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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut
Autoren: Maren Schwarz
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Verlagen, sich zu betrinken. Und das, obwohl er sich geschworen hatte, bis ans Ende seiner Tage trocken zu bleiben. Aber der Drang, wieder anzufangen, war allgegenwärtig. Er verfolgte ihn wie ein Schatten. Vor allem in Situationen wie diesen. Da bedurfte es schon eines starken Willens, um der Versuchung zu widerstehen. Für kurze Zeit sagte keiner ein Wort.
    Am Ende war es Peer, der das Schweigen brach. »Sie hätten ein Kind adoptieren können.«
    Sein Vorschlag brachte ihm eine abschätzige Handbewegung ein. »Eine alleinstehende Frau mit fast 40. Soll das ein Witz sein?« Sie hielt kurz inne, um sich mit der flachen Hand über ihr aschblondes Haar zu fahren. »Oder glauben sie wirklich, unter diesen Voraussetzungen hätte das Jugendamt einer Adoption zugestimmt? Das können Sie vergessen.«
    »Mag sein«, pflichtete ihr Peer bei, »trotzdem verstehe ich nicht, warum es ausgerechnet Elenas Kind sein musste.«
    »Warum?« Ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Wut. »Weil sie SEINE Enkeltochter war. Hätte Fibinger mein Kind nicht auf dem Gewissen gehabt, wären die beiden nach dem errechneten Geburtstermin sogar an ein und demselben Tag zur Welt gekommen.«
    »Klingt, als ob Sie und Elena sich kannten?«, hakte Henning nach.
    »Wir hatten denselben Frauenarzt. Da bleibt es nicht aus, dass man sich im Wartezimmer über den Weg läuft.«
    Henning schluckte. »Und deshalb haben Sie beschlossen, sich …«
    »Ich habe gar nichts beschlossen«, widersprach Suzette. »Es hat sich so ergeben.«
    Ihre Antwort bewies Henning endgültig, dass er es mit einer gestörten Persönlichkeit zu tun hatte. Mit jemandem, der den Blick für die Realität verloren, sie ausgeblendet hatte. Sicher war all das nur sehr schwer für sie zu ertragen gewesen. Zuerst der Verlust ihres Kindes und dann auch noch die Gewissheit, nie mehr schwanger werden zu können. Das waren Schicksalsschläge, die erst einmal verkraftet werden mussten. Noch dazu, wenn man sich, wie in Suzettes Fall, verzweifelt nach einem Kind gesehnt hatte. Doch statt sich damit abzufinden, hatte sie auf Rache gesonnen. Kein Wunder, dass ihr der Zwischenfall mit Danko und die Tatsache, dass er und Fibinger Kollegen waren, als Glücksfall erschienen sein musste.
    »Und da ist Ihnen die Idee gekommen, er könnte Ihnen Elenas Kind beschaffen? Als Gegenleistung für Ihr Schweigen sozusagen. Hab ich recht?«
    Statt seine Frage zu beantworten, schlug Suzette die Beine übereinander und wippte nervös mit dem Fuß. Doch ihr Blick bestätigte, dass er mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte.
    »Und wie ging es weiter? Ich meine, Sie haben doch sicher einen Plan gehabt?«
    »Für dessen Umsetzung Danko verantwortlich war«, stellte Suzette klar. »Er sollte sich Elenas Zuneigung erwerben.« Ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie hinzufügte, dass ihm dieser Schritt angesichts ihrer finanziellen Misere nicht allzu schwer gefallen sein dürfte.
    »Und dann?«
    »Der Rest war Dankos Angelegenheit.« Die Selbstverständlichkeit, mit der sie das sagte, ließ Henning frösteln. Plötzlich machte ihn der Gedanke, dass sich Lea fast zwei Jahre in den Klauen dieser Frau befunden hatte, ganz krank.
    »Dann war das mit den Klippen also seine Idee?«, vergewisserte er sich überflüssigerweise.
    Suzette nickte. »Es hat einfach alles zusammengepasst: Das Wetter, Elenas Auftrag. Selbst die für den nächsten Tag geplante Heimreise«, erteilte sie ihm bereitwillig Auskunft. »Danko musste der Kleinen nur noch ein Schlafmittel verabreichen und Magenkrämpfe vortäuschen. Nachdem die beiden das Haus verlassen hatten, rief er mich an.«
    »Also waren Sie die ganze Zeit über in seiner Nähe?«
    »Was glauben Sie denn? Ich musste ihm die Kleine doch schließlich abnehmen. Außerdem brauchte er einen Chauffeur, um Elenas Verfolgung aufnehmen zu können.« Sie erzählte, dass sie selbst zur Waldhalle gefahren war. Nachdem es Danko gelungen war, sich an Elenas Fersen zu heften, musste er nur noch einen günstigen Zeitpunkt abpassen. Dieser hatte sich ergeben, als sie an den Klippen mit Fotografieren beschäftigt war. Wie von Henning bereits vermutet, hatte er Lea in einem unbeobachteten Moment aus dem Kinderwagen genommen und ihm einen Stoß versetzt. »Das reinste Kinderspiel, wenn man weiß, wie«, schloss Suzette ihren Bericht.
    Henning konnte spüren, wie sich sein Magen zu einem einzigen Knoten zusammenzog. »Und Sie wussten natürlich, wie?« Er untermalte die Frage mit
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