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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut
Autoren: Maren Schwarz
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hat er das. Ich hör ihn jetzt noch sagen, dass seine Spielsucht an allem Schuld ist.«
    Ihr Geständnis ließ den Fall plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen. Henning musste an das Gespräch mit jenem Fremden zurückdenken, der ihm nach Verlassen des Kasinos aufgelauert hatte. »Soll das heißen, Edmund Marks hat ihn dazu angestiftet?«
    Suzette nickte erneut. »Ich weiß, dass ich das niemals hätte tun dürfen«, bekannte sie reumütig. Plötzlich war alles Überhebliche von ihr abgefallen. Vor ihm saß eine gebrochene Frau. »Mein Kind …«
    Ihr Blick ließ ihn erahnen, was von diesen beiden Worten für sie abhing. Es schien ihre ganze Welt zu sein. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Er ist schuld daran«, stieß sie hasserfüllt hervor.
    »Woran?«
    Suzettes Hände ballten sich zu Fäusten. »Dass ich mein Kind verloren habe.«
    In Hennings Kopf überschlugen sich die Gedanken. »Wollen Sie damit etwas sagen, Danko …«
    »Nein, nicht Danko.« Sie schüttelte den Kopf. »Fibinger war’s. Er ist dafür verantwortlich gewesen.«
    Hennings verstand nicht, worauf sie hinauswollte.
    »Ich war damals im vierten Monat schwanger. Und Fibinger, nun, ihm eilte der Ruf voraus, ein brillanter Gynäkologe zu sein. Ich dachte, ich würde mich in gute Hände begeben. Dabei …« Sie schluchzte kurz und heftig.
    »Dabei was?«, drängte Henning.
    »Dabei hätte ich keine schlechtere Wahl treffen können. Doch als ich das begriff, war es leider schon zu spät.«
    Henning, der sie nach einem Taschentuch kramen sah, zog ein Päckchen Tempos aus seiner Anzugsjacke und schob es über den Tisch. »Geht’s auch ein bisschen ausführlicher?«
    Suzette nickte tapfer. »Fibinger riet mir wegen meines Alters und des damit verbundenen Risikos zu einer Fruchtwasseruntersuchung.« Bevor sie weitersprach putzte sie sich die Nase. »Es war meine erste Schwangerschaft und ich schon 37.« Ihre Hände spielten mit dem Taschentuch, drückten und zerpflückten es. »Dabei bestand das wahre Risiko in etwas ganz anderem. Darin, mich von diesem Kurpfuscher behandeln zu lassen.«
    »Wieso Kurpfuscher?«, wunderte sich Henning.
    Eine unerwartete Härte hatte ihren Tränen Platz gemacht. »Wieso, wieso! Weil ich durch ihn mein Kind verloren habe«, schleuderte sie ihm voll unverhohlenem Hass entgegen. »Nach der Fruchtwasseruntersuchung, die Fibinger empfohlen und durchgeführt hat, hatte ich eine Fehlgeburt. Als ich ihn deswegen zur Rede gestellt habe, ist er …«
    »… einem Schlaganfall erlegen«, vollendete Henning.
    Suzette starrte ihn entsetzt an. »Sie wissen davon?«
    »Allerdings.«
    »Dann wissen Sie auch, dass er Alkoholiker war?«
    Deshalb also! Hennings Magen verkrampfte sich. »Wie haben Sie es herausgefunden?«, erkundigte er sich mit brüchiger Stimme.
    Suzette schnaubte verächtlich und verschränkte die Hände vor der Brust. »Purer Zufall. Ich war an jenem Morgen so wütend, dass ich, ohne anzuklopfen, in sein Zimmer gestürmt bin. Als ich die Tür aufriss, sah ich ihn mit einer halb vollen Kognakflasche am Schreibtisch sitzen. Da war mir alles klar! Sein Zittern«, setzte sie erklärend hinzu. »Ich hatte es schon bei unserer ersten Begegnung bemerkt. Als ich ihn darauf ansprach, meinte er, das käme vom Alter. Und ich Idiot bin darauf hereingefallen.«
    »Und was geschah dann?«
    »Ich hab damit gedroht, ihn bei der Klinikleitung anzuzeigen. Alkohol im Dienst. Wenn das kein Entlassungsgrund ist …« Ihre Stimme troff vor Hohn.
    »Und wie hat er darauf reagiert?«
    Suzette verdrehte die Augen, als hielt sie ihn für einen schwachköpfigen Idioten. »Na, wie schon! Er hat mich angefleht mein Wissen für mich zu behalten.« Angewidert schüttelte sie den Kopf. »Als ich ihm dann auch noch die Schuld am Tod meines Kindes gab, ist er zusammengebrochen. Später erfuhr ich, dass er einem Schlaganfall erlegen ist. Leider war die Genugtuung, die ich darüber empfand, nur von kurzer Dauer.«
    Hennings Augenbrauen schossen in die Höhe. »Wieso das denn? Schließlich hat er seinen Fehler doch mit dem Tod bezahlt. Sollte die Angelegenheit damit nicht erledigt sein?«, fügte er bewusst provokant hinzu.
    »Vielleicht wäre sie das ja auch gewesen«, räumte Suzette mit gesenktem Kopf ein, »wenn …, nun, wenn ich nicht kurz danach erkrankt wäre: Gebärmutterhalskrebs im Frühstadium.« Selbst einem Laien wie Henning war klar, was diese Diagnose für ihren Kinderwunsch bedeutete.
    Auf einmal verspürte er das irrsinnige
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