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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
Autoren: L. Sprague de Camp
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wahr? Das könnt Ihr doch auch gebrauchen, oder?“
    „Ich denke schon“, nickte der Schreiber, „aber in unseren Rechnungen brauchen wir Nichts nicht. Wer hat schon je von null Prozent Zinsen gehört? Oder von null Sesterzen Miete pro Woche?“
    Padway brauchte eine Stunde, um seine Schüler in die Grundzüge der Addition einzuführen. Dann erklärte er, die Schreiber hätten für einen Tag genug getan; sie sollten eine Weile üben, bis sie mit arabischen Zahlen schneller als mit römischen rechnen konnten. In Wirklichkeit war er selbst ausgepumpt. Er war von Haus aus ein schneller Sprecher, und es machte ihn halb verrückt, sich Silbe für Silbe durch diese komplizierte Sprache hindurchzuarbeiten.
     
    *
     
    Am nächsten Tag kaufte er seinen Kupferkessel in einem Laden, den er als Trödlerladen bezeichnet hätte. Von Kupferröhren hatte noch nie jemand gehört. Nachdem er und Tomasus sämtliche Metallhändler zwischen Tomasus’ Haus und dem Lagerviertel am südlichen Ende der Stadt abgesucht hatten, versuchte er sein Glück bei Kupferschmieden. Die Kupferschmiede hatten ebenfalls noch nie von Kupferröhren gehört. Einige erboten sich, welche anzufertigen, forderten dafür aber astronomische Preise.
    „Martinus!“ klagte der Bankier. „Wir sind jetzt mindestens fünf Meilen weit gegangen, und meine Füße versagen mir den Dienst. Könnte man nicht genausogut mit Bleirohren arbeiten? Davon gibt es genug.“
    „Das wäre schön – mit einer Ausnahme“, meinte Padway, „wir würden wahrscheinlich unsere Kunden vergiften. Und das wiederum könnte dem Geschäft einen schlechten Ruf eintragen, weißt du.“
    „Nun, ich sehe jedenfalls bis jetzt keinen Fortschritt.“
    Padway überlegte einen Augenblick, während Tomasus und Ajax, der Negersklave, der den Kessel trug, ihm zusahen.
    „Wenn ich einen Mann anstellen könnte, der mit Werkzeugen umgehen kann, könnte ich ihm zeigen, wie man Kupferrohre herstellt.“
     
    *
     
    Drei Tage darauf hatte sich ein solcher Mann gefunden. Es war ein drahtiger, kleiner Sizilianer namens Hannibal Scipio.
    Padway hatte inzwischen ein heruntergekommenes Haus am Quirinal gemietet und eine Anzahl Geräte und persönliche Effekten erworben, die er zu brauchen glaubte. Unter seinen Käufen befand sich auch eine kurzärmelige Tunika, die er über seinen Hosen tragen wollte, um weniger aufzufallen. In Abweichung von der allgemeinen Modelinie ließ er jedoch große Taschen auf die Tunika nähen, obwohl der Schneider empört dagegen protestierte, ein Meisterwerk aus seiner Werkstätte so zu verunzieren.
    Dann schnitzte Padway aus Holz einen Kern und zeigte Hannibal Scipio, wie man die Kupferstreifen darum bog. Hannibal behauptete, ein Meister in der Kunst des Lötens zu sein. Als Padway jedoch versuchte, die Röhren für seine Destillieranlage zu biegen, platzten die Nähte auf. Das nahm Hannibal eine Weile den Wind aus den Segeln.
    Padway blickte dem großen Tag, an dem er zum erstenmal destillieren würde, mit einiger Sorge entgegen. Nach Tancredis Vorstellung war das ein neuer Ast am Baum der Zeit. Aber konnte sich der Professor nicht geirrt haben, und würde Padway nicht mit einem Versuch, die Geschichte zu ändern, gleichzeitig die Geburt Martin Padways im Jahre neunzehnhundertachtunddreißig unmöglich machen und damit verschwinden?
     
    *
     
    „Müßtest du nicht irgendeinen Zauberspruch sagen oder so etwas?“ fragte Tomasus, der Syrier.
    „Nein“, erklärte Padway. „Wie ich schon dreimal sagte, ist das keine Zauberei.“ Er sah sich um und konnte sich sehr gut vorstellen, wie einiger Hokuspokus sein Ansehen hätte heben können. Umgeben von flackernden Öllampen, neben sich Tomasus, Hannibal Scipio und Ajax, starrte er erwartungsvoll auf die Anlage. Dem Neger waren die Augen hervorgetreten, als warte er jeden Augenblick darauf, daß der Maschinerie gehörnte Teufel entsteigen würden.
    „Dauert lange, nicht wahr?“ meinte Tomasus und rieb sich nervös die Hände. Tropfen um Tropfen einer gelben Flüssigkeit quoll aus der Vorlage.
    „Ich glaube, jetzt reicht’s“, sagte Padway. „Wenn wir weitermachen, bekommen wir nur noch Wasser.“ Er wies Hannibal an, den Kessel zu entfernen und goß den Inhalt der Vorlage in eine Flasche.
    „Ich versuche es am besten zuerst selbst“, sagte er, goß ein paar Tropfen in einen Becher, roch daran und probierte. Es war zweifellos kein guter Branntwein. Aber die Qualität würde genügen.
    „Auch eine Probe?“ fragte er den
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