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FreeBook Sex-mal um den ganzen Globus - Ueber das Liebesleben der Voelker Ein Ethno-Bericht

FreeBook Sex-mal um den ganzen Globus - Ueber das Liebesleben der Voelker Ein Ethno-Bericht

Titel: FreeBook Sex-mal um den ganzen Globus - Ueber das Liebesleben der Voelker Ein Ethno-Bericht
Autoren: Robert Mohr
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Keuschheit – die genommene Lust
    Vielleicht wurde die Keuschheit nur erfunden, um die Wollust noch mehr anzuheizen.
     
    Keuschheit, Jungfräulichkeit und sexuelle Abstinenz sind Wertvorstellungen, die wie kaum etwas anderes die westliche Kultur geprägt haben. Sie gelten als positive Verhaltensnorm. Menschen, die dieser Norm kritisch gegenüberstehen, benutzen dafür allerdings negative Begriffe wie Prüderie, Verklemmtheit oder Frigidität. Diese Ausdrücke sind sozusagen Synonyme für das Wort Keuschheit, wenn auch, wie gesagt, unter einem negativen Blickwinkel. Jedem, der sich ein wenig umsieht, fällt auf, daß zwischen Norm oder Ideal und tatsächlichem Verhalten eine enorme Lücke klafft. Das gilt für den einzelnen genauso wie für ganze Institutionen, wie zum Beispiel die katholische Kirche.
    Vor allem das Christentum mit seinem Gebot „Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen“ scheint sich beim Thema Sex geradezu ständig zu widersprechen. Wie verträgt sich zum Beispiel die Aufforderung zum „Liebet einander und mehret Euch“ auf der einen Seite mit der Aufforderung zur Keuschheit auf der anderen? Warum kritisierte Jesus die Tätigkeit Maria-Magdalenas mit keinem Wort, obwohl sie eine Prostituierte war? Offensichtlich war er nur an ihrem Glauben interessiert und nicht an ihrem Umgang mit Sex. Er hielt sie, gerade weil sie die öffentliche Moral verletzte für aufrichtiger, als jene, die offiziell keusch lebten, aber im Geheimen diese Moral verletzten. Sagte Jesus je etwas gegen die Ehe oder gegen den Geschlechtsverkehr? Nein. Es fragt sich, woher kommt dann die verbissene, dogmatische Forderung nach dem Zölibat für katholische Priester?
    Wir sehen, die Berichte über Jesus und seine Aussagen sind eine Sache, das Christentum ist aber eine andere. Das Christentum ist wie die anderen großen Religionen zuerst einmal eine Ideologie. Es postuliert ein Ideal, etwas Ausgedachtes, wie das Wort ja schon sagt. Mit den natürlichen Bedürfnissen und dem natürlichen Verhalten der Menschen haben aber Idealvorstellungen oft wenig bis gar nichts zu tun. Mittlerweile wissen wir, daß der Mensch, wie seine nächsten Verwandten im Tierreich, die Primaten, weder für die Monogamie noch für die Keuschheit geschaffen ist. Gerade die uns genetisch am ähnlichsten Bonobos, eine Schimpansenart, zeigt, daß Sex vielmehr eine wichtige soziale Kommunikationsform ist und deshalb auch bei uns eine enorme, über den reinen Arterhalt hinausreichende Bedeutung hat. Sex ist also weit mehr, als nur eine Fortpflanzungstätigkeit, die darauf beschränkt, eigentlich nur einmal im Jahr oder fünfmal im Leben stattfinden müßte. Sex ist ein wichtiges soziales Bindemittel. Ohne permanente Lust wäre zum Beispiel eine gemeinsame Kinderaufzucht mit der langwierigen Einführung der Kinder in die menschliche Gesellschaft gar nicht möglich. Es ist die permanente Sexlust, die Menschen zu Paaren und damit zu Familien zusammenfinden läßt. Lust und Sex sind somit wichtig für die Erziehung und somit auch für die Entwicklung der menschlichen Fertigkeiten.
    Doch die permanente Lust hat auch ihre Kehrseite. Sie bringt mit sich, daß sich der Mensch theoretisch alle zehn Monate reproduzieren könnte oder – mit anderen Worten – eine gesunde Frau im Verlauf ihres Lebens etwa 30 Kinder zur Welt bringen könnte. Selbst für die kinderfreundlichste Gesellschaft, mit den besten Umweltbedingungen, wäre das eine untragbare Wachstumsrate. Dennoch sind maximale Wachstumsraten immer wieder erwünscht gewesen. So zum Beispiel bei der Kolonisation von Neuland oder während Eroberungskriegen. Während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland oder jüngst im iranisch-irakischen Krieg waren ähnliche Wünsche nach einer möglichst hohen Reproduktionsrate laut geworden. Die Frauen wurden zu Wurfmaschinen degradiert.
    Knappe Lebensräume und begrenzte Ressourcen haben den Menschen jedoch schon in seiner frühesten Entwicklungsstufe gelehrt, seine eigene Art zu beschränken. Daraus könnte sich das Ideal der Enthaltsamkeit entwickelt haben. Die erfolgreiche Geburtenkontrolle, ohne die technischen und medikamentösen Mittel unserer Zeit, war auf einen religiösen Keuschheitsmythos angewiesen.
    Im Laufe der Zeit wurde Sex immer mehr als etwas dem Menschen Unwürdiges dargestellt. Etwas, das mit einem gottesfürchtigen Leben nicht zu vereinbaren sei. So war denn auch im mittelalterlichen Abendland, durch die Fülle von kirchlichen Feiertagen oder die
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