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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago
Autoren: Heide Fürböck
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Mit einem Vorwort ist’s nicht getan –
    einige Sätze müssen’s schon sein!
     
     
    Die nachfolgende Reisebeschreibung - ein ähnlich zeitaufwendiges Unterfangen wie der Anlass dazu - gehört nicht zur Schwemme selbiger Literatur, die den Büchermarkt mit ungezählten, mehr oder weniger brauchbaren Werken bestückt. Auch wenn die darin erwähnten Länder - vorwiegend Frankreich und Spanien - bereits zu jenen »Kenn’-ich-wie-meine-Westentasche«-Nationen zählen, deren Bekanntschaft heute bald jedes Kleinkind macht, bevor es überhaupt spitzkriegt, daß Mamas und Papas Ferien für alle Beteiligten doch nicht die schönsten Wochen im Jahr sind. Genauso wenig lange dauert es, festzustellen, daß so genannte leichtverdauliche Reiseliteratur mit beträchtlichen Qualitätsunterschieden aufwartet und oft nur schwer verkonsumiert werden kann, vor allem, wenn sie zu trocken aufgetischt wird. Es empfiehlt sich deshalb, zu sachlich servierte Recherchen immer mit reichlich Flüssigkeit zu sich zu nehmen - am besten mit süffigem Landwein sollte nicht beim nächsten Hustenanfall das angelesene Wissen, zum Beispiel, daß Frankreich und Spanien durch die Pyrenäen getrennt werden, und daß Spanier gerne mit Tüchern vor den Köpfen von Rindviechern herumfuchteln, während Franzosen mit Vorliebe Kugeln vor sich herwerfen, zu den Ohren rausstauben.
    Der aufgeklärte Leser und potentielle Reisende baut in dieser Hinsicht vor und kauft sich gleich mehrere Buchexemplare verschiedener Autoren, die sein Traumland zum Thema haben. Er wird in seiner Freizeit wunderbar mit dem Vergleichen der Texte ausgelastet sein und kann sich in endlosen Studien den beschriebenen Wahrheiten und Unwahrheiten beziehungsweise Irrtümern widmen, kann sich soweit zum Experten heranbilden, um in weiterer Folge zu erahnen, welchem Autor welche Bücher als »Vorlage« dienten. Darüber hinaus schafft sich der Leser auch ein Gefühl von Eigenständigkeit, indem er zwischen differierenden Informationen frei entscheiden darf, welche er letztendlich für die richtige erachtet. Im Laufe stundenlanger, gewissenhafter Vergleiche wird er schließlich feststellen, daß manche Kirchtürme die seltene Eigenschaft besitzen, je nach Belieben, zu wachsen oder zu schrumpfen, daß ein und derselbe Fußweg mal als leichtes Terrain, mal als schwieriges Gelände eingestuft wird, daß sich ein und dieselbe Strecke zwischen zwei Orten spielend von 57 auf 63 Kilometer dehnen läßt, daß eine Burg, nachdem sie in dem einen Nachschlagewerk zu einem bestimmten Zeitpunkt bereits geschleift wurde, im anderen noch feindliche Angriffe abwehren muß, und daß er es bei dem einen oder anderen Bauwerk gelegentlich mit einem epochalen Chamäleon zu tun hat, das alle spätromanisch- frühgotisch-mittelbyzantinischen Stilrichtungen bravourös in sich zu vereinigen versteht. Zwei Jahre Kunstgeschichte, denke ich, reichen mir, um Romanik von Gotik zu unterscheiden und beides wiederum von Barock; und wenn ich mich anstrenge, entlarve ich auch noch Renaissance, hin und wieder auch Klassizismus und Jugendstil. Mehr wäre schon anstrengend und überdies für jeden langweilig, dem es genügt, ein Bauwerk als prächtig oder als hässlichen Kasten abzutun.
    Reiseführer laufen sehr häufig als schnelle Kost zwischendurch, können sich aber, will man ihnen gerecht werden, als ungeheure Brocken entpuppen, sowohl für den Autor als auch für den Leser. Nun war ich in der fraglich glücklichen Lage, keinen Reiseführer der herkömmlichen Art fabrizieren zu müssen, sondern nur eine Reisebeschreibung. Das erleichtert vieles und erschwert so manches. Einerseits fühlte ich mich nicht genötigt, historische Jahreszahlen, kriegerische Scharmützel, diverse Öffnungszeiten, Restaurant-Tipps, Folklore-Festivals und die übliche Flora-und-Fauna-Leier systematisch abzuhandeln; andererseits war ich auf mich selbst angewiesen, das heißt, wenn mir eine bestimmte Reiseepisode nicht so recht aufs Papier wollte, so konnte ich keinen Baedeker zu Rate ziehen, kurz »nachlesen« und die Sache in abgewandelter Form und mit einigen persönlichen Verbrämungen in meine Geschichte einschmuggeln.
    Auch wenn meine Beschreibung logischerweise keinen Anspruch auf Einmaligkeit erheben kann, was die besuchten Länder selbst betrifft, so steht sie mit ihrem Inhalt wahrscheinlich allein auf weiter Bücherflur. Und für diese Sonderstellung zeichnet eindeutig der Hauptakteur unserer »Expedition« verantwortlich - ein fast 30
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