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TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit
Autoren: Philip K. Dick
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–“ Grunberg schlug mit der flachen Hand auf seinen Schreibtisch. „Ergo werden Sie nichts auf der anderen Seite finden.“
    „Ja“, sagte Miller nach einem Augenblick des Schweigens. Sein Gesicht nahm einen eigenartigen Ausdruck an. „Sie haben den Fehler gefunden.“
    „Was für einen Fehler?“ Grunberg schien überrascht. „Was …“
    Miller ging auf die Tür zu. „Ich beginne zu verstehen. Ich habe eine falsche Frage gestellt. Ich habe versucht zu entscheiden, welche Welt die echte ist.“ Er grinste Dr. Grunberg zu. „Sie sind natürlich beide echt.“
    Er nahm sich eine Taxe und fuhr zu seinem Haus zurück. Niemand war zu Hause. Die Jungen waren in der Schule, und Marjorie war zum Einkaufen in die Stadt gefahren. Er wartete hinter der Tür, bis er sicher war, daß ihn niemand von der Straße aus beobachtete und ging dann den Weg zum Bürgersteig.
    Er fand die Stelle ohne jede Schwierigkeit. Ein leichtes Flimmern lag in der Luft, eine Stelle am Rand des Parkplatzes, und durch das Flimmern hindurch konnte er die Umrisse von Gestalten sehen.
    Er hatte recht. Das war es – komplett und wirklich. Ebenso echt wie der Boden unter seinen Füßen.
    Eine lange Metallstange wurde vom Rand des Kreises abgeschnitten. Er erkannte sie: die Sicherheitssperre, über die er gesprungen war, um die Ausstellung zu betreten. Dahinter war das Sicherheitsfeldsystem, abgeschaltet natürlich. Und dahinter das restliche Stockwerk und die Wände des Geschichtsgebäudes.
    Er tat einen vorsichtigen Schritt in den schwachen Schimmer hinein. Es flimmerte um ihn, und die Umrisse wurden deutlicher. Eine sich bewegende Gestalt in einem dunkelblauen Umhang. Irgendein Neugieriger, der die Ausstellung betrachtete. Die Gestalt bewegte sich weiter und verschwand. Jetzt konnte er seinen eigenen Arbeitstisch sehen, sein Bandgerät und ein paar Spulen. Neben dem Schreibtisch stand seine Aktentasche, genau dort, wohin er sie gestellt hatte.
    Während er noch überlegte, ob er über die Barriere klettern und seine Mappe holen sollte, tauchte Fleming auf.
    Irgendein innerer Instinkt ließ Miller zurücktreten, als Fleming auftauchte. Vielleicht war es der Ausdruck in Flemings Gesicht, der das bewirkte. Jedenfalls trat Miller zurück und stand mit beiden Beinen auf dem Asphalt, als Fleming unmittelbar vor der Barriere stehenblieb und mit verzerrtem Gesicht rief:
    „Miller – kommen Sie sofort heraus.“
    Miller lachte. „Seien Sie ein netter Mann, Fleming. Werfen Sie mir meine Tasche herüber. Das ist dieses eigenartige Dings da, dort drüben an meinem Tisch. Ich habe sie Ihnen gezeigt – erinnern Sie sich?“
    „Hören Sie auf, Spielchen mit mir zu machen und hören Sie mir zu!“ herrschte Fleming ihn an. „Das ist sehr ernst. Carnap weiß alles. Ich mußte ihn informieren.“
    „Gut gemacht, der typische, pflichtbewußte Bürokrat.“
    Miller beugte sich vor und zündete seine Pfeife an. Er tat einen tiefen Zug und blies eine große, graue Rauchwolke durch die flimmernde Stelle, hinaus ins Stockwerk R. Fleming hustete und zog sich zurück.
    „Was ist das für ein Zeug?“ fragte er.
    „Tabak. Eines der Dinge, die es hier gibt. Im zwanzigsten Jahrhundert ein sehr verbreiteter Artikel. Sie wissen das natürlich nicht – Ihre Periode ist das zweite vorchristliche Jahrhundert. Die hellenistische Welt. Ich weiß nicht, wie gut es Ihnen damals gefallen würde. Die sanitären Anlagen waren damals recht schlecht. Die Lebenserwartung war ziemlich kurz.“
    „Wovon reden Sie denn?“
    „Im Vergleich dazu ist die Lebenserwartung meiner Forschungsperiode ziemlich hoch. Und Sie sollten das Bad sehen, das ich hier habe. Gelbe Kacheln. Und eine Dusche. So etwas gibt es in unseren Freizeitheimen überhaupt nicht.“
    Fleming knurrte nur. „Mit anderen Worten, Sie werden dort bleiben.“
    „Es ist angenehm hier“, sagte Miller leichthin. „Natürlich ist meine Stellung hier überdurchschnittlich gut. Ich möchte es Ihnen beschreiben. Ich habe eine attraktive Frau: die Ehe ist hier gestattet, wird sogar gefördert. Ich habe zwei Kinder – beides Jungen – die an diesem Wochenende an den Russian River fahren. Sie wohnen bei mir und meiner Frau – wir haben hier die alleinige Aufsicht über die Kinder. Der Staat hat darüber noch keine Macht. Ich habe einen nagelneuen Buick …“
    „Illusionen“, höhnte Fleming. „Psychotische Wahngebilde.“
    „Sind Sie sicher?“
    „Sie verdammter Narr! Ich wußte immer schon, daß Sie
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