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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut
Autoren: Maren Schwarz
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Auslandsaufenthaltes in den aktiven Dienst zurückzuholen.
     
    Knapp 20 Stunden nachdem sich die beiden Männer in Frankfurt am Main an Bord einer Boing begeben hatten, landeten sie auf dem McCarran International Airport in Las Vegas, wo sie bereits von ihren amerikanischen Kollegen erwartet wurden.
    Man hatte für sie zwei Einzelzimmer in einem Hotel nahe des Flughafens reserviert.
    Am nächsten Morgen wurden sie zu einer Besprechung abgeholt.
    Laut den Einreiseunterlagen war Tom Hartmann, alias Danko Dierks, am 25. Januar 2005 mit seiner damals fünf Monate alten Tochter Joel per Flugzeug in den Bundesstaat Nevada eingereist. Sein Pass hatte ihn als deutschen Staatsbürger amerikanischer Herkunft ausgewiesen. Seine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichte ihm und seiner Tochter eine problemlose Integration. Kurz darauf hatte er eine Stelle als Arzt im Valley Hospital angetreten und eine Wohnung in der Hastings Avenue bezogen.
    Joels derzeitiger Aufenthaltsort war den amerikanischen Behörden unbekannt. Doch sie arbeiteten fieberhaft daran, ihn ausfindig zu machen.
    Während sie sich über ihr weiteres Vorgehen abstimmten, war Danko in Untersuchungshaft genommen und dem Richter vorgeführt worden. Er hatte keinerlei Widerstand geleistet, als ihn ein Beamter mit seinem richtigen Namen ansprach und mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen konfrontierte. Im Gegenteil: Als die Handschellen klickten, hatte sich fast so etwas wie Erleichterung auf seinem Gesicht breitgemacht. Als hätte er schon die ganze Zeit darauf gewartet.
    Ob dem wirklich so war, darüber schwieg sich Danko aus. Er hatte seit seiner Verhaftung noch kein einziges Wort gesagt.
     
    Die anschließende Vernehmung fand in einem fensterlosen Raum statt, der mit seinen erbsengrün gestrichenen Wänden eine nüchterne Atmosphäre bot. In der Mitte stand ein von vier grauen Plastikstühlen umgebener Tisch, über dem eine Neonleuchte hing.
    Man hatte sich darauf verständigt, Danko zunächst von Peer und einem weiteren Beamten vernehmen zu lassen. Henning war ein Platz im angrenzenden Beobachtungsraum zugewiesen worden. Dieser befand sich hinter einem Einwegspiegel und bot ihm die Möglichkeit, die Geschehnisse direkt mitzuverfolgen.
    Kurz darauf öffnete sich die Tür. Gefolgt von einem Vollzugsbeamten betrat Danko Dierks in Handschellen den Raum. Der Blick, mit dem er die beiden am Tisch sitzenden Beamten streifte, erinnerte Henning an ein Tier, das zur Schlachtbank geführt wird.
    Erschöpft sank Danko auf den ihm zugeteilten Stuhl. Seinen Bewegungen fehlte jeglicher Schwung. Das grelle Licht verlieh ihm ein kränkliches Aussehen.
    Als Peer sich erkundigte, ob er einverstanden sei, das Gespräch aufzuzeichnen, zuckte er mit der Schulter, als wäre es ihm egal.
    Im Nebenraum war Henning inzwischen ganz dicht an den Spiegel getreten und versuchte, sich ein Bild von Danko Dierks zu machen.
    Wer war dieser Mann? War er tatsächlich so skrupellos, wie die bislang über ihn bekannten Fakten vermuten ließen? Oder hatte ihn lediglich seine Spielsucht zu einem willfährigen Handlanger eines bislang noch unbekannten Verbrecherrings gemacht?
    Henning wusste es nicht. Er wusste nur, dass es unentschuldbar war, was er Elena angetan hatte.
    Dieser Ansicht schienen auch Peer und sein amerikanischer Kollege, ein Typ mit Wabbelbauch und beginnender Glatze, zu sein. Sie machten jedenfalls keinerlei Anstalten, ihm die Vernehmung zu erleichtern, geschweige denn, ihn mit Samthandschuhen anzufassen.
    Trotzdem gelang es ihnen nicht, Danko nur ein einziges Wort zu entlocken. Sein beharrliches Schweigen verschärfte den ohnehin schon barschen Ton.
    Nach einer weiteren Runde des Viele-Fragen-keine-Antworten-Spiels öffnete sich die Tür. Ein bulliger Typ mit raspelkurzem Haarschnitt erschien und bedeutete den beiden Beamten, ihm auf den Flur zu folgen.
    Kaum war Danko allein im Zimmer, war von seiner Gelassenheit nichts mehr zu sehen und er fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
    Seine aufrechte Haltung war einem gekrümmten Rücken gewichen und er machte einen ausgesprochen nervösen Eindruck. Er erinnerte Henning an ein Kind, das man bei etwas Unrechtem ertappt hatte und das nun krampfhaft nach einer Möglichkeit suchte, um sich aus seiner misslichen Lage zu befreien.
    Man musste kein Prophet sein, um zu erkennen, dass alle Pläne, die Danko sich für sein Leben und seine Zukunft gemacht haben mochte, in Trümmern lagen.
    Als draußen auf dem Gang eine Tür ins Schloss fiel,
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