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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
Autoren: Joel Rosenberg
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Frau meines zweitbesten Freundes. (Zu der Zeit kamen wir noch nicht so gut miteinander aus. Und als er es herausfand, brachte er mich beinahe um. Doch am Ende blieben wir Freunde.) Und einige Jahre später schlief ich auch mit seiner Adoptivtochter. (Das hat er nie herausgefunden. Ich bin mir noch immer nicht sicher, wie das ausgegangen wäre.)
    Da bin ich also und komme in die Jahre. Mir stehen einige größere Veränderungen in meinem Leben bevor, und ich dachte mir, ich begegnete dem auf meine Weise. Ich könnte daher ebensogut mit dem Essen anfangen.
    Essen ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Die allmor gendliche Menschenmenge lief zum Frühstück zusammen, und auch ich war in dem Haufen dabei.
    Sich in einem neuen Schloß einzurichten nimmt viele Stunden in Anspruch und macht einen gesunden Appetit. Den habe ich sowieso immer gehabt, ob ich nun einen Kater hatte oder nicht.
    »Reich mir bitte den Speck rüber«, sagte ich. Den Geschmack von Nitraten vermisse ich nicht; in Bieme versteht man sich gut auf das Räuchern von Schweineteilen. Schon der Gedanke an Bohnen und Haxen auf biemestrische Art läßt mir das Wasser im Munde zusammenlaufen.
    »Hast du's eilig?« Jason Cullinane gestikulierte mit einer Gabel. »Vater pflegte zu sagen, daß der Tod immer bis nach dem Frühstück wartet.«
    Er sah abscheulich frisch für diese verdammte nachtschlafene Morgenstunde aus: das Gesicht gewaschen, das dunkelbraune Haar feucht zurückgekämmt und die Augen leuchtend. Teufel noch mal, ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn ihm ein buschiger Schwanz gewachsen wäre.
    Mein Mund schmeckte nach Galle und schalem Whisky, und mein Kopf schmerzte. In der Nacht zuvor hatte ich etwas zuviel getrunken, aber nur ein wenig zuviel, entschied ich: Mein Kopf pochte nur, er hämmerte nicht.
    Es ist eine Sünde, gutes Essen verkommen zu lassen, und ich wähle meine Sünden gerne sorgsam aus. Ich biß in ein dickes Stück Schinken und spülte es dann mit einem großen Schluck Milch aus einem glasierten Becher hinunter. Milch sollte fast so kalt sein, daß einem die Zähne weh tun.
    »Mein Kind«, sagte ich, »diesen Ausspruch hat dein Vater mir gestohlen. Wie die meisten seiner guten Sprüche.«
    Ich wurde mit aufblitzenden Zähnen belohnt - diese Art Lächeln, die sein Vater immer zur Schau trug. Trotz des Zehntagebartes, der seine Wangen und sein Kinn verdunkelte, konnte man ihn schwerlich als einen Erwachsenen bezeichnen. Er sah so verdammt jung aus.
    Sein Blick schweifte in die Ferne, als ob er über etwas nachdenken würde, und nur für einen Augenblick huschte der Schatten der anderen Seite seines Vaters über sein Gesicht, und das hatte etwas Entferntes und Kaltes. Aber der Augenblick zog vorbei, und er sah wieder wie fünfzehn aus, obwohl er sogar einige Jahre älter war. Ein braves Kind.
    Eigentlich schlug Jason Cullinane eher nach seiner Mutter. Ich konnte Andreas Gene an der Form seiner Wangenknochen und seinem Haarwirbel erkennen und in den warmen, dunklen Augen. Aber man konnte mehr als nur ein wenig von Karl Cullinane sehen - hauptsächlich in der Form des Kinns und der Schultern. Ich würde sagen, daß es mich manchmal beinahe ängstigte. Doch jedermann weiß, daß sich der große Walter Slowotski nicht fürchtet.
    Was nur zeigt, wie wenig jedermann weiß.
    »Speck?« Ich zeigte auf die Platte.
    Tennetty gab sie schließlich weiter. »Wozu die Eile heute morgen?«
    »Wer hat denn von Eile gesprochen? Ich bin hungrig.« Als ich Tennetty vor Jahren zum erstenmal traf, jagten Karl und ich eine Horde Plünderer, die gerade Heim Überfall hatten. Tennetty kam aus einem Sklavenwagen heraus gestolpert, eine farblose, magere Frau von der Art, die man leicht übersieht. Keine Charakterzüge in ihrem Gesicht, keine interessanten Narben.
    Selbst in Anbetracht dieses anfänglichen Aussehens hatte Tennetty sich über die Jahre nicht sehr gut gehalten; ihr knochiges Gesicht fiel am Morgen in sich zusammen, und der Flicken hing locker über ihrer leeren linken Augenhöhle. Sie rieb an der Wunde, die sich um ihr heiles Auge herumschlängelte; dann warf sie den Kopf herum, um die Haarsträhnen vor den Augen beiseite zu schleudern - also gut, nur dem Auge. Vielleicht wurde Tennetty in letzter Zeit etwas nachlässig. Früher hätte sie ihr Haar nicht so lang wachsen lassen, daß es ihr ins Gesicht gefallen wäre.
    Damals, in den alten Zeiten. Der Ärger mit den alten Leuten ist der, daß sie über die alten Zeiten immer so reden, als
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