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Flandry 8: Agentin des Imperiums

Flandry 8: Agentin des Imperiums

Titel: Flandry 8: Agentin des Imperiums
Autoren: Poul Anderson
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I
     
    Sie saß auf dem Turm von St. Barbara, ließ die Füße von der Brustwehr baumeln und blickte in die Ferne. Über ihr wölbte sich ein klarer Himmel, der überall tiefblau war, nur dort nicht, wo Patricius klein und grell als Vormittagssonne leuchtete. Zwei bleiche Monde waren zu sehen. Zum Horizont hin wurde der Himmel blasser, bis er sich ostwärts im weißen Meer der Wolkendecke verlor. Es ging ein kühler Wind, der in der Zeit, ehe ihr Volk nach Imhotep kam, tödlich kalt geweht hätte; um volle zwölftausend Meter überragte die Spitze des Berges Horn den Meeresspiegel.
    Im Westen konnte Diana keinen Horizont erkennen, denn während der letzten Jahrzehnte war das Zentrum der Stadt in die Höhe gewachsen. Dort funkelte die Pyramide, die die Büros und Computeranlagen des Kaisers beherbergte, überragte den Campus des Instituts mit seinen überwiegend neuen Gebäuden. Ringsum breiteten sich Fabriken, Geschäfte, Hotels und Wohngebäude aus. Besser gefiel Diana das Alte Viertel, in dem sie sich befand. Gewachsen war es in letzter Zeit ebenfalls, aber mehr in Bezug auf die Bevölkerungsdichte als auf Ausdehnung oder Modernität – es hatte eine lärmende, vielsprachige, vielvölkrige Einwohnerschaft mit einem großen Anteil von Durchreisenden, die von den Gezeiten des Alls angespült und wieder fortgetragen wurden.
    »Wer St. Barbara besitzt, besitzt den Planeten.«
    Der Ausspruch war schon seit Jahrhunderten passé, doch die Überlieferung hielt einen gewissen Respekt am Leben. Zwar drohten keine Eisbullenherden mehr die alte Forschungsbasis niederzutrampeln; zwar hatte die Schwere Zeit, in der feindliche Banden strandeten und aus Verzweiflung zu Plünderern wurden, geendet, als die Hand des Terranischen Imperiums Imhotep erreichte; zwar wären die altertümlichen Befestigungsanlagen gegen die Waffen, die heutzutage drohten, sowieso nutzlos gewesen, und deshalb hatte man sie auch längst abgetragen: Trotzdem stand in Olgas Landung noch immer ein Überrest von ihnen, genau im Mittelpunkt jener Fläche, die zum Marktplatz geworden war. Die Geschütze waren abgebaut und verschrottet worden, in den Kasematten hallte es hohl, und Sonnensucherranken überwucherten den bröckligen gelben Stein, aus dem der Turm errichtet war – aber St. Barbara stand noch; und es wirkte schon ein wenig dreist, wenn eine Halbwüchsige auf seinem höchsten Punkt hockte.
    Diana tat es offen. Die Umgebung stieß sich nicht mehr daran – schließlich war Diana jedermanns Freundin –, und Fremde achteten gar nicht auf sie, Menschen männlichen Geschlechts ausgenommen; sie riefen und winkten dem hübschen jungen Mädchen oft zu. Grinsend winkte Diana zurück, wenn ihr der Sinn danach stand, doch sie hatte längst gelernt, sämtliche Einladungen zurückzuweisen. Die ständig wechselnde Szenerie zu betrachten war nicht der einzige Grund, weshalb sie gern auf den Turm kletterte. Manchmal erspähte sie von dort schon auf weite Entfernung eine Gelegenheit, sich ein paar Credits zu verdienen, etwa, wenn ein Neuankömmling offensichtlich auf der Suche nach jemandem war, der ihn zu den Sehenswürdigkeiten und Belustigungen der Stadt führte. Nichtmenschen bedeuteten nie eine Gefahr. Manchmal bat sie auch ein Bekannter – der in diesem Fall sogar ein Mensch sein durfte –, einen Botengang zu erledigen oder eine bestimmte Information zu beschaffen. Fehlte ihm das Geld, um sie zu bezahlen, gab er ihr eben zu essen oder einen Schlafplatz oder was auch immer. Gegenwärtig hatte Diana keine eigene Wohnung, es sei denn, man ließ die Tempelruine gelten, in der sie ihre wenigen Habseligkeiten versteckt hielt und, wenn sich nichts Besseres bot, ihren Schlafsack ausbreitete.
    Das Leben quoll aus den schmalen Sträßchen und wimmelte zwischen den Mauern, die den Platz einschlossen. Die Pioniere hatten die meisten Häuser aus Ziegeln errichtet, und unter imhotepischer Schwerkraft waren drei oder vier Etagen die Obergrenze gewesen. Abgewetzt und so gut wie nichtssagend, wie sie waren, wirkten sie dennoch auffällig und bunt, denn ihre Türen öffneten sich zu Ladengeschäften, während überall sonst kleine Buden standen. Die Waren kamen in ihrer Vielfalt den Verkäufern gleich und reichten von Obst und Getreidesorten aus dem Hinterland bis zu Eisenwaren aus den Schmieden, deren Lärm man bis auf den Markt hörte, von Velvylstoff und Miniaturcomputern aus dem inneren Imperium zu Juwelen, Pelzen und Schnitzereien von hundert verschiedenen Welten. Auf
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