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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut
Autoren: Maren Schwarz
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Dierks nehme ich an?«
    Ihr überhebliches Lächeln erstarb schlagartig. Auch für ein weniger geschultes Auge als das von Henning war unschwer zu erkennen, wie viel Mühe es sie kostete, gelassen zu scheinen.
    »Finden Sie nicht, wir sollten das Katz-und-Maus-Spiel endlich lassen?«
    Seine Frage brachte ihm eisiges Schweigen ein. Doch Henning hatte nicht vor, sich davon einschüchtern zu lassen. Genauso wenig, wie von ihrem tadellos sitzenden Nadelstreifenkostüm und dem streng nach hinten gekämmten Haar, das im Nacken von einer perlmutfarbenen Spange zusammengehalten wurde.
    »Oder glauben Sie, wir wüssten nicht längst, wer sich hinter Tom Hartmann verbirgt? Und dass Sie es waren, die Leonora Marks ins Jenseits befördert hat?« Henning versuchte, möglichst beiläufig zu klingen, damit sie ihm seinen Bluff nicht anmerkte.
    Er hatte kaum ausgesprochen, als sich auf Suzettes Gesicht hektische rote Flecken auszubreiten begannen.
    Ihre grauen Augen funkelten ihn zornig an. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.«
    Es hörte sich aufrichtig an. In ihrer Stimme schwang genau jene wohldosierte Prise Empörung, die unschuldige Verdächtige gern an den Tag legen. Zumindest bis zu dem Moment, wo man sie eines anderen überführt.
    »Keine Ahnung? So, so.« Henning ließ einen Moment verstreichen, bevor er seinen nächsten Trumpf ausspielte. »Das hörte sich bei Herrn Dierks aber ganz anders an.«
    Suzettes Kopf schnellte vor. Dabei löste sich eine Haarsträhne. Sie schob sie mit einer trotzigen Geste hinters Ohr. »Was soll das heißen?«
    »Dass Danko Dierks Sie belastet. Wir haben ein unterschriebenes Geständnis vorliegen«, bluffte er erneut. »Außerdem wäre da auch noch das hier.« Henning entnahm der Mappe die Kopie des Totenscheins und schob sie über den Tisch. »Das ist doch Ihre Unterschrift, oder?«
    Suzette erbleichte. Ihre Augen suchten verzweifelt nach einem Halt, den sie nicht fanden. »Das da …, nun, es ist zwar meine Unterschrift«, stammelte sie. »Aber ich bin nicht für den Tod dieser Frau verantwortlich. Wenn Danko das behauptet, dann lügt er.«
    »Er behauptet es nicht nur, er hat es uns sogar schriftlich gegeben.« Langsam bekam Henning Routine.
    »Trotzdem ist es nicht wahr«, stieß sie atemlos hervor. »Bitte, Sie müssen mir glauben. Ich habe nichts damit zu tun. Danko, er …« Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund und verstummte.
    »Er?«, hakte Henning nach.
    »Er war es«, vollendete Suzette nach kurzem Zögern kaum hörbar den begonnenen Satz.
    »Soll das heißen, er hat Leonora Marks auf dem Gewissen?«
    Ein zaghaftes Nicken bestätigte seine Vermutung.
    »Nennen Sie mir einen Grund, weshalb ich Ihnen das abkaufen soll?«
    »Weil es die Wahrheit ist«, sagte sie und blickte ihm dabei direkt in die Augen.
    »Die Wahrheit? Ach ja? Dann erzählen Sie doch mal.«
    Auf Suzettes Gesicht erschien ein Hoffnungsschimmer. »Ich hatte Dienst an jenem Abend«, begann sie ihren Bericht. »Es war eine ruhige Schicht. Ich musste nur hin und wieder nach einer meiner Patientinnen schauen. Kurz vor zwei sah ich Danko aus dem Zimmer von Leonora Marks kommen.« Sie räusperte sich. »Weil mir das sonderbar vorgekommen ist, habe ich beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich wollte wissen, was ein fremder Arzt um diese Zeit auf unserer Station zu suchen hat.«
    »Sie haben also nachgeschaut?«, vergewisserte sich Henning.
    »Genau.« Suzette nickte. »Als ich das Zimmer betrat, lag Leonora Marks reglos in ihrem Bett. Ich erkannte sofort, dass jede Hilfe zu spät kam.«
    »Mal angenommen, es stimmt, was Sie sagen, weshalb haben Sie nicht unverzüglich die Polizei benachrichtigt?«
    »Wollte ich ja. Wollte ich wirklich«, versicherte ihm Suzette. »Aber dann …«
    »Was dann?«, insistierte Henning.
    Sie schloss für einen Moment die Augen. Henning sah, wie es in ihr arbeitete. »Dann …, ach, was soll’s, Sie finden es ja doch heraus. Statt Danko anzuzeigen, hab ich ihn mit meinem Wissen erpresst.« Nun war es heraus, das Ungeheuerliche in Worte gefasst. Sie biss sich auf die Unterlippe.
    »Sie haben ihn erpresst?«, wiederholte Henning ungläubig. »Tut mir leid, aber das versteh ich nicht. Das müssen Sie mir erklären.«
    »Also gut.« Suzette seufzte. »Ich habe Danko noch in derselben Nacht zur Rede gestellt. Er hat nicht einmal den Versuch unternommen, es abzustreiten.«
    »Hat er Ihnen auch gesagt, weshalb er Leonora Marks getötet hat?«, warf Henning ein.
    »Aber sicher
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