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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hand hin. »Gib mir die Hand, Ilse: Überlaß ihn mir.«
    »Bei allen Schönheitscremen … weck ihn dir ein!« Ilse beugte sich über die Balkonbrüstung. Von Haus 2 kamen drei Frauen im engen Gymnastikdreß gelaufen. Ihnen folgte kurzatmig eine vierte. Klein, rund, kurzbeinig, mit einem riesigen Busen. »Frau Direktor Pfannenmacher macht wieder mit«, sagte sie leise. »Sie ist zu bewundern. Und ihr Mann ist solch ein eingebildeter Pinkel.« Sie trat zurück unter das Vordach. »Nein. Verlier du den Kopf allein, wenn's dir Spaß macht, die Männer sind es nicht wert, das sag ich dir …«
    Am Sonntag standen sie auf dem kleinen Bahnhof von St. Hubert und warteten auf den Zug aus München. Hier in St. Hubert war Endstation. Weiter ging's nur mit den Postbussen in die Täler.
    Ilse und Marianne trugen die gleichen Dirndl-Kleider, getreu ihrem Spitznamen: Die Almfried-Sisters. Nur an den Haaren unterschieden sie sich sofort: das glänzende Ebenholzschwarz von Ilse gegen das leuchtende Goldblond Mariannes. Es war ein Kontrast, wie er größer nicht sein konnte.
    Und dann war der Zug da. Drei Wagen hingen hinter der Lok, ein Packwagen und vier Güterwagen. Im letzten brummten Kühe und stießen mit den Hörnern gegen das Holz.
    »Die sind für den Immenbauer«, sagte Ilse. »Vier Zuchtkühe aus dem Allgäu.«
    Marianne sah die Fenster entlang, dann winkte sie und wollte davonlaufen, aber Ilse hielt sie am Oberarm fest.
    »Wohl verrückt, was?« zischte sie. »Hinlaufen. Du tust, als ob du mit ihm schon jedes Luxushotel kennst.«
    Dr. Lorentzen stieg aus. Er hatte wenig Gepäck bei sich. Sein großer Koffer mit Prospektmaterial und den Medizinproben der Firma, für die er tätig war, lag in der Gepäckaufbewahrung in München. Eine Woche München lag vor ihm. Von Arzt zu Arzt. Von Klinik zu Klinik. »Guten Tag, Herr Kollege. Kennen Sie schon den Nasenspray Rhinotherm? Zweimal gesprüht, und die Nasenschleimhäute ziehen sich zusammen wie eine Igelhaut. Übrigens, kennen Sie den Witz vom Igel, der sich rasieren ließ?« – Das war von Dr. Lorentzen übriggeblieben.
    »Willkommen in St. Hubert!« sagte Marianne und streckte ihm beide Hände entgegen. Dr. Lorentzen verbeugte sich, nahm die Rechte Mariannes und küßte sie. Die Bauern, die auf dem Bahnsteig standen, machten runde Augen. »Der schleckerts dena die Hand ab«, dachten sie. »So seins, die fürnehmen Herrn …«
    »Meine Freundin und Kompagnonin Ilse Patz«, sagte Marianne und sah Ilse bittend an. Wieder verneigte sich Dr. Lorentzen und küßte Ilse die schmale, braune Hand.
    Ilse hob die Augenbrauen. Ihre schwarzen Augen musterten Dr. Lorentzen. Einmal hat Marianne in puncto Männern recht, dachte sie. Mann … männlich … Dr. Lorentzen … das war die einzig mögliche Steigerung. Sie zog ihre Hand zurück und strich sich über die Haare. »Es ist uns eine große Ehre«, sagte sie, »daß der große Chirurg uns kleine Salbenstreicher besucht. Seien Sie gnädig! Ich weiß, wie die Schulmedizin über uns denkt!«
    Marianne nagte an der Unterlippe. Sie sah, wie ein Schatten über Lorentzens Gesicht huschte, als Ilse vom berühmten Chirurgen sprach. Hier war es wieder, das Geheimnis, an das Ilse unbewußt gerührt hatte.
    »Ilse ist von Natur aggressiv«, sagte Marianne und lachte laut, um die Sekunden der Peinlichkeit zu überbrücken. »Sie werden es noch schwer mit ihr haben, Herr Doktor.«
    Dr. Lorentzens Augen bekamen wieder einen freundlichen Schein. »Wie geht es Ihrem Fuß?« fragte er und blickte nach Mariannes langen Beinen. »Noch geschwollen?«
    »Ein wenig. Aber ohne Schmerzen. Und auch noch an einigen Stellen blau.«
    »Ihm fehlt der Kognak …«, sagte Ilse.
    »Den habe ich bei mir.« Dr. Lorentzen klopfte an seine Tasche und lachte. Er hakte sich ohne weitere Worte, als sei es selbstverständlich, bei Marianne unter. »Ich bin gespannt auf Ihre Schönheitsfarm, meine Damen. Ich sehe zum erstenmal so etwas. In Amerika habe ich mich nur um aufgeschnittene Leiber gekümmert.«
    Glücklich, beschwingt, die blonden Haare im Wind wehend, ging Marianne neben Dr. Lorentzen zu dem wartenden Kombiwagen. ›Almfried‹ stand in großen Buchstaben auf dem Blech. Der Name war umgeben von bunten Wiesenblumen. Ilse hielt neben ihnen Schritt. Aus den Augenwinkeln sah sie Dr. Lorentzen an. Dann fing sie einen Blick Mariannes auf und sah zu Boden.
    Man sollte sich öfter den Fuß verstauchen, dachte sie ironisch. Aber meistens helfen dann die Falschen.
    Eine
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