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Loving

Loving

Titel: Loving
Autoren: Katrin Bongard
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Es schneit. Vor Weihnachten keine Flocke, aber jetzt auf einmal, wo man es nicht mehr gebrauchen kann, schneit es.
    »Ach, ja, Frühling!«, seufzt Zoe und hat diesen besonderen Ton in der Stimme, während wir auf den Eingang unserer Schule zulaufen.
    Zoe ist seit dem Kindergarten meine beste Freundin und ich kenne sie zu gut, um ihre Andeutung nicht zu verstehen.
    »Okay, wer ist es diesmal?«
    Zoe reißt ihre großen blauen Augen auf. Das kann sie gut, aber bei mir kommt sie damit nicht durch. Doch da wir uns gerade mitten durch die vor der Schule stehenden Schüler drängen, ist nicht der richtige Augenblick, das Thema weiter zu diskutieren.
    »Hauptsache, er hat keine Freundin!«, flüstere ich, da Zoe eine Expertin darin ist, sich unglücklich zu verlieben.
    Sie zuckt entschuldigend mit den Schultern.
    Am Morgen vor dem Unterricht sammeln sich alle Schüler in der großen Eingangshalle. Ich mag den riesigen Altbau unseres Gymnasiums mit den Steinsäulen und den breiten Treppen und Nebenaufgängen. Hier könnten Bücher verfilmt werden.
    »Ella?« Zoe schnippt vor meinem Gesicht herum.
    »Hörst zu mir überhaupt zu?«
    Zugegeben, zu neunzig Prozent des Tages bin ich in Gedanken.
    »Natürlich. Du wolltest mir gerade sagen, wer es ist und warum du dich gerade in ihn verlieben musstest.«
    Zoe seufzt. »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Okay, das mit dem warum habe ich erfunden, aber wieso musst du dich immer in jemanden verlieben, der eine Freundin hat? Ich meine, schau dich um, es gibt so viele Jungs ...«
    Zoe grinst. »Ausgerechnet du musst das sagen!«
    Stimmt. Ich verliebe mich sehr selten. Ich lasse meinen Blick durch die Halle schweifen und suche nach einem Jungen, der nett, sympathisch, gut aussehend und - soweit man das von außen beurteilen kann - humorvoll ist und gleichzeitig so aussieht, als ob er keine Freundin hätte.
    »Der vielleicht?«
    »Der ist mit Susanna zusammen.«
    Ich sehe sie fragend an.
    »Die mit uns in Bio ist«, ergänzt Zoe.
    Okay. Ich habe wenig Ahnung von all dem Schultratsch, wer mit wem zusammen ist oder zusammen war und wenn Zoe mich nicht gelegentlich darüber aufklären würde, würde das alles an mir vorbeigehen.
    Ich kapituliere. »Okay, sag' mir, wer es ist.«
    »Du hast mit ihm Deutsch.«
    Ich scanne im Kopf den Leistungskurs Deutsch durch. Nach einem halben Jahr kenne ich natürlich alle Namen, wobei ich nicht immer ein passendes Gesicht dazu sehe, eher eine Meinung oder eine Bemerkung zu einem Gedicht oder Buch.
    »Hilf mir!«, sage ich, doch Zoe stößt mich an und legt die Finger auf die Lippen.
    Melanie steuert auf uns zu. Sie sieht dabei nur Zoe an, ich bin für sie Luft, das kenne ich schon.
    »Kommst du zu Patricks Party?«
    »Was für eine schöne Alliteration!«, sage ich freundlich und auch, weil ich weiß, dass ich Melanie damit ein wenig ärgern kann, da sie keine Ahnung hat, was eine Alliteration ist. Nicht, weil ich auf die Party eingeladen werden möchte, aber ich kann es nicht leiden, wenn Menschen mich wie Luft behandeln. Melanie ist groß und platinblond und hat einen perfekten Busen, den sie gerne durch einen weiten Ausschnitt betont.
    »Klar, komme ich!«, sagt Zoe und wird rot vor Aufregung. Sie sieht zu mir.
    »Klar, komme ich nicht mit!«, sage ich.
    Melanie nickt befriedigt und zieht weiter.
    »Musst du immer so gemein zu ihr sein?«, fragt Zoe.
    »Moment Mal, wenn ich das richtig sehe, hat sie mich gerade ignoriert!«
    »Du schüchterst sie eben ein.«
    »Womit?«, frage ich ehrlich erstaunt.
    Ich bin nicht sehr groß, habe mittelblonde Haare, die mit mir machen, was sie wollen, einen eher kleinen Busen und dazu trage ich keine Kontaktlinsen wie Melanie, da ich sie nicht vertrage und muss dafür mit einer dicken Brille durch die Gegend laufen. Die ich, nebenbei bemerkt, hasse, weil sie mich stört, ständig beschlägt, wenn ich aus der Kälte irgendwo hereinkomme und mich komplett in ein Klischee verwandelt: Bücherwurm, Brillenschlange.
    »Nicht zu vergessen: Hochintelligent«, sagt Zoe.
    »Mein Gott, dieser komische Test ist doch schon hundert Jahre her!«
    »Es ist seltsam, dass ihr euch nicht versteht, ihr habt eigentlich eine ganze Menge gemeinsam«, sagt Zoe, die gut mit Melanie befreundet ist.
    »Dich als Freundin und grüne Augen, nur dass man meine hinter diesen Flaschenböden leider nicht erkennen kann.«
    Zoe grinst. »Vor allem seid ihr verdammt stolz. Ihr seid meine besten Freundinnen, wieso könnt ihr euch nicht einfach
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