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Traumtrunken

Traumtrunken

Titel: Traumtrunken
Autoren: Kathrin Schachtschabel
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wieder lief sie den kleinen Hang mit dem Holzschlitten hinauf, den sie gleich am zweiten Tag des Wintereinbruchs im Baumarkt gekauft hatte.
    Und auf diesem Schlitten saßen zwei, manchmal auch drei Kinder, die sich einen Platz erobert hatten und von Michaela bereitwillig den Berg hinaufbefördert wurden.
    Sogar am Samstagnachmittag war der Hügel belebt und Michaela hatte Atze gebeten, mit ihr dorthin zu gehen.
    Doch ihm schien es nicht zu gefallen. Michaela sah es an seinem Gesicht, als sie ab und an zu ihm hinüberblickte. Atze schmollte. Er hatte die Hände in den Jackentaschen vergraben und bewegte sich wie ein Bär von einem Bein auf das andere.
    Nach einer Stunde wurde er ungeduldig. „Mir ist kalt. Kommst du?“
    Doch Michaela wollte noch nicht. Sie wollte bleiben, bis es dämmerte und auch die größeren Kinder nach Hause gingen.
    Sie ging kurz zu Atze hinüber und küsste ihn auf die rote Wange. „Ich bleibe noch. Komm. Du musst dich bewegen, dann wird dir warm!“ Michaela versuchte, Atze mit sich zu ziehen, aber er stieß sie mit seinem Ellenbogen davon.
    „Ich geh heim.“ So klang Atze, wenn er beleidigt war.
    Michaela blickte ihm einen Augenblick nach, bis sie ihren Namen hörte. Lukas und Maria saßen startklar oben am Hang auf ihren Poporutschern und hielten sich bei den Händen.
    Michaela lächelte. Sie versuchte, Atze zu vergessen.
     
    ***

Atze fand es albern, wie Michaela hier die Kindergärtnerin spielte und das Hügelchen mit einem Schlitten hinunterfuhr.
    Sie hatte doch nur noch diese Rotznasen im Sinn!
    Und die Mütter! Die hatten ihn vielleicht angesehen, als sie merkten, dass Atze zu Michaela gehörte.
    Das würde er nie wieder machen!
    Wütend stampfte Atze den Schnee von den Schuhen und verschwand im Hauseingang.
     
    ***

In der nächsten Woche wurde es wieder wärmer und der Schnee war innerhalb kürzester Zeit verschwunden.
    Matsch und Wasserpfützen bedeckten den Spielplatz, so dass auch Michaela die Lust vergangen war, hierher zu kommen.
    Mitte Dezember zeigte das Thermometer endlich wieder Minusgrade an. Jeden Morgen nach dem Aufstehen sah Michaela aus dem Fenster, ob es genügend geschneit hatte, doch es waren nur einzelne Flöckchen, die vom Himmel schwebten. Sie war enttäuscht.
    Als endlich wieder mehr Niederschläge angesagt wurden, war es schließlich zu warm.
    Es wäre schön, wenn Atze hier wäre, dachte sie jetzt öfter. Sie sehnte Weihnachten, die freien Tage und ihren Urlaub herbei, verbrachte die Zeit mit Einkäufen und Vorbereitungen für das Fest und war froh, dass es in der Gärtnerei während der Adventszeit allerhand zu tun gab.
    Doris war froh über jede Stunde, die Michaela länger bleiben konnte.
    Michaela liebte das Binden der Kränze und den Duft, den die Tannen- und Fichtenzweige verströmten.
    Auch Doris Eltern halfen mehr als sonst im Laden mit. Michaela hatte in den letzten Jahren bei Doris Mutter viel gelernt. Am liebsten mochte sie die großen Kränze, die gelegentlich von Schulen oder Kindergärten in Auftrag gegeben wurden. Doris wusste, dass sie Michaelas Spezialität waren und Michaela war stolz, wenn man sie für ihre Ausdauer und Geduld bewunderte.
    Manchmal, wenn längere Zeit kein Kunde den Laden betreten hatte, kam Michaela ins Grübeln und fragte sich, wie es wäre, wenn sie jetzt schon ein Kind erwarten würde. Wenn sie seit ein paar Wochen wüsste, dass in ihrem Bauch ein kleiner Mensch heranwuchs.
    Es wäre ein ganz anderes Weihnachtsfest geworden, stellte sie traurig fest. Viel intensiver hätte Michaela es erleben können.
     
    ***

Atze hatte ihr die schönste Insel der Welt versprochen und kaum war Weihnachten vorbei, wurde Michaela furchtbar aufgeregt.
    Am Tag ihres Abfluges war sie viel zu früh munter. Sie streunte durch die Wohnung und fragte Atze immer wieder, ob sie nicht irgendetwas vergessen hatten.
    Gelbling, den Atze Pierre nannte, brachten sie zusammen mit einer großen Packung Futter und Vogelsand zu Frau Klein, die in Michaelas Wohnung unter ihnen eingezogen war, nachdem diese über ein halbes Jahr leer gestanden hatte.
    Michaela hoffte, sie würden ihn vergessen und die alte Dame würde sich nicht erinnern, dass er nicht ihr gehörte.
    Aber Atze sorgte sicher dafür, dass das nicht passierte.
    Kurz vor elf fuhren sie mit dem Bus zur S-Bahn. Michaela freute sich auf ihren ersten Flug. Sie war skeptisch gewesen, im Winter in den Süden zu fliegen. Und so viel Geld auszugeben.
    „Wir haben schon keine Hochzeitsreise
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