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Loving

Loving

Titel: Loving
Autoren: Katrin Bongard
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hinter den Brillengläsern sehr klein und sehr weit weg aus. Manchmal ist meine Brille nicht nervig, sondern ein Schutz.
    »Nein. Ich bin nicht mit Melanie befreundet. Ich bin mit Zoe befreundet und Zoe ist mit Melanie befreundet.«
    »Ach, so ...«
    Das war der Smalltalk von seiner Seite.
    »Warum hast du Deutsch Leistungskurs gewählt?«, frage ich. Das frage ich mich wirklich. Warum nicht Bio oder Chemie oder irgendein Fach, bei dem Lesen und Sprechen keine Rolle spielt?
    Er zuckt mit den Achseln. »Hat gepasst.« Er lächelt. Zoe hat recht. Ganz objektiv betrachtet ist Luca süß. Wenn er lächelt, dann geht ein Mundwinkel höher als der andere. Und seine Augen leuchten. Ja, sie sind braun, aber nicht dunkelbraun sondern olivbraun. Mir ist absolut klar, warum sich die Mädchen in ihn verlieben.
    »So weit wäre dann also alles geklärt«, sage ich sachlich.
    Er sieht mich überrascht an, als würden die Mädchen sonst bei diesem Blick dahinschmelzen.
    »Okay.«
    Wir stehen auf und packen unsere Sachen.

»Oh-mein-Gott! Du bist mit ihm in einer Arbeitsgruppe? Nur ihr zwei? Du hast so ein Glück, Ella.«
    Ich lächele höflich und überlege, ob ich langsam damit beginnen soll, den Schleier der Verliebtheit von Zoes Gesicht zu reißen. Er ist ein arroganter, selbstverliebter Idiot! Er ist dumm wie Brot. Er denkt, wenn er lächelt, liegen ihm alle Mädchen zu Füssen . Aber dann bringe ich es nicht über mich. Es ist so schön, verliebt zu sein und im Grunde beneide ich Zoe um dieses wunderbare Gefühl.
    »Glück? Wenn ich Glück hätte, dann wäre ich jetzt nicht im Volleyballkurs«, stöhne ich.
    Ich überlege, ob ich schwänze. Ich schwänze nie den Unterricht, aber ich habe mich eigentlich in den Schwimmkurs eingetragen und weil sich zu viele Leute beworben haben, wurde gelost und die übrigen wurden wahllos auf andere Sportkurse verteilt. Niemand weiß, was es für mich als Brillenträger bedeutet, an einem Mannschaftsballspiel teilnehmen zu müssen. Zudem ist es ein gemischter Kurs und die Jungs kennen keine Gnade.
    Zoe lächelt. »Das schaffst du schon.«
    Noch nicht mal Zoe versteht das. Am ehesten kann das verrückterweise vermutlich Melanie verstehen, die auch in dem Volleyballkurs ist und in der letzten Stunde eine Kontaktlinse verloren hat. Eine Viertelstunde mussten alle wie festgewachsen auf ihrem Platz bleiben, damit Melanie und Herr Trimm, unser Sportlehrer, nach der Kontaktlinse suchen konnten.
    In der Umkleidekabine steht Melanie in einem neuen bauchfreien Top und einer kurzen rosafarbenen Shorts und bindet sich einen Pferdeschwanz. Ich trage eine lange, alte Turnhose und ein weites schwarzes T-Shirt. Zum Glück sind wir diesmal sechs Mädchen.
    In der Halle bauen die Jungs schon das Netz auf. Sie wollen immer spielen und überreden Herrn Trimm meist dazu, gleich mit einem Match zu beginnen. Ich setze mich an den Rand und überlege, ob ich die Brille auflassen oder abnehmen soll. Jedes Mal die gleiche Frage. Eigentlich darf ich sie im Unterricht gar nicht tragen, aber ich habe Kunststoffgläser und habe es bei Herrn Trimm durchgesetzt. Er hat dann vorgeschlagen, dass ich mir ein Gummi für die Brille hole, damit sie fest am Kopf sitzt, aber diesen Todesstoß konnte ich mir bisher noch nicht versetzen.
    Die Mannschaften werden gewählt, ich als Vorletzte, und wir stellen uns ins Feld. Ich versuche, so wenig wie möglich aufzufallen. Besonders engagiert ist das nicht, dabei bin ich wirklich nicht so ungeschickt oder unsportlich. Ich habe einen Sommerurlaub lang Beachvolleyball gespielt und bin ganz gut, aber in der Sonne und mit Freunden ist es etwas anderes, als in einer Halle mit eher feindlich gesinnten und überwiegend männlichen Mitspielern.
    »Ella, ich war am Netz, hast du mich nicht gesehen?«
    Nein, Melanie, ich bin blind, denn meine Brille ist beschlagen .
    Ich wische meine Brille sauber und sage nichts. Wir stellen uns neu auf und ich höre ein Raunen. Ich blicke zur Tür, sehe natürlich nichts und muss erst meine Brille aufsetzen. Luca. Was macht der denn hier? Aber dann ist es klar. Melanie. Er hat einen Freiblock und den kann er doch nutzen und seiner süßen Freundin in ihrem bauchfreien Top zusehen.
    »Du hast Aufschlag!«, ruft Melanie und wirft mir den Volleyball seitlich an den Kopf. Jetzt reicht es.
    »Ich setze kurz aus«, sage ich. Herr Trimm nickt mitfühlend und ich verschwinde auf die Toilette.
    Im Spiegel sehe ich mir den fetten, roten Ballabdruck auf meiner linken Wange
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