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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
Autoren: Joel Rosenberg
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PROLOG
DER TRAUM IST DERSELBE
    Der Alptraum ist immer derselbe:
    Wir versuchen, aus der Hölle zu entkommen. Eine ganze Schar von uns läuft durch die schleimigen Flure. Alle, die ich jemals geliebt habe, sind dabei; außerdem fremde Gesichter, von denen ein paar mir eigentlich vertraut sein müßten.
    Hinter uns tobt eine kreischende Dämonenhorde; einige Gestalten sehen wie einem Horrorcomic entsprungen aus, andere wie mißgestaltete Wölfe. Sie alle hatten mir einen so fürchterlichen Schrecken eingejagt, daß ich kaum die brennendheiße, stinkende Luft einatmen konnte. Die Wände drohen auf mich herabzustürzen, doch ich stoße ihre heiße, schleimbedeckte Oberfläche weg.
    Der Ausgang befindet sich direkt über unseren Köpfen, ein Spalt in der Wand, und die Menge beginnt hindurchzudrängen. Ich kann nicht sagen, wer schon durchgekommen ist, ich kann nur hoffen, daß meine Kinder dabei sind. Bitte.
    Einigen von uns ist die Flucht gelungen, aber für den Rest gibt es keine Möglichkeit mehr: Die Dämonen nähern sich zu schnell und werden uns packen.
    Und dann sehe ich ihn: Karl Cullinane, Jasons Vater, steht hoch aufgerichtet mit strahlendem Gesicht da, Hände, Brust und Bart mit frischem und geronnenem Blut befleckt.
    »Wir müssen die Gänge halten!« ruft Karl. »Wer ist dabei?«
    Er lächelt, als hätte er sein ganzes Leben lang auf diesen Moment gewartet, der verdammte Idiot. Ein paar Gestalten schieben sich aus der Menge nach vorn, alle bluten, und einige von ihnen gehen gebeugt.
    Als erstes fallen mir Kosciuszko und Kopernikus auf, obwohl beide kleiner sind, als ich dachte.
    Dann tritt ein buddhagesichtiger Chinese vor. Sein Antlitz glänzt vor Schweiß, den er nicht zu bemerken scheint. »Ein Boddhi-sattva«, trägt er vor, »ist ein Mensch, der sich dazu verpflichtet, nicht eher den Himmel zu erlangen, bevor der Rest der Menschheit es vollbracht hat.«
    Ein anderer Mann steht aufgerichtet und schlank wie ein Schwert da; doch er scheint nicht zu spüren, daß seine rechte Brustseite aufgeschlitzt ist - man kann seine graubraun schimmernde Leber sehen. »Natürlich«, sagt er und nimmt seinen Platz neben einer dünnen, falkengesichtigen Frau ein, die ein Gewand wie eine Begräbnisrobe trägt. Das Gewand brennt so heftig, daß ich ihr Fleisch brutzeln höre. Sie windet sich im Schmerz, aber das hält sie nicht auf.
    »Moi aussi«, sagt sie.
    Zwei nichtssagende Männer treten gemeinsam vor. »Noch einmal, Master Ridley«, sagt der erste mit einem ausgeprägten britischen Akzent.
    Der andere schüttelt den Kopf und lächelt müde. »Ich dachte ... aber nein: dann eben noch mal ...«
    Ein vollbärtiger und gewichtiger Mann, der noch immer seine Henkersschlinge trägt, drängt sich mit vor Wahnsinn aufgerissenen Augen nach vorn, Schulter an Schulter mit Georgie Patton persönlich.
    Die Menschheit fließt an uns vorbei, und meine einzige Sorge ist, nicht mit ihr davongeschwemmt zu werden.
    Zwar kam mir der Gang schon die ganze Zeit eng vor, vielleicht sieben Meter breit, doch die Menschenkette - Tausende, mit eng verschränkten Armen - reicht nicht ganz von einer Seite zur anderen.
    Sie brauchen noch eine Person, um die Reihe zu schließen - oder es ist alles umsonst, denn die Dämonen kommen rasch näher.
    Noch einen. Sie brauchen immer einen mehr.
    Karl schaut mich an - alle schauen mich an: Brown, Ridley, Joan, Ahira, Horatius, alle - , Erstaunen liegt auf Karls blutverschmiertem Gesicht. »Walter? Worauf wartest du noch?«
    Dann wache ich auf.

TEIL EINS
HAUSAUFGABEN

Kapitel eins
In dem ich einen Morgen auf Schloß Cullinane verbringe
    Wenn du nicht glaubst, daß Sex eine heiße Sache ist, dann tob dich doch mal aus.
    - WILL SHETTERLEY -
    Mein Name ist Walter Slowotski.
    Soweit ich es ausrechnen kann, müßte ich innerhalb der nächsten Zehntagesfrist dreiundvierzig werden. Vielleicht wäre es langsam an der Zeit, erwachsen zu werden. Ich habe die letzten Dekaden verschiedentlich als Held, als Händler, als Farmberater, als Dieb und als Jeffersonscher Politfanatiker verbracht. Ach ja, und als Mörder. Einzel- wie Großhandel. Ich bin eine Art Hansdampf in allen Gassen.
    Weiterhin habe ich es zum Vater zweier Töchter gebracht (soviel ich weiß jedenfalls, denn ich ... ich, äh, bin etwas herumgekommen), habe einige hundert interessante Aphorismen kreiert und mit einer sogar noch größeren Auswahl interessanter Frauen geschlafen als zu meiner Collegezeit (siehe oben), einschließlich der zukünftigen
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