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Überraschung kommt selten allein

Überraschung kommt selten allein

Titel: Überraschung kommt selten allein
Autoren: D Holt
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soll das heißen?«
    »Dass ich einfach zu blöd bin, mich richtig auszudrücken?«, schlug Tony vor.
    »Das kannst du laut sagen. Ich habe dir ganz genau zugehört, und es tut mir leid, dass mein Vater diese dummen Sachen gesagt hat, aber Tatsache ist, wenn Lydia plötzlich anrufen und zu dir sagen würde, dass sie dich liebt, würdest du …«
    »Lydia ist mir total egal. Ich glaube, ich habe schon vor Jahren aufgehört, sie zu lieben. Aber was ich weiß, ist, dass es dir und mir sehr lange gelungen ist, einander ziemlich glücklich zu machen, dafür dass wir angeblich beide jemanden anders geliebt haben.«
    Alberta wandte den Blick ab. »Ich dachte wirklich , dass wir glücklich sind«, sagte sie langsam. »Allerdings habe ich mich in diesen letzten Monaten gefragt, ob ich mir das alles nur eingebildet habe.«
    »Du fehlst mir«, sagte Tony. »Du fehlst mir die ganze Zeit. Sogar als ich bei Erica beim Essen war, besonders als ich bei Erica beim Essen war, hast du mir gefehlt.«
    »Ich verstehe gar nicht, warum«, sagte Alberta steif. »Erica ist genau dein Typ.«
    »Nein, ist sie nicht. Mein Typ ist eine blonde Zwergin mit einem Dutt auf dem Kopf.«
    Albertas Augen füllten sich mit Tränen. »Eigentlich denke ich darüber nach, mir die Haare abschneiden zu lassen.«
    »Tu es nicht«, sagte Tony unmissverständlich. »Ich mag es, wie du deine Haare trägst.«
    »Du liebst meinen Haarknoten?« Alberta schniefte, fischte in ihrer Tasche nach einem Taschentuch und putzte sich die Nase.
    Sie schwiegen lange. Tony hob die Hände und ließ sie wieder fallen. »Bertie«, sagte er, »du weißt, was ich dir sagen will.«
    »Genau das ist das Problem. Ich weiß nie, was du mir sagen willst. Was willst du mir sagen?«
    Tony schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Dann beugte er sich hinunter, nahm Albertas Gesicht in die Hände und küsste sie. »Ich liebe dich«, sagte er. »Ich liebe dich ganz schrecklich.«
    Alberta schaute zu ihm auf und versuchte, etwas Vernünftiges zu sagen. Sie wollte wirklich etwas Vernünftiges sagen – zum Beispiel: Stehst du wirklich nicht auf Erica? Oder: Liebst du Lydia wirklich nicht mehr? –, doch Tränen liefen ihr über die Wangen und machten es unmöglich, auch nur ein Wort zu sagen.
    Tony setzte sich, drehte ihr Gesicht zu sich und küsste sie wieder. Und dann sah er sie an und sagte: »Du bist so schön.«
    »Tony«, sagte sie, »ich weiß gar nicht mehr, wann du mich das letzte Mal so geküsst hast.«
    »Bertie«, murmelte Tony, »um es mit den unsterblichen Worten von Bachman-Turner-Overdrive zu sagen: You ain’t seen nothing yet. «
    Philippa saß am Kamin, nippte an einem Sherry, überprüfte die Liste mit den letzten Erledigungen für Weihnachten und war mehr oder weniger im Frieden mit sich und der Welt. Ihre Lieblingsenkelin Hannah hatte angerufen und sehr glücklich geklungen, was wahrscheinlich viel mit diesem netten, neuen Freund mit dem lustigen Namen zu tun hatte; sie hatte The Archers im Radio gehört und musste sich heute Abend nur noch irgendwann ein Omelette machen. Im Wohnzimmer glitzerte der Weihnachtsbaum in einer Ecke, ihre Geschenke waren eingepackt und lagen unter dem Baum, und die Betten für Hilda und Christopher und Helen, die in wenigen Tagen kommen würden, waren bereits bezogen.
    Philippa lehnte sich in dem Sessel zurück und dachte darüber nach, was für ein Glück sie hatte. Das tat sie oft, besonders, wenn sie ihrer eigenen Gesellschaft ein wenig überdrüssig war. Schließlich war es ein Glück, dass sie das Haus hatte, und ein noch größeres Glück war es, dass sie ihre Familie hatte.
    Besonders gesegnet fühlte sie sich mit Alberta. Sie war immer davon ausgegangen, dass ihre Beziehung sich nie von diesem schrecklichen Jahr nach Eds Tod erholen würde. Sie hatte es mit der trostlosen Erkenntnis akzeptiert, dass es der Preis war, den sie bezahlen musste. Und doch war zu ihrer großen Freude während der letzten Monate auf wundersame Weise ganz langsam Wärme zwischen ihnen entstanden, und die Spannung hatte sich verflüchtigt. Sie hatte keine Ahnung, warum und wie das geschehen war, und sie wusste, dass sie es nicht verdiente, hieß es aber mit offenen Armen willkommen. Alberta rief jetzt beinahe jeden Abend an, heute Abend allerdings nicht. Heute Abend arbeitete Alberta bis um neun auf irgendeiner Feier in Kensington. Was für ein schöner Gedanke, dass sie zu Tony zurückkehrte. Wie schrecklich war es gewesen, in den letzten Monaten zu Hause zu
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