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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
Autoren: Walter Kempowski
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Liebe und angesichts der Todesbedrohung auch die naive Liebe zum Leben. Die Novellen sind heiter und ernst, erbaulich und frivol. Erzählungen wie die Ringparabel oder die Falkennovelle sind später von Lessing oder Paul Heyse aufgegriffen worden. Goethe hat in seinen »Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten« an das Erzählmodell angeknüpft, in die Zeit der Französischen Revolution verlegt.

Heinrich Böll
    Zu meinem großen Bedauern ist es zwischen Heinrich Böll und mir nie zu einem Gedankenaustausch gekommen. Ich hatte den Eindruck, als wiche er mir aus. Das ist sehr schade, denn ich habe ihn als Repräsentanten europäischen Schriftstellertums immer sehr hochgeschätzt. Wenn auch die Folgen seiner Intentionen uns nicht immer zum Segen gereicht haben. So war die wohl von ihm ausgegangene Eingliederung der biederen Schriftstellervereine in die Gewerkschaft Druck und Papier ein groteskes Unternehmen. An die Stelle von Autorengesprächen, die ja allerdings auch im PEN keine Rolle mehr spielen, traten Tarifdiskussionen.
    Er war wohl das, was man einen guten Menschen nennt. Peter Hacks meinte, er habe die Augen eines Thurber-Hundes.
    Seine Hilfsbereitschaft war bekannt. Es heißt, daß er sogar Menschen aus dem Osten über die Grenze geschmuggelt habe.
    Wir sehen ihn mit dem anderen Nobelpreisträger vor
seinem Haus stehen 5 , zum Seehund verändert durch einen grauen Schnauzbart, und wir sehen ihn aus der Hand des schwedischen Thronfolgers die begehrte Medaille entgegennehmen. In seiner Dankesrede, die sich mit der deutschen Nachkriegsliteratur befaßte, erwähnte er die Gruppe 47 mit keinem Wort.
    Katholik von Herzen und auch wieder nicht – an die Ostfront meldete er sich freiwillig, weil er sich das »mal angucken« wollte, ein Faktum, das nachfolgende Generationen wohl nicht verstehen werden, genausowenig wie die Tatsache, daß die Scholls Hitlerjugendführer waren. Die Frage ist nur, ob es für Böll noch generationenlang Leser geben wird. Ich fürchte nicht, auch wenn kein Lesebuch in deutschen Schulen ohne ihn auskommt, auch wenn er zum eisernen Bestand aller Lehrpläne gehört.
    Schöne Titel haben seine Bücher, die sich leider auch dazu eignen, ihn lächerlich zu machen: »Ansichten eines Clowns«. Sie sind oft hölzern und nahzielig konstruiert. Man merkt die Absicht und läßt es bleiben. In seinen kleineren Sachen blitzt ab und zu sein Talent auf. Ob so was zum Nobelpreis reicht, ist nicht unsere Sache. Unendlich oft, litaneiartig, wurden seine Romane rezensiert, selbst von Augstein im »Spiegel«. Wir können hier darauf verzichten, uns darüber weiter auszulassen. Ein DDRLiteraturlexikon
von 1983 hebt als Gründe für die große Resonanz, die er gefunden hat, hervor: konsequenten Antifaschismus, die Achtung vor den arbeitenden Menschen, die Auffassung, daß sie in ihrer Alltäglichkeit literaturwürdig seien.
    Hans Werner Richter hat von seiner ausgeprägten Liebe zum Geld gesprochen, was eigentlich nicht erwähnenswert ist, wer liebte das Geld nicht. Konnte er Auto fahren? Ja, Citroën. Immer rauchend, immer ohne Schlips, immer bedächtig sprechend, immer im Vordergrund und sich aber auch leise zurückziehend, wenn es Zeit war. Trank er? Zusammen mit Walter Jens hat er sich vor dem Raketenzaun in Mutlangen in allen Ehren wegtragen lassen. Der Verfassungsschutz gab ihm die Ehre, sein Haus bei Nacht und Nebel zu stürmen, weil man unter den Gästen Terroristen vermutete.

Emily Brontë
    Wer kennt es nicht, das eine, einzige Gemälde: die drei Schwestern Anne, Emily und Charlotte. Im Hintergrund ist der Bruder, ein hoffnungloser Fall von Alkoholiker, weggeschabt. Es ist Arno Schmidt zu verdanken, uns die Bedeutung der grauen Schwestern wieder ins Bewußtsein gerufen zu haben.
    Das öde Hochmoor, vor Nässe triefende Bäume, die düstere Pfarrei in Haworth, Yorkshire, mit den schiefen Grabsteinen, und darinnen die drei Schwestern, ein Weltreich der Phantasie errichtend wie in Macphersons »Ossian« oder Tolkiens »Herr der Ringe«. Nebenan der hustende Vater hat nichts geahnt. Immerhin war er es gewesen, der durch das Geschenk von zwölf Holzsoldaten alles in Gang gesetzt hatte. Die Schwestern ließen sie als junge Abenteurer an der Küste Westafrikas landen und eine »Glasstadt« bauen. Die Hefte, in denen sie ihre Staaten Angria und Gondal gründeten, Schlachten schlugen, Revolutionen anzettelten, sind teilweise erhalten geblieben. Mit Aquarellen und Zeichnungen waren sie illustriert.
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