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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
Autoren: L. Sprague de Camp
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Meister gekleidet war, erhob sich vom Boden und kam mit zwei Pferden die Straße herunter.
    Nevitta schritt kräftig aus, während Herman die Pferde hinter ihm her führte. Nach einer Weile fragte er: „Wie, sagtest du gleich, ist dein Name?“
    „Martin Padway – Martinus geht aber auch.“
    Padway wollte Nevitta nicht überbeanspruchen, legte andererseits aber Wert auf korrekte Informationen. So überlegte er einen Augenblick und fragte dann:
    „Könntest du mir die Namen von ein paar Leuten in Rom geben – Rechtsanwälte, Ärzte und so –, an die ich mich wenden kann, wenn ich sie brauche?“
    „Natürlich. Wenn du einen Anwalt suchst, der auf Ausländer spezialisiert ist, so ist Valerius Mummius dein Mann. Sein Büro befindet sich neben der emilianischen Basilika. Als Arzt empfehle ich dir Leo Vekkus. Für einen Griechen ist er ein ganz ordentlicher Bursche.“
    Padway schrieb sich die Namen und Adressen in sein Notizbuch.
    „Und wie steht es mit einem Bankier?“
    „Damit habe ich nicht viel zu tun; ich hasse den Gedanken, Schulden zu haben. Aber wenn du eine Adresse willst, würde ich dir Tomasus, den Syrier, in der Nähe der emilianischen Brücke empfehlen. Halte aber die Augen offen, wenn du mit ihm verhandelst.“
    „Warum, ist er nicht ehrlich?“
    „Tomasus? Natürlich ist er ehrlich. Du mußt nur auf ihn aufpassen, das ist alles. Hier, das sieht wie ein Ort aus, an dem du bleiben kannst.“
    Nevitta pochte an die Tür, worauf ein verschlafen aussehender Mann öffnete.
    Ja, er hatte einen Raum zur Verfügung. Er war klein und schlecht beleuchtet und roch. Aber das galt für ganz Rom. Der Mann wollte sieben Sesterzen pro Tag.
    „Biete ihm die Hälfte“, flüsterte Nevitta Padway zu. Nach einigem Handeln einigte man sich auf fünf Sesterzen pro Tag, und Nevitta verabschiedete sich von Padway mit der Aufforderung, ihn einmal zu besuchen.

 
2.
     
    Als Padway erwachte, hatte er einen scheußlichen Geschmack im Mund, und ihm war, als hätte er einen ganzen Schwarm Heuschrecken verspeist. Vielleicht hatte er tatsächlich etwas Ähnliches gegessen, denn das dicke, ölige Zeug, das er als Abendessen hinuntergewürgt hatte, war ihm völlig unbekannt gewesen. Der Wirt mußte sich gewundert haben, weshalb Padway so auf dem Tisch herumgesucht hatte – er hatte nämlich, ohne nachzudenken, nach einem Messer und einer Gabel gesucht, die natürlich nicht vorhanden waren.
    Er versuchte, sich mit Olivenöl und einem Rasiermesser des sechsten Jahrhunderts zu rasieren. Die Prozedur war so schmerzhaft, daß er sich die Frage stellte, ob es nicht besser war, der Natur ihren Lauf zu lassen.
    Er steckte in einer scheußlichen Klemme, das wußte er. Sein Geld würde vielleicht eine Woche reichen – wenn er sparsam war, vielleicht etwas länger.
    Wenn ein Mann wußte, daß das Geschick ihn in die Vergangenheit verschlagen würde, konnte er sich darauf entsprechend vorbereiten und mit vielen nützlichen Dingen ausrüsten: einem Lexikon; Schriften über Metallurgie, Mathematik und Medizin; einem Rechenschieber usw. Und natürlich mit einem Revolver und ausreichend Munition.
    Aber Padway besaß keinen Revolver und kein Lexikon. Er besaß nichts, außer den Dingen, die ein Durchschnittsbürger des zwanzigsten Jahrhunderts eben in der Tasche trägt. Oh, vielleicht ein wenig mehr, weil er sich im Ausland befand: so nützliche Dinge wie Traveller-Schecks, eine hoffnungslos veraltete – er mußte wohl sagen verjüngte – Landkarte und seinen Paß.
    Und seinen wachen Verstand. Den würde er am meisten brauchen!
    Das Problem war, einen Weg zu finden, sein Wissen aus dem zwanzigsten Jahrhundert so einzusetzen, daß es ihm den meisten Nutzen und die wenigsten Schwierigkeiten brachte. Er konnte zum Beispiel nicht einfach hergehen und ein Automobil bauen. Es würde ein paar Lebensalter dauern, die notwendigen Materialien zu sammeln und einige Generationen mehr, um den Umgang mit ihnen zu lernen und sie in die richtige Form zu bringen. Ganz abgesehen von der Treibstoffrage.
     
    *
     
    Tomasus hauste in einem schäbigen zweistöckigen Gebäude. Der Neger an der Tür – wahrscheinlich ein Sklave – führte Padway in eine finstere Höhle, die wahrscheinlich als Wohnzimmer bezeichnet wurde. Kurz darauf erschien der Bankier. Tomasus war ein korpulenter, kahlköpfiger Mann, dessen linkes Auge beständig zuckte. Er hüllte sich in seinen schäbigen Kaftan, setzte sich und sagte:
    „Nun, junger Mann?“
    „Ich …“ Padway
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