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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
Autoren: L. Sprague de Camp
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schluckte und fing noch einmal an. „… Ich möchte einen Kredit aufnehmen.“
    „Wieviel?“
    „Das weiß ich noch nicht. Ich möchte ein Geschäft anfangen, und ich muß zuerst sehen, wie die Preise stehen.“
    „Du willst ein neues Geschäft anfangen? In Rom? Hm – m – m.“ Tomasus rieb sich die Hände. „Was für Sicherheiten kannst du geben?“
    „Gar keine.“
    „ Was ?“
    „Ich sagte, gar keine. Das mußt du eben riskieren.“
    „Aber … aber, mein lieber Mann, kennst du denn niemand in der Stadt?“
    „Ich kenne einen gotischen Bauern namens Nevitta, Gummunds Sohn. Er hat mich zu dir geschickt.“
    „O ja, Nevitta. Ich kenne ihn flüchtig. Würde er für dich bürgen?“
    Padway überlegte. Nevitta war zwar sehr freundlich zu ihm gewesen, schien ihm aber ein Typ von Mensch, der in Gelddingen äußerst exakt war. „Nein“, gab er zu. „Ich glaube nicht.“
    Tomasus verdrehte die Augen. „Herrgott im Himmel, hörst du das? Kommt her, ein Barbar, der kaum Latein spricht und gibt zu, daß er keine Sicherheiten und keine Bürgen hat und erwartet trotzdem von mir, daß ich ihm Geld leihe! Hast du je derlei gehört?“
    „Ich glaube, ich kann dich dazu bringen, deine Meinung zu ändern“, sagte Padway.
    Tomasus schüttelte den Kopf und gab glucksende Geräusche von sich.
    „Ich muß sagen, du hast viel Selbstvertrauen, junger Mann. Das gebe ich zu. Wie nennst du dich doch?“ Padway sagte ihm, was er Nevitta gesagt hatte.
    „Also gut, was hast du für einen Plan?“
    „Wie du richtig annimmst“, begann Padway, in der Hoffnung, die richtige Mischung aus Würde und Freundlichkeit zu zeigen, „bin ich ein Fremder. Ich bin gerade aus einem Land, das sich Amerika nennt, angekommen. Das ist weit von hier, und dort herrschen natürlich eine Menge Sitten und Gebräuche, die ganz anders sind als die hier in Rom. Wenn du mich jetzt in der Herstellung einiger Dinge unterstützen könntest, die hier in Rom nicht bekannt sind …“
    „Ay!“ kreischte Tomasus und rang die Hände. „Hörst du das, Gott? Er will nicht, daß ich ihn in einem bekannten Geschäft unterstütze. O nein. Er möchte etwas Neues anfangen, von dem noch niemand gehört hat! Das kommt gar nicht in Frage, Martinus. Was hattest du denn vor?“
    „Nun, wir haben ein Getränk, das aus Wein hergestellt wird und Branntwein genannt wird. Das sollte gut gehen.“
    „Nein, ich würde nie daran denken. Dabei gebe ich zu, daß Rom dringend Fabriken braucht. Als die Hauptstadt nach Ravenna verlegt wurde, wurden damit alle Einkünfte aus kaiserlichen Gehältern abgeschnitten, und deshalb ist die Bevölkerung im letzten Jahrhundert zurückgegangen. Die Stadt hat eine schlechte Lage. Aber niemand unternimmt etwas. König Thiudahad verbringt seine Zeit mit Verseschreiben. Ein Poet! Aber nein, junger Mann, in ein solches Unternehmen stecke ich mein Geld nicht.“
    Padways Wissen um die Geschichte des sechsten Jahrhunderts machte ihn unvorsichtig. Er meinte:
    „Weil wir gerade von Thiudahad sprechen … ist Königin Amalasuntha schon ermordet worden?“
    „Äh …“ Tomasus musterte Padway scharf. „Ja.“ Das bedeutete, daß Justinian, der „römische“ Kaiser von Konstantinopel, bald mit seinen Bemühungen, Italien dem Imperium zurückzugewinnen, beginnen würde.
    „Aber warum fragst du so?“
    Padway merkte sofort, daß er einen Fehler begangen hatte. „Wieso?“ meinte er, um Zeit zu gewinnen.
    „Du hast gefragt, ob sie schon ermordet worden sei. Das klingt, als hättest du schon vorher gewußt, daß sie ermordet werden würde. Bist du ein Wahrsager?“
    Padway zuckte die Achseln. „Nein. Ich hörte nur, ehe ich hierherkam, daß die beiden gotischen Herrscher schlecht aufeinander zu sprechen wären und daß Thiudahad nicht davor zurückschrecken würde, seine Mitherrscherin aus dem Weg zu räumen. Ich fragte mich nur, ob es schon dazu gekommen ist.“
    „Ja“, nickte der Syrier. „Schade um sie. Sie haben sie im Bad ertränkt.“
    Padway atmete auf. Das war noch einmal gut gegangen.
    „Und um jetzt auf die Branntweinfabrikation zurückzukommen …“
    „Nichts zu machen, junger Mann. Unter keinen Umständen. Was für Geräte würdest du denn für den Anfang brauchen?“
    „Nun, einen großen Kupferkessel und eine Menge Kupferrohre und etwas Wein als Rohmaterial. Es braucht kein guter Wein zu sein. Und wenn ich dann noch ein paar Leute als Helfer hätte, ginge es schneller.“
    „Tut mir leid, aber das ist mir zu riskant.
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