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Traumtrunken

Traumtrunken

Titel: Traumtrunken
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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Anlauf, suchte wahrscheinlich nach den richtigen Worten. „Außerdem … Ich wollte dir nicht wehtun, nachdem du dir solche Mühe mit dem Essen gemacht hast.“
    Aber es gelang ihm nicht, es wiedergutzumachen.
    „Ich wollte, .... Michaela! Solche Dramen wiederholen sich doch meistens! Ich möchte nicht, dass wir Kinder kriegen. Wir sollten das Schicksal nicht herausfordern.“
    Sie ging. Sie konnte nicht anders, als jetzt fortzugehen. Noch nicht einmal weinen konnte sie, so tief saß der Schmerz in ihr.
    Sie nahm den Korb, der im Flur stand, drehte sich noch einmal kurz zu Atze um und sagte ruhig:
    „Ich gehe einkaufen.“
    Atze nickte stumm.
    Sie sah, dass es ihm leidtat.
     
    Im Markt lief Michaela wie ferngesteuert durch die Gänge. Sie wusste nicht, was sie hier sollte, legte hin und wieder eine Süßigkeit in ihren Wagen und ging zur Kasse.
    Sie hatte ihren Geldbeutel vergessen. Natürlich hätte die Kassiererin die wenigen Dinge für sie zurückgelegt, doch Michaela wollte nicht. Es brachte sowieso nichts, sich aus Frust mit Essen vollzustopfen. Sie nahm die Schokolade, den Marmorkuchen und die Joghurts vom Band und brachte die Sachen in die Regale zurück. Dann verließ sie den Laden.
    Draußen drängte der Kummer aus ihr heraus. Atze hatte alles kaputt gemacht!
    Sie glaubte nicht, dass er seine Meinung ändern würde. Er war kompromisslos in solchen Dingen. Außerdem wollte sie kein Kind von einem Mann, der solche Gedanken hatte.
    Michaela lief schneller, rannte schließlich, die Füße knapp über dem Boden, weinte, schloss immer wieder die Augen beim Rennen, bis sie am Zebrastreifen stehenblieb.
    Nein, sie würde jetzt nicht nach Hause gehen! Sie wollte ihn nicht sehen. Er hatte sie verletzt.
    Sie war so voller Vorfreude gewesen, prall gefüllt mit Glück.
    Und Atze hatte während nur eines Frühstücks alles zerstört!
    Sie bog nach links in die Straße ein und lief zum Spielplatz.
    Niemand war hier. Er wirkte an diesem Samstagvormittag wie ausgestorben.
    Michaela suchte ein Taschentuch in ihrer Jacke und wischte die Bank trocken, bevor sie sich setzte.
    Immer wieder wurde sie enttäuscht. Nicht nur von ihrer Mutter. Auch von Oma Elvi, als sie starb. Von ihrem Onkel, der mit einem Mal so fremd gewirkt hatte, wenn er sie besuchte. Und sogar die kleine Ines haben sie ihr weggenommen. Ihre kleine Ines.
    Dass sie ausgerechnet jetzt daran denken musste!
    Michaela entglitt der Gegenwart.
    An dem Tag, als Ines fünf wurde, standen sie in der Tür wie aus dem Ei gepellt: Herr und Frau Sander - die zukünftigen Pflegeeltern.
    Lisa hatte gerade den Geburtstagskuchen angeschnitten. Michaela würde den Anblick nie vergessen.
     
    Das Pärchen weiß nicht recht, wie es reagieren soll. Sie kommen vorsichtig näher und begrüßen Ines, die an der Stirnseite des Tisches auf dem rot-königlich gepolsterten Geburtstagsstuhl sitzt.
    Freundlich geben sie ihr die Hand und gratulieren.
    Den anderen Kindern nicken sie zu.
    In diesem Moment weiß Michaela, dass sie sie verlieren wird. Sie weiß genau, was jetzt kommt.
    Erst holen sie Ines am Wochenende zu sich nach Hause. Zunächst gelegentlich, dann immer öfter.
    Sie werden mit ihr in den Urlaub fahren und ihr Geschenke machen. Und eines Tages wird es Ines hier nicht mehr geben.
    So war es bei Stefano gewesen und auch bei Franziska. Nur dass es ihr bei ihnen nicht so viel ausgemacht hat.
    Sie kümmert sich gern um die Kleineren. Und viele gehen schließlich zu ihren Eltern zurück oder bekommen eine neue Familie.
    Aber Ines dürfen sie ihr nicht wegnehmen! Wegen Ines braucht sie Onkel Hannes nicht mehr! Was soll sie ohne sie machen?
    Michaela starrt auf das Geschenk von Herrn und Frau Sander, das auf dem Tisch liegt. Dann springt sie auf und läuft zur Toilette. Und Ines ihr hinterher.
     
    ***

„Wie kann ich dir etwas wegnehmen, was du nie gehabt hast?“
    Atze verstand Michaela nicht, wenn sie so etwas zu ihm sagte. Er war zwar froh, dass sie überhaupt wieder mit ihm redete, aber es machte die Sache auch nicht leichter.
    Dass er Angst hatte, das konnte sie einfach nicht verstehen.
    Es war nicht nur, weil Michaela von ihrer Mutter weggegeben wurde. Und er hatte auch gar keine Bedenken, dass er nicht ein guter Vater sein würde. Eigentlich bedauerte er es sogar ein wenig, denn der kleine Bub, der da am Freitag in seiner Fantasie herumgetollt war, hatte ein kleines Feuerwerk entzündet.
    Aber Michaela machte ihm Sorgen. Er traute es ihr einfach nicht zu, rund um die Uhr
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