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TS 91: Bis in die Unendlichkeit

TS 91: Bis in die Unendlichkeit

Titel: TS 91: Bis in die Unendlichkeit
Autoren: A. E. van Vogt
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frühenMorgens. Seine erste Enttäuschung hatte er bereits hinter sich. Er hatte gehofft, daß der Anblick der Häusergruppe, scharf abgehoben gegen den Hügelsaum im Hintergrund, Erinnerungen in ihm wachrufen würde.
    Was er auch hatte – doch nur solche aus seiner Kindheit, als er mit seinen Eltern bei verschiedenen Ausflügen durch das Städtchen gekommen war. Jetzt standen hier neue Häuser und eine Bahnstation, die vor zwanzig Jahren noch nicht dagewesen war, und in seinem Geist wurde nicht die leiseste Erinnerung an das geweckt, was er sechzehn Tage zuvor getan oder gesehen hatte.
    Drake schüttelte verwirrt den Kopf. Er dachte: „Irgend jemand hat mich doch bemerkt, muß mich doch erkannt haben. Ich sprach mit allen möglichen Leuten, mit Geschäftsinhabern, Reisenden, Schaffnern, Hotelangestellten … Ich hatte immer schon etwas für Geselligkeit übrig, also …“
    „Hallo, Drake, das ist aber eine Überraschung!“ sagte eine fröhliche Stimme neben ihm. „Nanu, Sie sehen ja drein, als kämen Sie von einer Beerdigung.“
    Drake wandte den Kopf und erblickte einen ziemlich schlanken jungen Mann, mit gebräuntem Gesicht und dunklem Haar, an die dreißig Jahre alt. Er besaß die typisch schlaffe Haltung einer zu dünn geratenen Person, die zu viele Musterkoffer geschleppt hat. Er mußte etwas in Drakes Augen bemerkt haben, denn er sagte schnell:
    „Sie erinnern sich doch an mich? Bill Kellie!“ Er lachte verhalten. „Sagen Sie, da fällt mir ein, ich habe noch ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen. Was haben Sie mit diesem Mädchen, Selanie, angestellt? Zweimal bin ich nun schon durch Piffer’s Road gefahren, aber sie hat sich nicht wieder blicken lassen. Sie …“
    Er verstummte, und sein Blick war plötzlich durchdringend. „Sagen Sie mal, Sie erinnern sich doch an mich, oder?“
    Piffer’s Road! Drake hätte sich denken können, daß diese Ortschaft mit im Spiel war. Immerhin, eine erstaunliche, wenn nicht sogar äußerst bemerkenswerte Tatsache. War er vielleicht auf den Gedanken gekommen, die Farm – seine Geburtsstätte – aufzusuchen, um sich in dem alten Gehöft einmal umzusehen?
    Er erwachte aus seiner intensiven inneren Erregung und sah an Kellies Gesichtsausdruck, daß es jetzt an der Zeit war, einige Erklärungen abzugeben. Also erzählte er seine Geschichte und schloß mit den Worten:
    „Wie Sie sehen, stecke ich ganz schön in der Patsche. Vielleicht könnten Sie mir eine ungefähre Vorstellung davon geben, was während unseres Beisammenseins geschah. Wer ist diese Selanie?“
    „Aber natürlich“, meinte Kellie, „das geht in …“ Er brach ab, runzelte die Stirn. „Sie wollen mich doch nicht auf den Arm nehmen, wie?“ Schnell winkte er ab. „Schon gut, schon gut, ich glaube Ihnen ja. Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit, bis der Lokalzug nach Kissling fällig ist. Amnesie, was? Das Zeug kommt mir bekannt vor, aber – Moment mal!, Sie glauben doch nicht etwa, daß dieser alte Herr etwas damit zu tun haben könnte …?“ Er schlug sich mit der Faust in die offene Handfläche. „Ich wette, das ist’s!“
    „Ein alter Herr …“ Drake fing sich und meinte dann bestimmt: „Erzählen Sie, worum handelt es sich?“
     
    *
     
    Der Zug wurde langsamer. Durch das leicht beschlagene Fenster konnte Drake ein Tal vorbeiziehen sehen, mit vereinzelten grünen Waldflächen und einem sich dahinwindenden Wasserlauf. Dann rückten einige Häuser ins Blickfeld, ein Dutzend Nebenwege und schließlich der Bahnhof.
    Ein hochgewachsenes, schlankes hübsches Mädchen schritt draußen an seinem Fenster vorbei, einen Warenkasten um den Hals gehängt. Der Geschäftsreisende hinter Drake, der bei der letzten Station zugestiegen war und mit dem er sich unterhalten hatte, sagte:
    „Oh, da ist ja Selanie. Bin schon gespannt, welchen Superartikel sie heute zu verkaufen hat.“
    Drake lehnte sich zurück in seinem Sitz. Fürwahr, er hatte von Piffer’s Road bereits genug gesehen! Es war seltsam, dieses Gefühl der Interesselosigkeit … Immerhin war er knappe fünf Kilometer weiter geboren. Und dennoch, der Ort war ihm gleichgültig. Sein Geist erfaßte erst langsam, was der andere gesagt hatte.
    „Selanie!“ echote er. „Komischer Name. Sagten Sie, sie verkaufe etwas?“
    „Und ob!“ stieß Kellie hervor.
    Er mußte die Schärfe seines Ausrufes erkannt haben, denn er holte tief und hörbar Luft. Seine blauen Augen fixierten Drake. Er öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, schloß ihn dann
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