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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schaffen wir es.«
    Frau Pfannenmacher hatte es versprochen. Alles war so herrlich hier. Die beiden Villen im Landhausstil, der große Park, die Berge ringsherum, die reine frische Luft, die Fröhlichkeit der anderen Frauen, die den Neuankömmling mit Herzlichkeit begrüßten und in den ›Kreis der ewig Hungrigen‹ aufnahmen, wie man scherzhaft sagte … hier werde ich mich verjüngen lassen, hatte Frau Pfannenmacher gesagt. Und wenn ich zurückkomme zu meinem Ulrich, wird er mich anstarren und nicht glauben, wieviel Jugend noch in seiner Erna steckt. Zweiundfünfzig, ist das ein Alter? Soll man da schon auf alles verzichten? Nun gut, man war etwas breiter geworden, die Haut war schlaffer, unreiner, großporiger – aber das Herz war noch unverbraucht, und die Sehnsucht einer Frau überzog sich nicht mit Pusteln wie die Haut.
    Nie vergaß Erna Pfannenmacher die eine Nacht vor einem halben Jahr, als sie mit Ulrich in Paris war, sich ein verführerisches Nachthemd, ganz durchsichtig, kaufte und ihn am Abend damit überraschte, nach einem Varietebesuch, wo Ulrich die nackten Tänzerinnen mit Stielaugen angestarrt hatte. Wie ein junges Mädchen war Erna ins Schlafzimmer gekommen, rot im Gesicht, fast verschämt, mit klopfendem Herzen … und was hatte Ulrich gesagt? Er lag schon im Bett, las die Zeitung, trank ein Glas Kognak und sah nur kurz hin, als sie mit zitternder Stimme sagte: »Uli … schau mal …«
    »Was ist'n das?« hatte er gesagt. »Wülste Waldfee spielen? Erna, in deinem Alter! Hol mir mal die Kognakflasche aus dem Salon.«
    Und dann las er weiter in seiner Zeitung.
    Welche Frau kann so etwas vergessen?
    Von dieser Nacht an war Erna Pfannenmacher bereit, alles zu tun, alles zu erdulden, alles zu probieren, um auch für ihren Mann wieder eine Frau zu sein, die man ab und zu genauer ansieht – auch nach siebenundzwanzig Ehejahren. Denn das Herz, es war ja noch immer voll unerfüllter Sehnsucht.
    Erna Pfannenmacher drehte jetzt den Kopf zur Seite und sah das junge Mädchen in dem weißen Kittel an. Nun, da sie weinte, hatte sie Mitleid und Verständnis.
    »Verzeihen Sie«, sagte sie stockend. »Aber der erste Anblick … es war entsetzlich … und ich kam mir wie verbrannt vor … Ich habe einen Schock bekommen … Kann man das Gesicht nicht überschminken?«
    »Das würde das ganze Peeling nutzlos machen, gnädige Frau«, sagte die Kosmetikerin vorsichtig.
    »Nur für den Tag, an dem mich mein Mann besucht!«
    »Das kann allein die Chefin entscheiden. Und sie kommt erst …«
    »Und Fräulein Patz?«
    »Die andere Chefin ist in München. Aber sie ist morgen wieder auf der Farm.«
    Die Kosmetikerin schob einen Apparat an das Ruhebett. Mißtrauisch betrachtete Erna Pfannenmacher das blitzende Gerät.
    »Was gibt es nun?« fragte sie und machte sich steif wie ein störrischer Esel.
    »Eine Ozonbesprühung. Das öffnet die Poren der Haut und macht das Peeling wirksamer.«
    »Und die Röte geht weg?«
    »Vorerst nicht. Aber wir garantieren Ihnen in drei Wochen eine völlig reine Haut.« Das Mädchen im weißen Kittel breitete ein Tuch über den Körper Erna Pfannenmachers. Ihre Hände bebten leicht. Wie wird sie sich benehmen, wenn das Ozon aus dem Sprühgerät über ihr Gesicht streichelt, dachte sie. Sie ist die erste, die hysterisch ist … die meisten liegen darunter, ohne sich zu rühren. Sie lassen sich massieren und durchkneten, mit Kakaobutter einreiben und abbürsten, sie atmen nach Yoga-Art und turnen, machen Waldläufe und essen Müsli und trinken Kräutertee, und alles still, klaglos, manchmal verbissen sogar, als gelte es einen Preis zu gewinnen. Und wirklich, es geht ja auch um einen Preis: Um den Preis des jüngeren Aussehens, um den Preis einer jugendlichen Figur, um den Preis der Liebe ihres Mannes, um den Preis, bewundert zu werden. Und um den größten Preis: Den Frieden der weiblichen Seele.
    Erna Pfannenmacher schloß die Augen. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Paris, dachte sie. Ulrich im Bett mit Zeitung und Kognak. »Wülste Waldfee spielen?« Eine halbe Stunde später hatte er geschnarcht, und sie war am Fenster gestanden, hatte über das nächtliche Paris geblickt und lautlos geweint, um ihn nicht zu wecken.
    »Ich habe mich dumm benommen«, sagte sie leise und zuckte nur unmerklich zusammen, als das Ozongerät zu sprühen begann. »Ich werde meinen Mann anrufen, er soll erst in vierzehn Tagen kommen.«
    Dann streckte sie sich, und eine wohlige Müdigkeit überkam sie.
    Sie wollen
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