roman, »Der geteilte Himmel«, gehörte in den siebziger und achtziger Jahren auch in unseren Schulen zum »neuen« Lektürekanon. Bundesdeutsche Jugend sollte mal was Richtiges über Nachkriegsgeschichte lernen. Das Buch erregte großes Aufsehen. Im Jahr des Erscheinens sollen bereits hundertsechzigtausend Exemplare gedruckt worden sein. Es wurde in mehrere Sprachen übersetzt und von einem weiteren Namensvetter, Konrad Wolf, verfilmt.

Virginia Woolf
    Virginia Woolf – war sie schön? Was ist Schönheit? Ein heller Glanz von innen … Als Tochter eines Literaten und Biographieforschers ist sie mit drei Geschwistern aufgewachsen, mit schlimmen sexuellen Erfahrungen behaftet. Mit ihrem Ehemann, einem Cambridgeabsolventen und verabschiedeten Kolonialbeamten, gründete sie einen Verlag, die Hogarth Press. In ihrem Haus setzte und druckte sie die Bücher selbst, übrigens immer in Geldnot. Romane hat sie geschrieben, Erzählungen, Kritiken und Essays. Mit Joyce und Proust hat man ihre Werke verglichen. Immer war sie von psychischen Krisen geschüttelt. 1941 steckte sie sich einen Stein in die Tasche und ging ins Wasser. Am Ufer fand man ihren Spazierstock.
    Ich sehe sie mit langer Zigarettenspitze hingegossen auf einem Korbstuhl im Garten sitzen, zwischen den nachlässig gekleideten Freunden der Bloomsbury Group, die sich in verschiedenen Stühlen lagern, daneben steht ihre kleine Nichte Angelika.
    Dann tritt Harold Nicolson ganz in Tweed gekleidet in
ihr Zimmer, und sie amüsiert sich, weil er sich als Schriftsteller geriert.
    Es gibt eine Schilderung, wie sie 1935 auf einer Europareise mit ihrem schmalgesichtigen, pfeiferauchenden Mann und einem Krallenäffchen im Fond über die leere, von Soldaten abgesperrte Landstraße von Köln nach Bonn fährt. Göring war statt ihrer erwartet worden, und die Bevölkerung freute sich über das putzige Tier. Geschichten! Geschichten! Schon im ersten Krieg schmissen Zeppeline Bomben in ihre Gegend, im zweiten schrie Hitlers Stimme aus ihrem Radio, in diesem Haus einzigartiger kultureller Atmosphäre. Im September 1940 wurde es bei einem Luftangriff auf London zerstört.
    Keinen Filmstreifen gibt es von ihr, und keine Tonbandaufnahme überliefert ihre Stimme. Phantastische, hinreißende Tagebücher hat sie geschrieben, deren postume Veröffentlichung eine Sensation war. Wir blättern weiter in den Bildbänden … Mit der langbeinigen, edlen Vita Sackville-West, der Ehefrau von Harold Nicolson, war sie erotisch verstrickt. Die Freundin hatte sie vor Augen, als sie »Orlando« zu schreiben begann, eine fiktive Biographie, in der sie gleichwohl Ereignisse aus der Familiengeschichte der Sackvilles darstellte, eine dolle Story, die sich vom 16. bis ins 20. Jahrhundert erstreckt.
    Heutzutage, da junge Frauen ihre Proportionen in häßlichen Hosen und zerlumpten Pullovern bergen, die Haare zerrupft, als ob die Mäuse darin gewohnt hätten, ruht unser
Blick mit Wohlgefallen auf ihren großen, weißen Hüten und ihrer Gestalt, die endlos langen Beine übereinandergeschlagen in feingefältelten Kleidern. Ja, blättert nur in den Bildbänden. Ähnliches werdet ihr in Deutschland nicht finden. Und das ist unser ganzer Kummer.

Stefan Zweig
    Stefan Zweig war der Sohn eines böhmischen Textilfabrikanten, und er war reich, steinreich, Hugo von Hofmannsthal soll einem Ondit zufolge den boshaften Spitznamen »Erwerbszweig« für ihn erfunden haben. Er besaß einen Palast, das »Paschinger-Schlößl« auf dem Kapuzinerberg bei Salzburg. Nur eine schmale Stiege mit über hundert Stufen führte hinauf. Fotos gibt es, wo er auf der Terrasse steht im Frack, seine Gäste erwartend. Im Sommer kamen viele Schaulustige: Zweig wollte an der Sonnenuhr im Park die Verse anbringen lassen: »Die Sonne hält nur kurze Rast/ – nimm dir
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