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Tybee Island

Tybee Island

Titel: Tybee Island
Autoren: Susan Clarks
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hinaus. Er hatte keine Ahnung, was in diesem hübschen Kopf vor sich ging, aber irgendetwas stimmte nicht bei ihr. Nur hatte er selbst genug Probleme und wenig Lust, sich um die anderer zu kümmern.
    Um Jen sicher aus dem Weg zu gehen, schlich er sich aus der Hintertür und startete seinen Lauf von dort. Etwas abseits der Dünen verlief ein Pfad, auf dem er bereits in seiner Jugend gern gejoggt war. Allerdings dürfte seine Ausdauer inzwischen um einiges besser sein. In gleichmäßigem Tempo lief er Meter um Meter und versuchte, nicht an die schrullige Blondine im Haus seiner Eltern zu denken. Nur gelang es ihm nicht. Immer wieder blitzten Bilder auf, wie Jen ihm ein freches »Nö« ins Gesicht schleuderte. Wie sie ihn angrinste und sich so gar nicht von ihm einschüchtern ließ. Wie sie in Unterwäsche vor seinem Kleiderschrank stand, und wie der Wind sein Hemd an ihren Körper presste.
    Ohne es zu bemerken, hatte er seine Geschwindigkeit erhöht, war aus dem Rhythmus geraten und atmete angestrengter als üblich. Er drosselte das Tempo und registrierte erst jetzt den zunehmenden, stechenden Schmerz in seinem linken Knie. Ein Schmerz, der ihn daran erinnerte, warum er sich überhaupt auf T ybee Island befand. Langsam kam er zum Stehen, stützte die Hände auf die Oberschenkel und atmete tief durch.
    Diese verdammte Knieverletzung. Nie würde sie ihn vergessen lassen. Alles hatte sie ihm genommen. Er lachte bitter auf. Es war witzig. Seit Wochen hatte er bei jedem Lauf nur darauf gewartet, dass er sein Knie spürte, dass es ihn daran erinnerte, wo seine neuen Grenzen lagen, aber heute waren seine Gedanken einzig um Jen gekreist. Um Jennifer Garnett. Lächelnd schüttelte er den Kopf.
    Zehn Tage hatte er inzwischen allein verbracht und war der Lösung seines Problems keinen Schritt nähergekommen. Weil es schlicht keine Lösung gab. Egal, wie er sich entscheiden würde, es war nicht das, was er wollte. Er wollte sein altes Leben wiederhaben. Das, das nicht mehr existierte. Das, das er aus eigener Schuld verloren hatte. Der Schmerz darüber überwog bei Weitem den Schmerz in seinem Knie. Vielleicht würde es helfen, wenn er etwas Abstand von allem gewann. Wenn er auf andere Gedanken käme und wieder etwas Spaß in seinem Leben erlaubte. Jen lenkte ihn ab. Sie raubte ihm zwar den letzten Nerv, aber sie brachte ihn durch ihre Art zum Schmunzeln. Sie hatte es geschafft, dass er für wenige Stunden vergessen hatte, warum und wie er hier gestrandet war.
    Ohne jede Eile trottete er zurück zum Haus. Solange er sein Knie nicht zu stark belastete, schmerzte es kaum. Die Ärzte hatten ihm keine allzu großen Hoffnungen gemacht. Mit etwas Glück hätte er noch ein paar schmerzfreie Jahre vor sich, aber früher oder später würde er ein künstliches Kniegelenk benötigen. Aber b ei den Navy SEALs konnten sie niemanden mit einem kaputten Knie gebrauchen.
    Sollte er Jen erlauben, hierzubleiben? Manchmal wirkte sie genauso verloren, wie er sich fühlte. Vielleicht würden sie einander ja guttun. Einander helfen, die Kraft zu finden, der Welt da draußen entgegenzutreten. Und wenn nicht, was schadete es schon?
    Als das Haus endlich wieder in Sicht kam, plagte ihn längst der Hunger. Seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen, und das Mittagessen war wegen Jen ausgefallen. Jen, immer wieder Jen … Wie wäre es, ein bisschen Gesellschaft beim Essen zu haben? Wenn ihm gegenüber ein hübsches Gesicht saß, das von einer Welt außerhalb der Navy SEALs erzählte und das ihn zumindest vorübergehend vergessen ließ.
    Pfeifend spazierte er zur Vordertür herein und sein Blick glitt automatisch über die Terrasse hinunter zum Strand. Er hätte es nicht beschwören können, aber er glaubte, eine zierliche Gestalt in seiner in die Jahre gekommenen Sonnenliege auszumachen. Zufrieden lächelte er in sich hinein.
     

     
    Jen schob so leise wie möglich die Terrassentür einen Spalt weit auf und zwängte sich ins Wohnzimmer. Unschlüssig blieb sie stehen und sah zu, wie Craig am Herd stand und in einer Pfanne rührte. Sie war sich nicht sicher, wie sie die Stimmung einschätzen sollte, und wollte lieber keine schlafenden Hunde wecken.
    Craig lächelte ihr zu. »Hast du Hunger?«
    Ihr Magen knurrte schon seit zwei Stunden. Die letzte Mahlzeit hatte sie am Vorabend zu sich genommen und sie war sich sicher, dass Craig dieser Umstand bewusst war. Sie streckte ihren Hals, um besser in die Küche sehen zu können , und trat näher. »Du
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