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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
Autoren: Joel Rosenberg
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gewesen, wenn sie das nicht erwähnt hätte. Ich wollte den Morgen auf der Jagd mit dem Bogen verbringen, einmal um dem ganzen Ärger zu entgehen, vor allem aber, um in Form zu bleiben. Es macht mir nichts aus, mein eigenes Essen zu töten - damals, als ich Fleischwissenschaft belegt hatte, schlachtete und zerlegte ich mehr als nur ein paar Kühe - , aber es stellt keinen Reiz für mich dar. Tennetty dagegen genoß das Töten. Deswegen hatte ich kein gutes Gefühl, mit ihr auf die Jagd zu gehen.
    Offen gesagt, hätte ich beinahe alles über den Haufen geworfen, auf der Stelle. Mit Waffen zu spielen ist ein unangemessener freudianischer Ersatz, wie groß und männlich der Bogen auch sein mag oder wie weit oder schnell er schießen kann.
    Jason runzelte die Stirn. Manchmal kann ich beinahe Gedanken lesen: Es war für ihn leicht gewesen, Tennetty die Erlaubnis zu geben, mich zu begleiten. Aber es fiel ihm schwer zu entscheiden, ob sein Sinn für Pflichterfüllung dagegen sprach oder sogar von ihm forderte, daß er selber mitkam.
    Schließlich gelangte er zu dem Schluß, daß es ihm doch Spaß machen würde; allerdings hätte ich keine Wette angenommen, über welchen Umweg er zu diesem Ergebnis gekommen war.
    »Ich bin lange nicht mehr auf der Jagd gewesen«, sagte Jason und schüttelte sich für einen Augenblick die Last der ganzen Welt von den Schultern. Er entspannte sich, aber nur ein klein wenig.
    Ich war kurz davor, dies zu einer Lektion darüber zu machen, daß man eine Einladung nicht unbedingt annehmen muß, aber ich entschloß mich dann, die Gelegenheit verstreichen zu lassen. Seit sich Jason die Silberkrone des Kaisers von Holtun-Bieme für die Baronie eingehandelt hatte, hatte er nicht mehr viel Zeit zur Entspannung gefunden, und die hatte er wahrlich verdient. »Sicher«, sagte ich. »Komm mit.«
    »Guten Morgen«, wünschte uns Aeia Cullinane, als sie zusammen mit meiner Tochter Janie den Frühstücksraum betrat. So wie die beiden Licht in meinen Tag brachten, machten sie ihn auch kompliziert.
    »Morgen, Vati. Morgen zusammen.« Janie beugte sich herunter, um meine Wange zu küssen. Kurzes schwarzes Haar und ein Pony, der die ganze Zeit über die Augen zu fallen drohte, magere Glieder, die beinahe täglich voller wurden, Männer-Reithosen aus Leder und darüber ein Musselinhemd, das eng gegürtet war und die schlanke Taille sowie die sanften Kurven betonte: meine jugendliche Tochter. Knapp sechzehn, aber sechzehn auf Dieser Seite und nicht sechzehn auf der Anderen Seite. Mir kommt es vor, daß die Menschen hier schneller wachsen, als ich es von dort in Erinnerung habe.
    »Morgen, meine Süße«, erwiderte ich.
    Sie rutschte auf den Stuhl an Jasons Seite und griff nach einem großen Stück Brot, während Aeia in einer Pose verharrte, bei der sie so tat, als müßte sie sich entscheiden, wo sie sitzen wollte. Mir machte das nichts aus, sondern ich genoß den Anblick.
    Ein scharfer Verstand verbarg sich hinter den klaren Augen, die ein kleines bißchen schräg zu sein schienen. Ein Teil ihres sonnengebleichten Haars war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, während der Rest ihr Gesicht umrahmte, wobei einzelne Haarsträhnen die hohen Wangenknochen berührten. Sie trug, wenn man überhaupt davon sprechen kann, daß sie angezogen war, ein kurzes weißes Seidenhemd, dessen schräg geschnittener Saum links etwa kniehoch und rechts auf der mittleren Höhe des Oberschenkels verlief. Es war ein großartiger Anblick, aber wahrscheinlich kein großartiger Einfall, denn die Wachen, die überall herumstanden, waren ein ziemlich roher Haufen.
    Jason blickte seine Adoptivschwester finster an. »Tust du mir einen Gefallen?«
    Sie legte den Kopf zur Seite. »Kommt drauf an.«
    »Zieh dir was an, bevor du deine Kammer verläßt!« Die Stimme des Haus-und-Hof-Meisters paßte noch nicht ganz zu ihm, aber er wurde schon besser.
    »Und wie nennst du das?« Mit der Hand strich sie an einer Seite hinunter.
    »Ärger. Ich weiß nicht, was du in Biemestren getrieben hast, aber so geht das hier nicht.«
    »Oh«, sagte sie, womit sie das Thema eher umschiffte, als darauf einzugehen. Als sie sich neben mich setzte, lächelte sie mich an und legte mir kurz ihre warme Hand auf den Arm, während sie ihr Bein gegen meins drückte. Nicht neckend, nur berührend.
    Das erkläre mir mal einer: Warum sind Frauen zwei Grad wärmer als Männer?
    Und warum gerate ich immer wegen der Frauen in Schwierigkeiten?
    Dabei ist es wirklich einfach,
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