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Traumtrunken

Traumtrunken

Titel: Traumtrunken
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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aufeinander und Michaela sah, dass sie ihr Weinen zurückhielt. Sie kam auf Michaela zu und umarmte sie lange. „Ich freu mich so für dich“, sagte sie mit heiserer Stimme.
    Michaela genoss es, so eng umschlungen mit Doris dazustehen. Und obwohl sie sich vorgenommen hatte, nur glücklich darüber zu sein, legten sich jetzt Tränen in ihre Augen.
    Dann ließ Doris sie los, fasste sie bei den Händen, schob sie ein Stück weg von sich und sah ihr ins Gesicht.
    „Na, wie fühlen Sie sich, Frau Schuhberg?“
    Michaela musste lachen. Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Sie würde Kinder bekommen. Und Atzes Namen tragen!
     
    ***

Die Zeit bis zur Hochzeit war schnell vergangen und Michaela hatte zu tun, all die neuen Eindrücke zu verarbeiten.
    Sie hatte Onkel Hannes nach Jahren wiedergesehen und Atzes Mutter kennengelernt. Rosis Warmherzigkeit war ein kleiner Trost gewesen. Ihre eigene Mutter war weder zur Feier gekommen noch hatte sie ihr persönlich gratuliert.
    Doch die Wochen, die sich daran anschlossen, quälten Michaela. Atze war jetzt oft von Montag bis Freitag unterwegs und Michaela fühlte sich alleingelassen.
    Er liebt mich gar nicht wirklich. Ich bin ihm egal.
    Wenn er kam, machte sie ihm stille Vorwürfe und konnte die Zeit mit ihm nicht richtig genießen. Montags, wenn Atze fahren musste, trennte sie sich nur unter Tränen von ihm.
    Sie merkte, dass die Arbeit sie ablenken konnte und fragte Doris, ob sie etwas dagegen hätte, wenn sie abends länger bliebe.
    Doris schaute sie verwundert an. „Ich kann dir nicht mehr zahlen“, sagte sie.
    Michaela sah ihr dabei zu, wie sie einen Blumentopf nach dem anderen im Eimer tränkte.
    „Es ist nicht wegen dem Geld“, versuchte Michaela zu erklären. „Mir fällt einfach zu Hause die Decke auf den Kopf, wenn Atze nicht da ist.“
    „Ach so.“ Doris wich ihr aus und widmete sich wieder den Balkonpflanzen.
    Michaela war verunsichert.
    Viel erzählte Doris nicht über sich selbst, aber Michaela wusste, dass sie keinen Partner hatte.
    Sie kam sich plötzlich komisch vor mit ihrer Jammerei.
    Doch dann drehte sich Doris im Hocken zu Michaela um. „Vielleicht solltest du dir ein Hobby zulegen?“
    Michaela zog die Augenbrauen zusammen.
    „Ja, verabrede dich doch mal mit deinen alten Freundinnen. Oder geh ins Kino!“
    „Die wollten mich schon früher nicht dabei haben“, sagte Michaela leise und ging zu den Fuchsien hinüber.
    Kurz hielt sie inne und dachte an Ulrike, die sie aus ihrer Schulzeit kannte. Sie war die einzige aus ihrer Klasse gewesen, die sie im Heim besucht hatte. Eine Zeit lang sogar fast täglich. Und dann? Michaela wusste es nicht so genau. Sie waren Außenseiterinnen gewesen. Beide. Sie genossen das Zusammensein, aber auch Ulrike war sehr zurückhaltend.
    Michaela erinnerte sich daran, wie sie von ihr eine Einladung zum Kindergeburtstag bekam. Die erste Einladung überhaupt.
    Stolz hatte sie sie bis zu dem Tag unter ihrem Kopfkissen aufbewahrt. Und dann hatte sie von dem Geld, das Onkel Hannes ihr gegeben hatte, im Lotto Totto ein Geschenk ausgesucht. Und einen Bogen von dem Papier mit den gelben Rosen hatte sie dazu gekauft. Jetzt sah sie es deutlich vor sich. Sie war ganz aufgeregt gewesen, als Ulrike es vor ihren Augen geöffnet hatte.
    Michaela überlegte. Das muss Ulrikes zehnter Geburtstag gewesen sein. Genau die Zeit, in der sie Onkel Hannes immer weniger brauchte.
     
    ***

Atze wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Zweimal hatte er diese Woche bei Michaela angerufen und beide Male war sie nicht zu Hause gewesen. Dabei war es schon fast acht Uhr.
    Sie arbeitet länger, hatte sie ihm gesagt, als er sie nach dem Abendessen erwischte. Doch Atze wollte sich damit nicht zufriedenstellen lassen. Er machte sich Sorgen, war unsicher. Und eifersüchtig, das musste er zugeben.
    So viel konnten sie in der Gärtnerei doch gar nicht zu tun haben. Der Sommer war doch vorbei!
    Morgen musste sie nach der Arbeit noch etwas besorgen, dann würde sie früher zu Hause sein.
    „Um sechs?“, hatte Atze gefragt.
    „Ja, um sechs“, hatte sie geantwortet und aufgelegt.
    Einen Moment noch hatte er das Handy am Ohr gehalten. Und dann beschloss er, etwas trinken zu gehen.
     
    Der Whisky brannte in seiner Kehle. Atze spülte mit Bier nach und zündete sich eine Zigarette an. Er war sauer. Statt seiner Bitte nachzukommen, im Inland fahren zu dürfen, hatte ihm sein Chef jetzt regelmäßig auch noch den Freitag aufgebürdet. Nur für ein paar
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