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Lebe die Liebe

Lebe die Liebe

Titel: Lebe die Liebe
Autoren: Nora Roberts
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1. K APITEL
    Nachdenklich blickte Diana aus dem kleinen Flugzeugfenster auf die sonnenbeschienenen Wolken und überlegte zum wiederholten Male, ob es wirklich richtig war, dieser Einladung zu folgen. In einer halben Stunde sollte die Maschine bereits landen, und noch immer plagten sie Zweifel.
    Fast zwanzig Jahre waren vergangen, seit sie ihren Bruder zum letzten Mal gesehen hatte. In ihrer Erinnerung war er immer noch der Teenager von sechzehn Jahren, zu dem sie als kleines Mädchen bewundernd aufgeblickt hatte. Sechs Jahre alt war sie damals gewesen, und für sie hatte es kein anderes Vorbild als ihren Bruder gegeben.
    Wenn sie die Augen schloss, sah sie Justin wieder vor sich. Ein gut aussehender junger Mann mit scharf geschnittenem Gesicht, schwarzem Haar, das ihm immer ein wenig wild in die Stirn fiel, und kühlen grünen Augen, die sehr selbstsicher und mit einer Spur Arroganz in die Welt blickten. Justin Blade – der Einzelgänger.
    Diana lehnte sich in ihren Sitz zurück und rief sich die Ereignisse von vor zwanzig Jahren wieder in Erinnerung. Als ihre Eltern starben, hatte Justin sich rührend um sie gekümmert, ohne dass er ihr in dem Durcheinander ihrer kindlichen Gefühle wirklich hätte beistehen können. Sie konnte nicht verstehen, dass ihre Eltern niemals zurückkommen würden, und glaubte fest daran, dass alles wieder so werden könnte wie früher, wenn sie nur recht lieb wäre, keine Dummheiten mehr anstellte und in der Schule besser aufpassen würde.
    Aber dann war Tante Adelaide gekommen, und Justin war aus ihrem Leben verschwunden. Lange hatte sie geglaubt, dass ihr Bruder nun auch im Himmel sei, weil er ihre Tränen und ihre immer wieder gleich lautenden Fragen nicht mehr hatte ertragen können. Ihre Tante hatte sie mit an die Ostküste genommen, in eine ihr völlig fremde Welt. Von Justin hatte sie nie wieder etwas gehört.
    Und jetzt war er verheiratet. Sosehr Diana sich auch bemühte, sie konnte sich ihren Bruder einfach nicht als Ehemann vorstellen. In all den Jahren hatte sie beinahe vergessen, dass sie überhaupt einen Bruder hatte. Und nun wartete nicht nur er auf Diana, sondern auch Serena MacGregor, ihre Schwägerin.
    Die MacGregors aus Hyannis Port. Natürlich kannte sie diesen Namen. Tante Adelaide hatte dafür gesorgt, dass sie gesellschaftlich auf dem Laufenden war – und dazu gehörte selbstverständlich auch, dass sie diese Familie kannte, die zu den ältesten im Land gehörte.
    Daniel MacGregor war das Oberhaupt, ein gebürtiger Schotte und eine bekannte Größe in der Finanzwelt. Anna MacGregor, seine Frau, war eine hoch angesehene Ärztin, und Alan, der älteste Sohn, hatte bereits Karriere als Senator gemacht.
    Und dann gab es da noch Caine MacGregor, den jüngeren Sohn. Über ihn hatte Diana in Harvard mehr gehört, als ihr lieb war. Er hatte die berühmte Universität einige Jahre vor ihr durchlaufen, war wie sie selbst Jurist geworden. Genau ein Jahr, bevor sie ihr Studium begann, hatte er seines abgeschlossen und war jetzt bereits dabei, sich einen Namen als Anwalt zu machen.
    Ganz zu Anfang, als sie noch ein Neuling in Harvard gewesen war, hatte Diana eine Unterhaltung zwischen zwei Studentinnen mit angehört, die sich einige pikante Einzelheiten aus Caine MacGregors Leben erzählt hatten, die darauf schließen ließen, dass er seine Zeit nicht nur über Büchern und in Hörsälen verbrachte.
    Ja, und dann war da noch ihre Schwägerin Serena. Sie hatte genauso wenig versagt wie ihre Brüder. Das lag offenbar im Blut der MacGregors, die, nach allem, was man so hörte, die geborenen Sieger waren. Serena hatte ebenfalls ein Studium absolviert, es mit Auszeichnung abgeschlossen und die nächsten Jahre damit verbracht, alle möglichen akademischen Grade zu erringen. Zumindest von ihrem Ehrgeiz her schien sie zu Justin Blade zu passen.
    Diana erinnerte sich wieder an die Hochzeit der beiden und überlegte für einen Moment, ob sie zu der Feier gegangen wäre, wenn sie zu der Zeit in Amerika gewesen wäre. Ja, entschied sie ganz spontan, ja, ich wäre hingegangen. Und wenn es nur aus Neugierde gewesen wäre. War es nicht auch vornehmlich Neugierde, die sie jetzt nach Atlantic City fliegen ließ?
    Andererseits hätte sie Serenas Einladung kaum ausschlagen können, ohne einen kindischen oder zumindest unhöflichen Eindruck bei ihrer Schwägerin zu hinterlassen. Und wenn es etwas gab, das Tante Adelaide ihr eingebläut hatte, so war es die Einsicht, dass eine Dame sich niemals
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