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TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
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„Hardy!“ Seine Stimme donnerte rings um ihn. Sie klang laut und etwas verängstigt. „Machen Sie die Tür auf. Was geht hier vor?“
    Er versuchte, sich in der Röhre umzudrehen, um die Tür zu erreichen, aber das ging nicht. Es blieb ihm nichts anderes, als nach vorne zu kriechen. Er begann, auf Händen und Knien weiterzurutschen, wobei er halblaut vor sich hinfluchte. „Warten Sie nur, Hardy. Sie und Ihre faulen Scherze. Ich weiß zwar nicht, worauf Sie …“
    Plötzlich machte die Röhre um ihn einen Satz. Er stürzte, stieß mit dem Kinn gegen Metall. Er kniff die Augen zusammen. Die Röhre war größer geworden. Jetzt war mehr als genug Platz. Und sein Anzug! Sein Hemd und seine Hosen umgaben ihn wie ein Zelt.
    „Himmel!“ sagte Grote. Er erhob sich auf die Knie. Dann drehte er sich mühsam um. Er kroch durch die Röhre zurück, den Weg, den er gekommen war, auf die Metalltür zu. Er stieß dagegen, aber nichts geschah. Sie war jetzt zu groß für ihn, als daß er sie mit Gewalt hätte öffnen können.
    So saß er lange Zeit da. Als der Metallboden unter ihm sich zu erwärmen begann, kroch er widerstrebend zu einer kühleren Stelle. Dort blieb er sitzen und starrte wütend in die Finsternis.
    „Was soll ich nur tun?“ fragte er sich wieder und wieder.
    Nach einiger Zeit begann er Mut zu fassen. „Ich muß jetzt logisch denken. Ich habe bereits einmal Berührung mit dem Kraftfeld gehabt. Folglich bin ich jetzt auf die Hälfte meiner normalen Größe zusammengeschrumpft. Ich bin also etwa drei Fuß groß. Folglich ist für mich die Röhre jetzt doppelt so lang wie zuvor.“
    Er holte die Taschenlampe und etwas Papier aus seiner immensen Tasche und begann zu rechnen. Es war beinahe unmöglich, mit der Taschenlampe umzugehen.
    Unter ihm begann der Boden sich zu erwärmen. Automatisch kroch er weiter in die Röhre hinein, um der Hitze zu entgehen.
    „Wenn ich lange genug hierbleibe“, murmelte er, „könnte ich …“
    Wieder machte die Röhre einen Sprung, schien nach allen Seiten von ihm zu entweichen. Plötzlich fand er sich in einem Meer von Stoff eingehüllt. Endlich gelang es ihm, sich daraus zu befreien.
    „Eineinhalb Fuß“, sagte Grote und blickte sich nach allen Seiten um. „Ich wage jetzt nicht, mich weiterzubewegen, keinen Schritt.“
    Aber als der Boden unter ihm wärmer zu werden begann, bewegte er sich doch. „Dreiviertel Fuß.“ Der Schweiß brach ihm aus. „Dreiviertel Fuß.“ Er blickte die Röhre hinein. Weit, weit unten am anderen Ende flimmerte ein Lichtfleck, die Lichtschranke. Wenn er sie nur erreichen konnte, wenn er sie nur erreichen konnte!
    Er dachte eine Weile über seine Zahlen nach. „Nun“, sagte er schließlich zu sich, „ich hoffe, daß ich recht habe. Nach meinen Berechnungen sollte ich die Lichtschranke in neun Stunden und dreißig Minuten erreichen, wenn ich immer weitergehe.“ Er atmete tief und hob die Taschenlampe auf die Schultern.
    „Allerdings“, murmelte er, „dürfte ich bis dahin ziemlich klein sein …“ Er streckte angriffslustig das Kinn vor und machte sich auf den Weg …
     
    *
     
    Professor Hardy wandte sich Pitner zu.
    „Berichten Sie der Klasse, was Sie heute morgen gesehen haben.“
    Alle Augen wandten sich ihm zu. Pitner druckste.
    „Nun, ich war im Keller. Man hatte mich aufgefordert, einzutreten. In die Froschkammer. Professor Grote, meine ich. Sie wollten das Experiment beginnen.“
    „Von welchem Experiment sprechen Sie?“
    „Dieses Zeno-Experiment“, erklärte der Student nervös. „Der Frosch. Er setzte den Frosch in die Röhre und schloß die Tür. Und dann schaltete Professor Grote die Heizung ein.“
    „Und was geschah?“
    „Der Frosch fing an zu hüpfen. Er wurde kleiner.“
    „Er wurde kleiner, sagen Sie. Und was dann?“
    „Er verschwand.“
    Professor Hardy lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    „Der Frosch hat also das Ende der Röhre nicht erreicht?“
    „Nein.“
    „Das wäre alles.“ In der Klasse erhob sich ein Gemurmel. „Sie sehen also, daß der Frosch das Ende der Röhre nicht erreicht hat, wie mein Kollege, Professor Grote, das immer behauptete. Er wird das Ende auch nie erreichen. Ein Jammer – wir werden diesen unglücklichen Frosch also nie wiedersehen.“
    In der Klasse wurde es unruhig. Hardy klopfte mit seinem Bleistift aufs Pult. Er zündete sich die Pfeife an und stieß ein paar dichte Rauchwolken aus. Dann lehnte er sich zurück. „Dieses Experiment war für den armen Grote eine
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