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TS 91: Bis in die Unendlichkeit

TS 91: Bis in die Unendlichkeit

Titel: TS 91: Bis in die Unendlichkeit
Autoren: A. E. van Vogt
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nicht vom Blumenbeet, an dem sie herumgrub. Sie war ein knochiges Geschöpf in einem Kattunkleid – und sie mußte ihn kommen gehört haben, andernfalls hätte sie nicht so beharrlich geschwiegen.
    „Könnten Sie mir vielleicht sagen“, meinte Drake dessen ungeachtet, „wo hier ein Mann mittleren Altern mit seiner Tochter wohnt? Die Tochter heißt Selanie. Sie pflegt Füllfedern, Trinkbecher und solche Sachen den Leuten im Zug zu verkaufen.“
    Die Frau erhob sich jetzt. Sie kam herüber. Aus der Nähe betrachtet, sah sie nicht gar so mager und ungelenk aus. Sie hatte graue Augen, die ihn mit einem gewissen Maß an Feindseligkeit, dann jedoch mit offener Neugierde musterten.
    „Sagen Sie mal“, entgegnete sie scharf, „waren Sie nicht schon vor zwei Wochen hier und haben sich nach ihnen erkundigt? Ich sagte Ihnen bereits, daß sie in jenem Gehölz da drüben wohnten.“ Sie wies mit der Hand auf eine Baumgruppe, die sich etwa vierhundert Meter weiter am Straßenrand befand, aber ihre Augen waren zusammengekniffen, während sie ihn anstarrte.
    Drake konnte sich nicht gut vorstellen, wie er dieser mürrischen, argwöhnischen Alten seine Amnesie erklärlich machen sollte; und schon gar nicht fiel ihm ein, ihr gegenüber zu erwähnen, daß er einst in der Gegend gelebt hatte. Rasch sagte er:
    „Haben Sie vielen Dank. Ich …“
    „Zwecklos, jetzt noch hinzugehen“, warf die Frau ein. „Sie zogen noch am selben Tag, an dem Sie dort waren, weg … mit ihrem großen Wohnwagen. Und sie sind nicht wieder zurückgekommen.“
    „Sie sind fort!“ entfuhr es ihm.
    In seiner tiefen Enttäuschung war er nahe daran, mehr zu sagen. Dann jedoch sah er, daß die Frau ihn mit einem leisen, zufriedenen Lächeln im Gesicht betrachtete. Sie sah drein, als habe sie einem unliebsamen Individuum einen K.O.-Schlag versetzt.
    „Ich glaube“, meinte Drake bissig, „ich werde doch hingehen.“
    Er drehte sich auf dem Absatz um, dermaßen verärgert, daß er für eine Weile gar nicht bemerkte, wie er im Straßengraben ging. Seine Wut wich langsam einer Enttäuschung, und diese wiederum verblaßte vor dem Gedanken, daß er, wenn er schon einmal hier war, sich ebensogut auch umsehen konnte.
    Einen Augenblick später wunderte er sich nur noch darüber, wie ihm eine einzige Frau in so kurzer Zeit hatte derart auf die Nerven gehen können. Er schüttelte den Kopf, schalt sich einen Narren. Er mußte jetzt aufpassen. Die Suche nach seiner Erinnerung stellte eine nervliche Belastung für ihn dar.
    Schier aus dem Nichts kam eine Brise auf, als er in die von Bäumen überschattete Senke einbog. Sanft strich sie über sein Gesicht, und ihr Weg durch das Laubwerk war das einzige Geräusch, das die Stille des Abends durchbrach.
    Er brauchte nicht länger als einen Augenblick, um zu erkennen, daß seine vagen Erwartungen – jenes unbestimmte Gefühl, das ihn zu diesem Erkundungsgang veranlaßt hatte – enttäuscht würden. Denn an diesem Ort gab es nichts, was andeuten könnte, daß hier einmal Menschen gelebt hatten – nicht eine Konservenbüchse, nicht ein Abfallpaket oder Aschenrest. Nichts. Trostlos stapfte er ein paar Minuten lang herum, stocherte mit einem Stock in einem Haufen abgestorbener Äste, und schließlich schritt er den Weg zurück, den er gekommen war.
    Diesmal rief ihn die Frau. Er zögerte, dann ging er hinüber zu ihr. Letzten Endes mochte sie weit mehr wissen, als sie ihm erzählt hatte. Er sah, daß sie jetzt freundlicher dreinblickte.
    „Was gefunden?“ fragte sie gespannt.
    Drake lächelte grimmig bei dem Gedanken, wie mächtig die Neugier sein konnte, dann zuckte er etwas traurig die Achseln.
    „Wenn ein Wohnwagen abfährt“, sagte er, „dann ist es wie beim Rauch – er verflüchtigt sich einfach.“
    Die Frau rümpfte die Nase. „Jegliche Spuren, die noch zurückblieben, verschwanden jedenfalls schnell, nachdem der alte Herr sich dort umsah.“
    Drake hatte Mühe, seine Erregung zu unterdrücken. „Der alte Herr!“ rief er.
    Die Frau nickte, dann sagte sie bitter: „Ein wirklich feiner alter Herr! Tauchte hier auf und wollte wissen, was Selanie uns verkauft habe. Zwei Tage später erwachten wir am Morgen, und die ganzen Sachen waren weg.“
    „Gestohlen!“
    Die Frau blickte finster. „So kann man es auch nennen. Er hinterließ uns einen Dollarschein für jedes Stück. Aber bei den Sachen ist das reiner Diebstahl. Wissen Sie, sie hatte da eine Bratpfanne, die …“
    „Aber was wollte er?“ unterbrach
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